J.D. Salinger zählt zu den bedeutensten Schriftstellern des 21. Jahrhunderts. Noch zu Lebzeiten hatte er gegen alles Digitale, insbesondere gegen das Internet, gewettert. Sohn und Erbe Matt Salinger will die Spätwerke des Vaters dennoch als E-Book herausbringen. Ein Übergreifen der Generationen.
Der New York Times erzählte Matt Salinger unlängst, sein Vater sei "entsetzt" gewesen, als der Sohn versucht hatte, ihm Facebook näherzubringen. J.D. Salinger lebte als Schriftsteller sehr zurückgezogen - ja fast verbarrikadiert - und hütete wohl nichts so sehr wie seine Privatsphäre. Das ein Instrument wie das Internet so Jemanden als außerordentliche Bedrohung erscheint, ist nicht verwunderlich. So bestätigt auch Matt Salinger der Times gegenüber: Es sei "sonnenklar", dass sein Vater E-Books und Hörbücher um nichts in der Welt haben, geschweige denn diese Medien und Plattformen mit den Resultaten seines eigenen Schaffens bespielen wollte. Die Digitalveröffentlichungen sollen nun dennoch durchgebracht werden.
Salinger hatte seit 1965 nichts mehr veröffentlicht
Allerdings nähren sich die vor einiger Zeit aufgekommenen Gerüchte, dass der Autor noch lange nach seinen letzten Publikationen weiterhin geschrieben haben soll. In seinem Haus in New Hampshire, zurückgezogen, Privat, nicht erfassbar, mit Abscheu auf die dreckigen Spielereien des Literaturbetriebes blickend.
Zwei Generationen, die sich gegenüber stehen
Mit der Digitalisierung von für die Literaturgeschichte so wichtigen Werke wie "Der Fänger im Roggen" oder "Franny und Zooey", fällt Salinger als einer der letzten großen Autoren dem E-Book-Wahn zum Opfer. Und somit auch einer neuen Generation, die, in einer ungeheuren Geschwindigkeit, kompromislos auf- und abwählt, für- und widerspricht. Die solch kulturpessimistische Botschaften einfach wegklickt oder überliest, im Wissen um die Vorteile, die die stets neuen Errungenschaften mit sich bringen, wenn auch im Austausch gegen Autonomie und Privatsphäre. Eine Clickbait-Generation, in deren Zeit Aufreger und Skandale Kapital bedeuten und aus jeder Gelegenheit Vorteile geschlagen werden sollen.
Dieser Generation stehen Salinger Figuren wie Holden Caulfield, Protagonist im Roman "Der Fänger im Roggen", antagonistisch gegenüber. Es ist beinahe böse Ironie: Caulfield, der seinerzeit noch, im Gewirr des Heranwachsens, auf die Enten im Central Park starrte, wird nun aufs Display verbannt. Und sind es nicht ausgerechnet die Displays dieser Welt, die uns jene weitschweifenden Blicke, in denen sich der Salinger-Protagonist noch zu finden versuchte, zunehmend erschweren? Salinger reiht sich ein, in eine ganze Armada von Autor*innen und Bücher: 10.000 Titel, die man, immer beisammen, mit sich umhertragen kann. War Holden Caulfield, fragend auf die Enten blickend, in diesem Augenblick noch sich selbst ausgesetzt, so können wir, das IPad, Smartphone oder E-Book bedienend, die Antworten auf unsere Fragen in den Überlegungen Anderer suchen. Vielleicht ist aber diese Art und Weise des Suchens selbst bereits ein erster falscher Schritt.
Topnews
Geburtstagskind im Oktober: Benno Pludra zum 100. Geburtstag
Das Geburtstagskind im September: Roald Dahl – Der Kinderschreck mit Engelszunge
Ein Geburtstagskind im August: Johann Wolfgang von Goethe
Hans Fallada – Chronist der kleinen Leute und der inneren Kämpfe
Ein Geburtstagskind im Juni: Bertha von Suttner – Die Unbequeme mit der Feder
Ein Geburtstagskind im Mai: Johannes R. Becher
Ein Geburtstagskind im April: Stefan Heym
Ein Geburtstagskind im März: Christa Wolf
Bertolt Brecht – Geburtstagskind im Februar: Ein literarisches Monument, das bleibt
Wie Banksy die Kunst rettete – Ein überraschender Blick auf die Kunstgeschichte
Ein Geburtstagskind im Januar: Franz Fühmann
Zauberberg 2 von Heinz Strunk
100 Jahre „Der Zauberberg“ - Was Leser heute daraus mitnehmen können
Oschmann: Der Osten: Eine westdeutsche Erfindung“ – Umstrittene russische Übersetzung
Überraschung: Autorin Han Kang hat den Literaturnobelpreis 2024 gewonnen
PEN Berlin: Große Gesprächsreihe vor den Landtagswahlen im Osten
„Freiheitsschock“ von Ilko-Sascha Kowalczuk
Precht: Das Jahrhundert der Toleranz
Jenny Erpenbeck gewinnt Internationalen Booker-Preis 2024
Trumpmania: Weil Demokratiefeinde Umsatz machen
Microsoft schließt E-Book Store. Vielleicht doch wieder zum analogen Buch greifen?
Leipziger Buchmesse auch in diesem Jahr abgesagt
Die Wuppertaler Literatur Biennale als Stream in voller Länge
Frankfurter Buchmesse: Eröffnung ohne Publikum
Zeig mir dein Bücherregal und ich sag dir wer du bist...
Die Frankfurter Buchmesse: Ein Millionenverlust
Neue Büchershow: "Spitzentitel" mit Volker Weidermann
Regula Venske: Leseförderung ist notwendig in einer Demokratie!
Wohnen mit wenig Buch
„Druckfrisch“ mit Denis Scheck: Benedict Wells und Helga Schubert zu Gast
Zum 150. Geburtstag: 3sat zeigt die Kulturdoku "Heinrich Mann, der unbekannte Rebell"
Übersetzungsstreit um Amanda Gormans Gedicht "The Hill We Climb" - Wer darf was?
NWZ-Leselounge: Klaus-Peter Wolf liest aus seinem aktuellen Bestseller "Ostfriesenzorn"
SPIEGEL Bestseller: Susanne Mierau und Klaus-Peter Wolf sichern sich Spitzenplätze
Aktuelles
Matthias Aigner: Stiller Hafen
BookTok, Bücherclubs, Bibliotheken – wie sich die Lesekultur digital neu erfindet
Qwert von Walter Moers – Ritterrüstung, Dimensionsloch, Herzklopfen
The Gingerbread Bakery von Laurie Gilmore – Zimt in der Luft, Funkstille im Herzen
Matthias Aigner: Nachtgedanken
Darm mit Charme von Giulia Enders – Ein Sachbuch, das den Bauch rehabilitiert
Wenn die Sonne untergeht von Florian Illies– Ein Sommer, der eine Familie und eine Epoche auf Kante näht
Apfelstrudel-Alibi (Rita Falk)– Eberhofer ermittelt zwischen Südtirol, Schnodder und Susi im Bürgermeisteramt
Richie Flow: Sommer 2018
Muttertag von Nele Neuhaus – Ein Taunuskrimi über Mütter, Masken und die langen Schatten der 90er
Der Augensammler Sebastian Fitzek – 45 Stunden, ein Killer mit Ritual und zwei Ermittler, die ihre eigenen Geister kennen
Sergej Siegle: Pilgerlieder, Hamburg
Dr. Margit Engelman:Momentaufnahmen während meines Aufenthaltes in einer Reha- Klinik im Juli 2025
Playlist von Sebastian Fitzek – 15 Songs, ein vermisstes Mädchen, ein Wettlauf gegen die Zeit
Rabenthron von Rebecca Gablé – Königin Emma, ein englischer Junge, ein dänischer Gefangener:
Rezensionen
Hiobs Brüder von Rebecca Gablé – Die Anarchie, acht Ausgestoßene und die Frage
Das zweite Königreich von Rebecca Gablé – 1066, ein Dolch aus Worten und der Preis der Loyalität
Wedding People Alison Espach – Luxus-Hotel, Katastrophenwoche, zweite Chancen
Buckeye von Patrick Ryan – Ein kleiner Ort, zwei Familien, Jahrzehnte voller Nachhall
Nobody’s Girl von Virginia Roberts Giuffre – Wenn eine Stimme keine Bühne mehr braucht
50 Sätze, die das Leben leichter machen von Karin Kuschik– Kleine Sätze, große Hebel
Beauty and the Bachelor von Kelly Oram – Reality-TV, ein CEO mit Countdown und eine Stylistin, die nicht „die Rolle“ spielt
Mein Herz in zwei Welten von Jojo Moyes – Von der Hummelhose nach Manhattan
Ein ganz neues Leben von Jojo Moyes – Trauerarbeit mit Tempo: Wenn Weiterleben kein Verrat ist
Ein ganzes halbes Jahr Jojo Moyes – Wenn Hoffnung und Selbstbestimmung an einem Tisch sitzen
Mein Leben in deinem von Jojo Moyes – High Heels, tiefe Risse
Zurück ins Leben geliebt von Colleen Hoover – Regeln, die Herzen brechen