TV-Tipp Die Pfeiler der Macht: Lohnt sich die Verfilmung?

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Lesering.de hat schon mal vorgeschaut: Der Zweiteiler entfernt sich im ersten Teil bereits erheblich vom Ken-Follett-Roman. Es gibt aber einen Grund, warum Sie den Streifen heute trotzdem nicht verpassen sollten: Das überragende Ensemble.

Brillantes Ensemble: Die Bankierdynastie Pilaster mit Daniel Sträßer, Thorsten Merten, Rolf Hoppe, Axel Milberg, Dominic Thorburn (v. l.) Foto: ZDF

1300 Komparsen, 8 Mio. Euro Budgets, über Tausend Kostüme und die schönsten Drehorte Irlands: Was kann bei der Verfilmung von "Die Pfeiler der Macht" da noch schief gehen?

Natürlich eine ganze Menge. Seit jeher arbeitet Ken Follett in seinen Historienromanen mit einem sehr großen Ensemble, Parallelhandlungen und einem meist komplexen historischen Aufbau, der schwierig auf den Bildschirm zu bringen ist. Mit anderen Worten: Zahlreiche Figuren und Szenen werden nicht inszeniert und auch das Schicksal von einigen der im Film gezeigten Figuren nimmt einen anderen Lauf.

Clevere Kamera-Arbeit

Macht aber (fast) nichts, denn der Zuschauer erlebt in "Die Pfeiler der Macht" eine opulent ausgestattete viktorianische Welt, in der Gegensätze aufeinanderprallen.

Teils spielt sich das Geschehen in den Londoner Armenvierteln ab, teils in den Villen und Bankhäusern der Reichen und Mächtigen. Selbst einfache Szenen sind mit Kamera-Kran, Zooms und ungewöhnlichen Perspektiven oft optisch spannend beschleunigt worden. Wilde Sex-Szenen im Bordell mit verlebten Prosituierten, Tierhetzen in finsteren Kaschemmen und Ausflüge in die Opiumhöhlen der Stadt stehen im Kontrast mit dem fast choreographiert wirkenden Adelsambiente. Da weist die Hausherrin die Dienerschaft wie auf dem Exerzierplatz ein, Bank-Chefs werden vom Personal wie Generäle im Spalier empfangen. Währenddessen blitzt die verlogene Spießigkeit der Epoche durch kleine Gesten der Schauspieler und kurze Szenen auf.

Allerdings lebt der Film trotz des irren Kostüm- und Ausstattungsaufwandes hauptsächlich von der sorgfältigen Besetzung des Ensembles. Insbesondere Axel Milberg, der den schwulen Samuel Pilaster spielt, brilliert mit Scharfzüngigkeit und bleibt stets glaubwürdig.

Großes Ensemble: Der Wahnsinn geht um

Daniel Sträßer gibt den opiumsüchtigen Lebemann Edward Pilaster und schafft einen Charakter ohne Moral, dafür voller Liederlichkeit, phasenweise dem Wahnsinn nahe. Trotzdem will Edward mit aller Macht an die Spitze des Bankhauses Pilaster.

Luca Marinelli ist in der Rolle des intriganten Verführers Micky Miranda zu sehen. Der verbündet sich mit der bitterbösen Augusta Pilaster, so dass das teuflische Duo seine Fäden spinnen kann. Augusta Pilaster wird wiederum von Jeanette Hain mit Leben erfüllt: Es dürfte schwer sein, diese Figur noch kälter und berechnender darzustellen.

Laura de Boer inszeniert die Arbeiterin Maisie Robinson, die sich in Hugh Pilaster verliebt, aber dann doch dessen besten Freund Solly Greenbourne heiratet, mit raumfüllender Energie. Auch die Maske hat da nicht geschlafen: de Boer tritt im Armenviertel mit tiefen Augenringen auf und sieht trotzdem noch attraktiv aus. Sowie sie in die gehobene Gesellschaft kommt, wirkt sie schon rein optisch satter, auch wenn sie stets Rebellin bleibt.

Selbst die Rollen, die scheinbar weniger hergeben, machen einfach Spaß. Albrecht Abraham Schuch spielt den über beide Ohren verliebten Jüngling Solly Greenbourne perfekt, Dominic Thorburn kann als Hugh Pilaster trotzdem gegenhalten.

Historisch nur bemüht

Von David Bennent in der Rolle des Reporters Amish Bowles ist im ersten Teil leider noch zu wenig zu sehen; auch Yvonne Catterfeld als Nora Pilaster tritt erst im zweiten Teil auf. Da sie die amerikanische Sängerin Nora gibt, die schließlich Hugh Pilaster heiratet, singt sie im Film zwei zeitgenössische Lieder. Allerdings gibt die Rolle in der Romanvorlage mehr her - man darf also gespannt sein.

Ähnlich wie im Roman dient der gesellschaftliche Hintergrund der Epoche aber lediglich als Bühne für die Geschichte um Liebe, Verrat und Intrigen. Im Film wird zum Beispiel nur angerissen, dass Homosexualität damals verboten war, und einige Ungenauigkeiten wie die kirchliche Bestattung eines Selbstmörders sind offenbar dem Szenenbild geschuldet.

"Die Pfeiler der Erde" als direkte Verfilmung zu sehen, ist aufgrund der fehlenden Szenen und Figuren schwer möglich. Es ist eher eine Hommage an einen hervorragenden Roman - und die ist ganz ausgezeichnete Unterhaltung.

"Die Pfeiler der Macht" - Sendeinfos

  • Sender: ZDF
  • Termine: Montag, 25. Januar 2016, 20.15 Uhr und Mittwoch, 27. Januar 2016, 20.15 Uhr
  • Länge: 2 x 90 Minuten

Hinweis: Beide Teile sind jeweils schon 48 Stunden vor Ausstrahlung komplett in der Mediathek abrufbar.

  • Teil 1 - ab dem 23. Januar, 20:15 Uhr
  • Teil 2 - ab dem 25. Januar, 20:15 Uhr
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