In seinem Roman „L’Anomalie“ (grob übersetzt : Die Anomalie) setzt sich der französische Schriftsteller Hervé Le Tellier mit den zunehmend unklarer werdenden Grenzen zwischen Wahrheit und Simulation auseinander. Für sein Werk wurde er nun mit dem bedeutendsten Literaturpreis Frankreichs, den Prix Goncourt, ausgezeichnet.
Was ist Wahrheit, was Simulation? Wie können wir mit felsenfester Sicherheit sagen: "Dies hier ist Abbild, dies dort das Original"? Diese Themen haben eine lange Tradition, Autorinnen und Autoren haben sie immer wieder in ihren Werken aufgenommen. Und insbesondere in Frankreich denkt man hier sofort an den Medientheoretiker, Philosophen und Soziologen Jean Baudrillard, der in seinen Werken immer wieder seine These bestärkte, das wir uns längst im Zeitalter der Simulation befinden. Der 63-jährige Schriftsteller Hervé Le Tellier schließt mit seinem Roman „L’Anomalie“ an dieser Tradition an, wenn auch nicht in theoretischer, sondern in erzählender Weise.
Was ist echt?
Sein Roman spielt im Jahre 2021. Ein scheinbar einfaches Szenario wird hier zum Ausgangspunkt tieferer Betrachtungen: Ein Flugzeug landet innerhalb weniger Wochen am selben Ort. Plötzlich haben alle Personen ein Double. Wer ist echt, wer geklont? Kontrollen und Überwachung, Geheimdienste und Verwirrungen - all dies Thematisiert Hervé Le Tellier in seinem Buch, welches zugleich Kriminalroman, philosophisches Konstrukt und Science-Fiction-Roman ist. Wenn es denn der "Wirklichkeit" entsprechen sollte, dass wir manipuliert werden, dann von wem? Und wie sicher ist diese "Wirklichkeit"?
„L’Anomalie“ trifft damit den Kern unserer Zeit. Denn die Welt in der wir leben, ist tatsächlich erschreckend simuliert. Was wir auf Instagram-Profilen zu sehen bekommen, halten wir längst nicht mehr für illusorische Abbildungen, wie es vielleicht vor fünf Jahren der Fall gewesen war. Die simulierte Darstellung dringt zunehmend stärker in unseren Alltag ein, und wird, durch ständige Wiederholung, umso realer (oder - was dasselbe bedeutet - das Reale wird Simulation). Zu welchen Überwerfungen dies führen kann, beschreibt Le Tellier in seinem meisterhaft komponierten Roman.
Verleihung wurde verschoben
Die Bekanntgabe des mit nur zehn Euro dotierten Prix Goncourt wurde aufgrund des Lockdowns in diesem Jahr etwas nach hinten verschoben. Denn auch wenn das Preisgeld nur symbolisch alles andere als üppig ist, hat der Preis in Frankreich eine solch enorme Bedeutung, dass die Verkaufszahlen der ausgezeichneten Bücher rapide in die Höhe schießen. Etwa 300.000 Verkäufe bringt der Preis im Schnitt ein. Um sich mit den Buchhandlungen, die von diesen Verkäufen natürlich profitieren, coronabedingt allerdings bis vor kurzem geschlossen hatten, solidarisch zu zeigen, hat die Jury die Bekanntgabe des Gewinners nach hinten verschoben.
Topnews
Ein Geburtstagskind im November: Astrid Lindgren
Geburtstagskind im Oktober: Benno Pludra zum 100. Geburtstag
Das Geburtstagskind im September: Roald Dahl – Der Kinderschreck mit Engelszunge
Ein Geburtstagskind im August: Johann Wolfgang von Goethe
Hans Fallada – Chronist der kleinen Leute und der inneren Kämpfe
Ein Geburtstagskind im Juni: Bertha von Suttner – Die Unbequeme mit der Feder
Ein Geburtstagskind im Mai: Johannes R. Becher
Ein Geburtstagskind im April: Stefan Heym
Ein Geburtstagskind im März: Christa Wolf
Bertolt Brecht – Geburtstagskind im Februar: Ein literarisches Monument, das bleibt
Wie Banksy die Kunst rettete – Ein überraschender Blick auf die Kunstgeschichte
Ein Geburtstagskind im Januar: Franz Fühmann
Zauberberg 2 von Heinz Strunk
100 Jahre „Der Zauberberg“ - Was Leser heute daraus mitnehmen können
Oschmann: Der Osten: Eine westdeutsche Erfindung“ – Umstrittene russische Übersetzung
Überraschung: Autorin Han Kang hat den Literaturnobelpreis 2024 gewonnen
PEN Berlin: Große Gesprächsreihe vor den Landtagswahlen im Osten
„Freiheitsschock“ von Ilko-Sascha Kowalczuk
Precht: Das Jahrhundert der Toleranz
Neue Literatursendung "Buchbesuch": Nähe in Zeiten des Abstands
Britischer Schriftsteller John le Carré im Alter von 89 Jahren gestorben
"aspekte-Literaturpreis" für Deniz Ohde´s Debüt-Roman "Streulicht"
Anna Katharina Hahn erhält den Buchpreis der Stiftung Ravensburger Verlag
Preis des Deutschen Literaturfonds erstmals verliehen: Preisträgerin ist Felicitas Hoppe
Die besten Youtube-Kanäle: Kultur, Literatur und Gesellschaft
Preis der Leipziger Buchmesse - Die Nominierungen
Preis für Europäische Literatur geht an David Grossmann
Norbert Scheuers "Winterbienen" mit Wilhelm Raabe-Literaturpreis ausgezeichnet
Ulrich Woelk mit Alfred-Döblin-Preis ausgezeichnet
Die Nominierungen für den Preis der Leipziger Buchmesse stehen fest
SPIEGEL Bestseller: Benedict Wells und MontanaBlack auf Platz 1
NWZ-Leselounge: Klaus-Peter Wolf liest aus seinem aktuellen Bestseller "Ostfriesenzorn"
SPIEGEL Bestseller: Susanne Mierau und Klaus-Peter Wolf sichern sich Spitzenplätze
Quentin Tarantino schreibt jetzt Romane
Aktuelles
Verwesung von Simon Beckett – Dartmoor, ein alter Fall und die Schuld, die nicht verwest
Jessica Ebenrecht: Solange wir lügen
Weihnachten in Bullerbü– Astrid Lindgrens Bullerbü als Bilderbuch
Leichenblässe von Simon Beckett – Wenn die Toten reden und die Lebenden endlich zuhören
Kalte Asche von Simon Beckett – Eine Insel, ein Sturm, ein Körper, der zu schnell zu Staub wurde
Joëlle Amberg: Wieso
Katja Niemeyer: Vergangenes bleibt – in Wandlung
Jostein Gaarders: Das Weihnachtsgeheimnis
What’s With Baum? von Woody Allen
Briefe vom Weihnachtsmann von J. R. R. Tolkien
Juliane Müller: Eine WG mit der Trauer
Die Chemie des Todes von Simon Beckett– Wenn Stille lauter ist als ein Schrei
Katrin Pointner: Mein Land
Georgi Gospodinovs „Der Gärtner und der Tod“ ist Buch des Jahres der SWR Bestenliste
Die SWR Bestenliste als Resonanzraum – Zehn Texte über das, was bleibt
Rezensionen
Biss zum Ende der Nacht von Stephenie Meyer – Hochzeit, Blut, Gesetz: Der Schlussakkord mit Risiken und Nebenwirkungen
Das gute Übel. Samanta Schweblins Erzählband als Zustand der Schwebe
Biss zum Abendrot von Stephenie Meyer – Heiratsantrag, Vampirarmee, Gewitter über Forks