Zum ersten Mal geht der NDR Kultur Sachbuchpreis in diesem Jahr gleich an zwei Bücher. Caroline Criado-Perez konnte mit "Unsichtbare Frauen. Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert" überzeugen; Andreas Kossert erhält die Auszeichnung für sein Buch "Flucht. Eine Menschheitsgeschichte". Der mit 15.000 Euro dotierte Preis zeichnet die besten in deutscher Sprache erschienen Sachbücher des Jahres aus.
Die Jury des diesjährigen NDR Kultur Sachbuchpreises scheint sich einig uneinig zu sein. Zum ersten Mal stehen in diesem Jahr zwei Gewinner fest: Die feministische Aktivistin Caroline Criado-Perez und der Historiker Andreas Kossert. Die Juryvorsitzende Katja Marx schildert die Gründe dieser erstmaligen Entscheidung wie folgt:
"Beide Bücher sind herausragend und sie verdienen den NDR Kultur Sachbuchpreis für zwei ganz unterschiedliche Themen, die für unsere Gesellschaft gleichermaßen bedeutsam sind. Die Jury möchte mit ihrer Entscheidung, zwei Auszeichnungen zu vergeben, das Augenmerk auf diese beiden bemerkenswerten Sachbücher richten und dafür sorgen, dass die Themen Migration und Gleichberechtigung auch im Jahr der Pandemie Aufmerksamkeit finden."
Caroline Criado-Perez - "Unsichtbare Frauen."
Die in Brasilien geborene feministische Aktivistin und Autorin Caroline Criado-Perez zeigt in ihrem Buch, dass es nach wie vor einen "Gender Data Gap" gibt, eine Datenlücke also, durch die Frauen vielfach vernachlässigt und ignoriert werden. Criado-Perez engagiert sich in vielen Bereichen der feministischen Arbeit. So gründete sie unter anderem die Website "The Women's Room", die dabei hilft, mehr weibliche Interviewgäste in die Medien zu bringen. Außerdem startete sie eine Kampagne, die sich für Frauenabbildungen auf englischen Banknoten einsetzt.
Die Publizistin Hilal Sezgin, die in diesem Jahr in der Jury saß, erklärt, warum das Buch wichtig für uns ist: "Es geht um vermeintlich banale Dinge, die jedoch Frauen auf der ganzen Welt benachteiligen: etwa das Fehlen von sicheren Herden in Küchen, der mangelnde Zugang zu Toiletten, die Temperatur in Büroräumen, die Erprobung von Medikamenten vorwiegend an Männern. Das Buch von Caroline Criado-Perez enthält viele Daten und ist gleichwohl ein Pageturner."
Andreas Kossert - "Flucht. Eine Menschheitsgeschichte"
Die zweite Auszeichnung geht an den promovierten Historiker Andereas Kossert, der in seinem Buch "Flucht. Eine Menschheitsgeschichte" zeigt, was Menschen erleben und erleiden, die ihre Heimat verlassen müssen. Dabei geht Kossert nicht mit kalter Objektivität vor, sondern bewegt sich sehr nah an Einzelschicksale entlang. Der Historiker konzentriert sich in seiner Arbeit insbesondere auf Themen rund um den Schwerpunkt Flucht und Vertreibung im 20. Jahrhundert. Bücher wie "Kalte Heimat. Die Geschichte der deutschen Vertriebenen nach 1945" (2008) oder "Ostpreußen. Geschichte einer historischen Landschaft" (2014) sind Bestseller geworden.
Jurymitglied Johann Hinrich Claussen hält Kosserts aktuelles Buch für wichtig und aufschlussreich. Denn: "Das Buch führt uns vor Augen, dass alle Flüchtlinge die gleichen existenziellen Situationen erleben: das Weggehen, das Unterwegssein, das Ankommen und, ganz wichtig, auch das Erinnern. Hier fügt Andreas Kossert auf eine ganz virtuose Weise Historisches und Zeitzeugenberichte, Literarisches und Poetisches zusammen - und daraus entsteht ein großes Mosaik."
Der NDR Kultur Sachbuchpreis
Der NDR Kultur Sachbuchpreis kürt die besten auf deutsch erschienen Sachbücher des Jahres, und wird in diesem Jahr bereits zum 12. Mal vergeben. Wichtige Kriterien sind neben der allgemein verständlichen Darstellung komplexer Sachverhalte auch die Lust am Diskurs und das Eröffnen neuer Perspektiven.
Der Preis wird in diesem Jahr, coronabedingt, im Rahmen einer Spezialsendung auf NDR Kultur verliehen und nicht wie üblich im Schloss Herrenhausen in Hannover. Auch der mit 10.000 Euro dotierte Förderpreis "Opus Primum" der VolkswagenStiftung wird in dieser Sendung verliehen. Zu hören ist die Preisverleihung am Dienstag den 24. November ab 19.00 Uhr im Radio oder im Livestream des NDR.
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Unsichtbare Frauen: Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert
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