Der Steidl Verlag präsentiert ein Mammutprojekt: Eine hochwertig gestaltete, vollständige Werkausgabe des Schriftstellers Günter Grass. Die insgesamt 24 Bände umfassende Sammlung ist auf 1000 Exemplare limitiert und gibt - im Gegensatz zu älteren Werkausgaben - ein Einblick in das Gesamtwerk des Nobelpreisträgers.
Günter Grass, Autor der Blechtrommel, engagierter Schriftsteller, Nobelpreisträger und eine der wichtigsten literarischen Stimmen der Nachkriegszeit, hatte selbst noch an diesem riesigen Projekt mitgearbeitet. Vor 5 Jahren verstarb Grass, jetzt erscheint die umfassende Gesamtausgabe beim Steidl Verlag. 24 Bände, rund 11.000 Seiten, auf 1000 Exemplare limitiert.
Literaturwissenschaftlich bedeutsame Ausgabe
Laut Verleger Gerhard Steidl sind die Werke von Grass in etwa 40 Sprachen übersetzt worden, die Weltauflage liegt bei etwa 40 Millionen. Die nun erscheinende Ausgabe versammelt Texte, an denen Grass gemeinsam mit seinen Lektoren bis zum Schluss Veränderungen vorgenommen hat. Kleinere Fehler wurden während der Überarbeitung behoben. Die bisherigen Werkausgaben (eine 1987 bei Luchterhand erschienene und eine 1990 ebenfalls beim Steidl Verlag erschienene) galten aus literaturwissenschaftlicher Sicht als unzureichend. Das wird sich nun ändern.
Gerhard Steidl erinnert sich, dass Grass, der neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit auch als Bildender Künstler tätig war, beim Entstehungsprozess seiner Werke auch gestalterisch immer stark mitgewirkt hat. "Für die Werkausgabe hat Günter Grass bewusst eine etwas größere Schrift ausgewählt: 'Wir müssen auch an die Leute denken, die eine Brille haben'."
Leichte Bücher, gut lesbar
Für die nun erscheinende Ausgabe, wählten Verleger und Autor gemeinsam ein extra dünnes, französisches Bibeldruckpapier. "Er hat gesagt, das ist angenehm zu lesen, die Augen ermüden nicht, weil es schön gelblich ist. Und es hat ihn erfreut, dass das Papier knistert, wenn man es zwischen den Fingern hat." Des Weiteren sei man auf die Dicke und Schwere der Bücher bedacht gewesen.
Letztlich stimmt alles an dieser Ausgabe; Das fängt beim Papier an, geht dann über die im bibliophilen Rot gehaltenen Einbände und endet bei der edlen Holzbox, für die man eine kleine Werkstatt im Bayerischen ausfindig machen konnte. Gerhard Steidl, gelernter Siebdruck-Meister, ist jemand, der das Büchermachen noch als Handwerkskunst versteht. Für den Leiter des Günter Grass-Hauses in Lübeck, Jörg Philipp Thomsa, ist der Verleger sogar der beste Büchermacher Deutschlands.
Und selbstverständlich hält auch der Inhalt, was die Form verspricht. "Die neue Ausgabe enthält erstmals alle literarischen Texte und - soweit erhalten und erreichbar - alle Reden, Essays und Gespräche von Günter Grass", meint der Göttinger Germanist Prof. Heinrich Detering, und betont weiterhin: "In der älteren 'Göttinger Ausgabe' 2007 fehlen nicht nur die seitdem entstandenen Texte, sondern auch einige frühere Texte. Vor allem aber ist die Wiedergabe der Texte an vielen Stellen unzuverlässig: lückenhaft, ja fehlerhaft. Die neue Ausgabe bietet Grass‘ Gesamtwerk erstmals in sorgfältig geprüfter, zuverlässiger Textgestalt."
Nächstes Jahr wird nachgeliefert
Bereits im nächsten Jahr sollen neue Grass-Bände erscheinen, dieses Mal mit versammelten Kommentaren zum gesamten literarischen Werk des Nobelpreisträgers, zu den Romanen ebenso wie zu kürzesren Prosastücken und der Lyrik. Darin enthalten sind dann sowohl Erläuterungen zur Entstehungsgeschichte der Texte, zur Konzeption und Wirkung,; als auch fürs nähere Verständnis erforderliche Wort- und Begriffserklärungen. Hier richtet man den Blick vor allem auf eine jüngere Generation, die Grass neu entdecken soll: "Allzu lange ist Grass - nicht ganz ohne sein eigenes Verschulden - allein als ein politischer Autor wahrgenommen worden, als öffentlicher Mahner und Mäkler. Der große Poet, der Künstler Grass ist dabei manchmal fast in Vergessenheit geraten. Ihn gilt es mit dieser Ausgabe neu zu entdecken.", so der Germanist Detering.
Was hätte Grass selbst zu dieser hochwertigen Gesamtausgabe seiner Werke gesagt? Gerhard Steidl hat da eine Ahnung. "Also ich hätte die Werkausgabe in der schönen Holzbox ins Auto gepackt und wäre zu ihm nach Behlendorf gefahren und hätte sie auf den kleinen Tisch in seiner Werkstatt gestellt. Und dann hätte er sich eine Pfeife angezündet, Bände herausgenommen, das Papier geblättert und angefasst und die Kassette hin- und hergewendet. Und dann hätte er - hoffe ich und ich bin mir sogar ganz sicher - gesagt: 'Gut gemacht, Steidl!'"
Günter Grass, Werke. Neue Göttinger Ausgabe in 24 Bänden, herausgegeben von Dieter Stolz und Werner Frizen, Steidl Verlag, 10.952 Seiten, 380 Euro
Topnews
Ein Geburtstagskind im November: Astrid Lindgren
Geburtstagskind im Oktober: Benno Pludra zum 100. Geburtstag
Das Geburtstagskind im September: Roald Dahl – Der Kinderschreck mit Engelszunge
Ein Geburtstagskind im August: Johann Wolfgang von Goethe
Hans Fallada – Chronist der kleinen Leute und der inneren Kämpfe
Ein Geburtstagskind im Juni: Bertha von Suttner – Die Unbequeme mit der Feder
Ein Geburtstagskind im Mai: Johannes R. Becher
Ein Geburtstagskind im April: Stefan Heym
Ein Geburtstagskind im März: Christa Wolf
Bertolt Brecht – Geburtstagskind im Februar: Ein literarisches Monument, das bleibt
Wie Banksy die Kunst rettete – Ein überraschender Blick auf die Kunstgeschichte
Ein Geburtstagskind im Januar: Franz Fühmann
Zauberberg 2 von Heinz Strunk
100 Jahre „Der Zauberberg“ - Was Leser heute daraus mitnehmen können
Oschmann: Der Osten: Eine westdeutsche Erfindung“ – Umstrittene russische Übersetzung
Überraschung: Autorin Han Kang hat den Literaturnobelpreis 2024 gewonnen
PEN Berlin: Große Gesprächsreihe vor den Landtagswahlen im Osten
„Freiheitsschock“ von Ilko-Sascha Kowalczuk
Precht: Das Jahrhundert der Toleranz
Hochkultur im Taxi
Christine Wunnicke auf Platz 1 der SWR-Bestenliste
Vorsicht, Buchspringer unterwegs! Mit Schir Khan auf der Jagd nach dem Ideendieb
Das zerbrochene Inselreich
Suhrkamp: Neuerscheinungen im September
"Ingeborg-Bachmann-Preis" auf 3sat: Die wichtigsten Infos im Überblick
Flammende Winterpilze und eine Nonne mit wallendem Bart
Corona: Verlage über Manuskript-Zusendungen und kommende Pandemie-Literatur
Gestatten: Mein Name ist Tomti, Baumgeist Tomti!
In Erinnerung an Günter Grass
Spielarten der Brutalität
"Die Pest": Das Auflehnen gegen die Krankheit
Innehalten als Progression
Gestürzte Bäume, geschriebene Schreie
Auf der Suche nach einer verlorenen Sprache
Aktuelles
Anna Seghers: Ich will Wirklichkeit. Liebesbriefe an Rodi 1921–1925
Thomas Meyers Hannah Arendt. Die Biografie
Der geschenkte Gaul: Bericht aus einem Leben von Hildegard Knef
SWR Bestenliste Januar 2026 – Literatur zwischen Abgrund und Aufbruch
Hanns-Seidel-Stiftung schreibt Schreibwettbewerb „DIE FEDER 2026“ aus – Thema: Glaube
Ohne Frieden ist alles nichts
„Ein Faden, der sich selbst spinnt“ – Jon Fosses Vaim und der Rhythmus der Abwesenheit
Deutscher Kinderbuchpreis 2026 gestartet – Einreichungen ab sofort möglich
Jahresrückblick Literatur 2025
Zwei Listen, zwei Realitäten: Was Bestseller über das Lesen erzählen
Ludwig Tiecks „Der Weihnachtsabend“ – eine romantische Erzählung über Armut, Nähe und das plötzliche Gute
Krieg in der Sprache – wie sich Gewalt in unseren Worten versteckt
Literaturhaus Leipzig vor dem Aus: Petition und Stadtratsdebatte um Erhalt der Institution
Thomas Manns „Buddenbrooks“ – Vom Leben, das langsam durch die Decke tropft
Mignon Kleinbek: Wintertöchter – Die Frauen
Rezensionen
Grimms Märchen – Zuckerwatte, Wolfsgeheul und ganz viel „Noch eins!“
Der Freund von Freida McFadden – Dating, das nach Angst riecht
Der gefrorene Fluss von Ariel Lawhon – Eis, Recht und eine Frau, die Protokolle zur Waffe macht
Goreng – 33 urdeutsche Gerichte von Horst Kessel – Wenn die Küche Beige trägt (und wir trotzdem lachen)
Die stille Heldin von Hera Lind – Eine Mutter hält die Welt zusammen
Die ewigen Toten von Simon Beckett – London, Staub, Stille: Ein Krankenhaus als Leichenschrein
Totenfang von Simon Beckett – Gezeiten, Schlick, Schuld: Wenn das Meer Geheimnisse wieder ausspuckt
Verwesung von Simon Beckett – Dartmoor, ein alter Fall und die Schuld, die nicht verwest
Leichenblässe von Simon Beckett – Wenn die Toten reden und die Lebenden endlich zuhören
Kalte Asche von Simon Beckett – Eine Insel, ein Sturm, ein Körper, der zu schnell zu Staub wurde
Die Chemie des Todes von Simon Beckett– Wenn Stille lauter ist als ein Schrei
Knochenkälte von Simon Beckett – Winter, Stille, ein Skelett in den Wurzeln
Biss zum Ende der Nacht von Stephenie Meyer – Hochzeit, Blut, Gesetz: Der Schlussakkord mit Risiken und Nebenwirkungen
Das gute Übel. Samanta Schweblins Erzählband als Zustand der Schwebe