Interview mit der Schriftstellerin Laura Hari Die Autorin mit dem Skalpell-Pinsel

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Laura Hari: Kinderbuchautorin, Künstlerin und Ärztin aus dem Havelland. Fotos: zur Verfügung gestellt von Laura Hari

Sie ist eine Meisterin der scharfen Beobachtung und exakten Wiedergabe. Das kann sie für ihre drei Berufe auch gut gebrauchen: Die 1982 geborene Laura Hari arbeitet als Autorin, Künstlerin und Ärztin. Die promovierte Medizinerin hat mit zwei Kinderbüchern auf sich aufmerksam gemacht, die äußerst ungewöhnliche Namen tragen. Lesering-Redakteurin Claudia Diana Gerlach führte ein Interview mit der Schriftstellerin, die mit ihrer Familie in ihrer Heimatstadt Brandenburg an der Havel lebt. Im Anschluss an diesen Artikel gibt es einem Link zu der Rezension ihres Kinderbuches „Malon Meerpol - Mayapán“.

1. Liebe Laura Hari, Du bist in vielen verschiedenen Berufen unterwegs, bist sowohl Künstlerin, Mutter, Ärztin als auch eine Autorin, die bereits zwei Kinderbücher veröffentlicht hat. Wie managst Du Deinen Alltag?

Wahrscheinlich bin ich ganz gut darin, meine Zeit zu organisieren. Sehr wertvoll und Voraussetzung für meine verschiedenen Aktivitäten ist die Unterstützung durch meinen Ehemann Drago Hari, selbst ein kreativer Mensch, der auch schreibt und beruflich Kameramann und Filmemacher ist. Er hält mir oft den Rücken frei, kümmert sich liebevoll um unsere vierjährige Tochter ... Auch als kritischer und anregender Gesprächspartner im Entstehungsprozess meiner Illustrationen und Geschichten und erster Lektor ist er für mich sehr wichtig.

Als ich meine Liebe zum Gestalten und Schreiben von Kinder/Jugendbüchern nach der Geburt meiner Tochter während der Elternzeit entdeckte, entschied ich mich die Arbeitszeit in meinem Beruf als Ärztin (Facharztausbildung zur Neurologin) zu kürzen. Es ist ein Balanceakt, der immer wieder Änderungen erfährt. Für meine Zukunft wünsche ich mir, irgendwann von meinen kreativen Tätigkeiten leben zu können.

2. Du berichtest auf Instagram, dass Du bereits als Vierzehnjährige das Portrait einer alten Dame so genau abgezeichnet hast, dass Deine Eltern anfangs gar nicht glauben wollten, dass Du es gemalt hättest. Wann hast Du mit dem Malen begonnen?

Das ist die Zeichnung von "Berthe", einer über 90jährigen Frau auf einem Schwarz-Weiß-Foto, die Laura Hari mit vierzehn Jahren gemalt hat.Foto zur Verfügung gestellt von Laura Hari

Als kleines Kind habe ich angefangen zu zeichnen und zu malen, wie viele Kinder auch. Mit ca. 14 Jahren habe ich meine kreativen Aktivitäten verstärkt. Ich wollte mich weiterentwickeln, mein zeichnerisches Können verbessern, speziell auch das Aktzeichnen. So machte ich über mehrere Jahre einen Aktzeichnen Kurs an der Volkshochschule und besuchte dort auch einen Mal- und Zeichenkurs. Ich kann mich auch an eine Zeichnung von Dürers Mutter erinnern. Porträt/ Aktzeichnung hatten mir von Anfang an Spaß gemacht.

Mit 16 Jahren kam ich mit einem älteren, erfahrenen Künstler zusammen.

Wir wurden 12 Jahre ein Paar. Durch ihn habe ich mich künstlerisch weiterentwickelt, viel ausprobiert und Inspirationen erfahren. Dann kam nach drei Semestern Medizinstudium das Kunststudium an der Universität der Künste in Berlin.

3. Und wie war das mit dem Schreiben? Hast Du damit auch schon in Deiner Kindheit begonnen?

Während meiner frühen Jugend habe ich Gedichte geschrieben, Tagebuch und Kurzgeschichten. Mit einem Brieffreund habe ich 20-30 Seiten lange Briefe regelmäßig geschrieben. Für mich standen in meiner Jugend die Malerei und Zeichnung an erster Stelle. Aber ich habe schon immer sehr viel gelesen.

Ich hatte zwar schon in meinen Zwanzigern die Idee, irgendwann mal ein Kinderbuch zu machen, aber es kam nicht dazu. Die Schriftstellerei stand für mich auf einem hohen Ross. Ich fühlte mich irgendwie noch zu unreif, ein Buch zu schreiben, ein Plan für später. Die eigentliche Inspiration kam dann in meiner Elternzeit 2017.

4. Gerade achtzehn Jahre jung, hattest Du schon eine eigene Ausstellung als Künstlerin. Im Jahre 2009 hast Du Dein Kunststudium an der Universität der Künste Berlin als Meisterschülerin abgeschlossen. Was sind die schönsten Erinnerungen aus Deinem Leben als Künstlerin?

Hm, schwierig zu beantworten, da es so viele schöne Erinnerungen sind.

Die Zeit an der UdK war sehr intensiv und spannend für mich, der Austausch mit anderen kreativen Leuten. Ich lernte bei einer Ausstellung in einer Berliner Galerie die Künstlerin Nanne Meyer kennen. Wir freundeten uns an. Ihre Arbeiten und ihre Persönlichkeit waren sehr inspirierend für mich.

Letztendlich ist es am schönsten, wenn ich an meinem Zeichentisch sitze und zeichne oder male, etwas kreativ erschaffe. Das erfüllt mich sehr und macht mich glücklich. Es machte mir auch Freude, eigene und fremde Ausstellungen aufzubauen. Gemeinsam mit meinem früheren Partner, dem Künstler, Jan Beumelburg, habe ich zum Beispiel auch die OFF-ART Ausstellungen jahrelang aufgebaut.

5. Zwei Jahre bevor Du mit Deinem Kunststudium begonnen hast, hattest Du bereits Humanmedizin studiert – ein Studium, in dem Du inzwischen promoviert hast. Wie hast Du den Spagat zwischen diesen beiden völlig unterschiedlichen Fächern geschafft?

So groß war der Spagat gar nicht. Ich studierte nach dem Abitur 3 Semester Medizin im Reformstudiengang der Charité Berlin (Humboldt-Universität) und brach 2004 das Studium ab, um mich stärker meiner künstlerischen Entwicklung zu widmen. Von 2004-2009 studierte ich Bildende/ Freie Kunst an der Universität der Künste in der Klasse von Prof. Frank Badur. 2007 machte ich die Absolventenprüfung und 2009 die Meisterschülerprüfung. Aus Sorge, nicht von der Kunst leben zu können, begann ich 2007 wieder mit dem Medizinstudium und konnte im 3. Semester des Reformstudienganges weitermachen. Nach den 10 Semestern Medizin, noch vor dem praktischen Jahr und meinem Staatsexamen, begann ich meine Promotion, bei der die Kunst wieder eine Rolle spielte. Es ging bei meinem Forschungsthema um die Wirksamkeit von Kunsttherapie bei schizophrener Psychose, war also in der Psychiatrie und Kunsttherapie angesiedelt.

Während meiner Medizinzeit hatte ich nur noch sehr wenig Freiraum für meine künstlerischen Aktivitäten. Darunter habe ich gelitten. Insofern trifft das Wort Spagat wieder zu.

Die letzten Jahre seit 2017 klappte der Spagat wieder besser, da ich meine ärztliche Tätigkeit auf 50% reduzierte. Letztendlich schlägt mein Herz mehr für die Kunst und Kinderbücher, das Schreiben und Illustrieren als für die Medizin.

6. Wann und woher kam dann bei diesen ganzen Aktivitäten die Idee, Kinderbücher zu schreiben und zu illustrieren?

Laura Haris Kinderbuch "Malon Meerpol Mayapan".Buchcover, zur Verfügung gestellt von Laura Hari




Meine Tochter, Anna Lara, hat mich zu dem Buch inspiriert. Ein halbes Jahr nach ihrer Geburt überlegte ich, an welchem künstlerischen Projekt ich arbeiten könnte. Ob ich an bekannten Serien, z.B. meinen Portraitaquarellen, weiterarbeite oder etwas Neues beginne. Die letzten Jahre hatte ich neben meiner Arbeit als Ärztin in der Klinik und meiner Doktorarbeit kaum Zeit gefunden, einen Pinsel in die Hand zu nehmen. Ich hatte Bildende/Freie Kunst (Zeichnung, Malerei) studiert und war über die künstlerische Durststrecke mangels Zeit in den letzten vier Jahren traurig. Etwas Neues wollte ich machen. In der Vergangenheit hatte ich schon einmal daran gedacht, ein Kinderbuch zu schreiben. Mit der freien Zeit in der Elternzeit konnte ich mich voller Energie und Begeisterung in das Kinderbuchprojekt stürzen. Eine Dokumentation im Fernsehen über den Kinderbuchautor Paul Maar hatte dann die Initialzündung gegeben.

7. Inzwischen arbeitest Du als Ärztin und in der „Freizeit“ bist Du zu Deinen Kinderbuch-Lesungen unterwegs. Wie reagieren Nachbarn und Bekannte, die Dich aus der Klinik kennen, wenn sie Dich auf Deinen Lesungen treffen?

Bisher habe ich überwiegend positive Reaktionen und Neugierde erlebt. Selbst mein Chefarzt und mein Oberarzt haben mich in diesen Ambitionen unterstützt. Mein Chefarzt vermittelte mir zum Beispiel den Kontakt zum Autumnus Verlag Berlin, wo mein zweites Buch erschien.

Das Ärzte kreativ sind, ist ja in der Geschichte nichts Neues. Ich entdeckte in einem Buchladen auch einmal ein Buch „Medizin und Kunst“, das mich innerlich in meinem Werdegang bestärkte. Einige Schriftsteller waren Mediziner, Friedrich Schiller, Georg Büchner, Anton Tschechow, Arthur Schnitzler, Alfred Döblin, Gottfried Benn, Eckart von Hirschhausen usw.

Während der Renaissance war der universal interessierte Künstler ein erstrebenswertes Leitbild. Er war Maler, Naturwissenschaftler, Ingenieur, Historiker... Man denke nur an Leonardo da Vinci.

Die Kreativität, die Basis eines jeden Künstlers, ist ja nicht nur in der Bildenden Kunst, bei den Schriftstellern, Musikern, Schauspielern zu Hause, sondern auch in anderen Fachgebieten. Die Medizin gehört dazu.

8. Mich hat bei der Lektüre Deines Maya-Buches sehr beeindruckt, dass Du eine große Phantasiewelt erschaffen hast, die bis ins kleinste Detail durchgeplant war. Diese Präzisionsarbeit zeichnet auch Deine Buchillustrationen aus. Ist dieser scharfe Blick, diese Fähigkeit zum genauen Beobachten und Wiedergeben, vielleicht der gemeinsame Nenner Deiner beruflichen Interessen? Der rote Faden, der alles verbindet?

Eine Zeichnung aus dem Kinderbuch "Malon Meerpol - Mayapán", die vor Details nur so strotzt.Foto zur Verfügung gestellt von Laura Hari

Auf jeden Fall ist das eine meiner Fähigkeiten, die sich früh herausgebildet hat. Eine gute und genaue Beobachtungsgabe ist für beide Bereiche eine wichtige Voraussetzung. Für mich als Künstlerin war von Anfang an die Naturbeobachtung eine Basis für die Entwicklung einer Zeichnung oder Malerei. Dürer sagte zum Beispiel »Denn wahrhaftig steckt die Kunst in der Natur, wer sie heraus kann reißen, der hat sie.« Die Natur zu beobachten und realistisch nachzunahmen, war für mich eine wichtige Grundlage im künstlerischen Schaffensprozess. Erst die Naturstudie, dann die Abstraktion des Gesehenen. Als Arzt/Ärztin ist eine genaue Beobachtungsgabe genauso wichtig, um Symptome des Patienten zu beschreiben, zu Diagnosen und Therapieentscheidungen zu kommen.

9. „Malon Meerpol - Mayapán“. „Der Tag, an dem ein Delphin-Zebra-Schmetterling vom Papier verschwand“ und „Sophias Bilderreise – Die Gaukler von Picasso“. Wie kommst Du auf diese ungewöhnlichen Buchtitel?

Oft spielen spontane Eingebungen eine Rolle. Der Titel erscheint dann einfach vor meinem inneren Auge, als hätte er schon existiert und ich würde ihn nur entdecken. Beim Delphin-Zebra-Schmetterling war dieser Name dieses ungewöhnlichen Mischwesens zuerst da. Der Titel ergab sich aus der Vorstellung, dass Sophias Bildwelten real werden, also verschwand das Wesen vom Papier und wurde lebendig ... „Malon Meerpol – Mayapán“ sollte ursprünglich „Das blaue Buch“ oder „Das geheimnisvolle blaue Buch“ heißen. Der Titel war aber leider schon vergriffen. Daher nahm ich am Ende die Hauptfigur in den Titel und das Phantasieland bzw. die Parallelwelt Mayapán.

Der dritte, genannte Titel „Sophias Bilderreise – Die Gaukler von Picasso“ ist noch nicht als Buch erschienen und ist die Fortsetzung vom Delphin-Zebra-Schmetterling. Das Bild von Picasso „Die Gaukler“ spielt in dieser Geschichte eine wichtige Rolle.

10. Worum geht es in Deiner bisher zweiteiligen Bilderbuchreihe für Kinder ab 10 Jahren? Und ist der zweite Band inzwischen schon erschienen?

Das Buch eröffnet einen spannenden Zugang ins Reich der Phantasie, der Kreativität und der Kunst. Sophia, zehn Jahre alt, zeichnet und malt gerne.Und das, was sie malerisch auf das Papier bringt, wird lebendig. Sie erfindet zwei phantastische Wesen – den Delphin-Zebra-Schmetterling und den Affen-Schweine-Papagei. Die drei Freunde erleben zusammen phantastische Abenteuer. Sie können in Bilder „hineinfliegen“ und dort Dinge erleben, wie z.B. einen Fluss durch den Himmel fliegen lassen, ein Wettrennen mit einer Ameise auf einem Grashalm ... Sie tauchen in das Bild „Die weichen Uhren“ von dem Maler Salvador Dali und in das Bild „Der Mönch am Meer“ von C. D. Friedrich ein. In diesem virtuellen Raum erfahren sie spannende, interessante Dinge. Das Buch hat philosophische Anklänge, es geht um Fragen der Kreativität, des Seins, der Freundschaft und der Zeit. Es macht spielerisch neugierig auf die Welt der Kunst, der Bilder. Kinder werden angeregt, selbst kreativ zu werden, mit kleinen Tricks eine Bildidee zu finden.

Eine Illustration aus dem Kinderbuch "Der Tag, an dem ein Delphin-Zebra-Schmetterling vom Papier verschwand"-Foto zur Verfügung gestellt von Laura Hari

Der zweite Band entwickelt die Geschichte weiter. Ein neues Mischwesen kommt dazu. Und Sophia reist mit ihren Freunden in ein Bild von Picasso, Die Gaukler. Der Band ist noch nicht erschienen.

11. Welche Projekte stehen bei Dir als nächstes an?

Im Herbst 2021 erscheint mein drittes Kinderbuch, diesmal wieder mit farbigen Illustrationen. Der Buchtitel lautet "Fina Fenchel Titanwurz - Die Reise auf dem Wolkenpferd", mit 140 Buchseiten für Kinder ab 8 Jahren.

Außerdem habe ich in meiner Schublade aktuell fünf fertige Bände (Manuskripte) einer Buchserie für Kinder fertig (Lesealter ab 6 Jahre). Dort spielen wieder Tiere eine Rolle. Weitere Bände sind in Planung.

Als weiteres, bereits fertiges Manuskript wartet ein größerer Jugendroman auf seine Veröffentlichung.

Liebe Laura Hari, wir bedanken uns ganz herzlich für dieses Interview!

Hier ist der Link zu Rezension von Laura Haris Kinderbuch "Malon Meerpol – Mayapán": /Das-geheimnisvolle-Blaue-Buch/

Ihr wollt noch mehr über Laura Hari wissen? Hier ist der Link zu Ihrer Website:

https://laura-hari.de


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