Update: Literaturnobelpreis 2025
Der Literaturnobelpreis 2025 geht an den ungarischen Autor László Krasznahorkai. Die Schwedische Akademie würdigt ihn, so die Begründung, „für sein zwingendes und visionäres Werk, das inmitten apokalyptischer Schrecken die Macht der Kunst bekräftigt“.
Krasznahorkai, 1954 in Gyula geboren, gilt als Meister der langen, mäandernden Sätze und der apokalyptischen Imagination. International bekannt wurde er mit Romanen wie Satantango und Melancholie des Widerstands, die der Regisseur Béla Tarr kongenial verfilmte. Seine Texte verbinden existentielle Verzweiflung mit metaphysischer Intensität – ein Schreiben, das den Leser in den Sog des Untergangs zieht und darin doch die Möglichkeit ästhetischer Erlösung behauptet.
Mit dieser Entscheidung ehrt die Akademie einen der kompromisslosesten Sprach- und Formkünstler Europas – und zugleich einen Autor, der das Chaos der Gegenwart mit einer eigentümlichen, dunklen Schönheit zu durchdringen sucht.
-------
9. Oktober 2025. Die internationale Literaturszene blickt heute gespannt nach Schweden: Um 13:00 Uhr (MEZ) wird in der Börshuset in Stockholm der diesjährige Nobelpreis für Literatur bekannt gegeben. Verliehen wird der Preis von der Schwedischen Akademie, gestiftet aus dem Nachlass des Erfinders Alfred Nobel.
Es ist diese merkwürdige Zwischenzeit kurz vor der Entscheidung, in der sich der Literaturbetrieb in gespannter Erwartung wie in einer eigenen Zeitzone bewegt. Namen kursieren, Argumente werden ausgetauscht, und in manchen Redaktionen dürften die Kaffeemaschinen inzwischen pausenlos laufen. Als Favoriten gelten einmal mehr Mircea Cărtărescu, dessen vielschichtige Romane seit Jahren internationale Anerkennung finden oder auch Can Xue, deren radikal avantgardistische Prosa inzwischen auch im Westen vermehrt Aufmerksamkeit erhält.
Unter den häufig genannten Stimmen fällt auch Anne Carson auf, deren poetisches Werk längst über die Grenzen des Kanonischen hinausreicht. Sie gilt nicht nur als eine der bedeutendsten Lyrikerinnen der englischen Sprache, sondern als Grenzgängerin zwischen Gattungen: Lyrik, Essay, Übersetzung, Philologie – alles wird bei Carson zur literarischen Bewegung. In den Wettquoten taucht sie regelmäßig auf, was nicht zuletzt ihrer intellektuellen Eigenständigkeit geschuldet ist. Ob die Schwedische Akademie diesem Weg folgen wird, bleibt offen. Doch allein, dass Carson als ernsthafte Kandidatin gilt, spricht für einen erweiterten Literaturbegriff.
Der Preis als Prisma
In Wahrheit ist der Nobelpreis längst mehr als eine Auszeichnung. Er ist ein Prisma, durch das die Welt auf Literatur blickt – auf das, was sie noch zu sein vermag: moralische Instanz, poetisches Archiv, Widerstand und Trost zugleich. In Zeiten, in denen das Wort „Bestseller“ meist mit Algorithmen statt mit Kunst zu tun hat, kommt der Nobelpreis mit einer fast anachronistischen Würde daher.
Er wird nicht einfach vergeben – er wird gesetzt, als Maßstab, als Wagnis, manchmal auch als Zumutung.
Wer darf hoffen – und wer bleibt unsichtbar?
Es wäre vermessen zu glauben, dass es bei dieser Entscheidung nur um Literatur geht. Der Nobelpreis schreibt mit, wer und was als bedeutend gilt. In diesem Sinne ist er auch ein Korrektiv. Wer wird sichtbar gemacht – und wer bleibt es nicht? Noch immer ist der Preis zu europäisch dominiert, noch immer überwiegt Prosa gegenüber Lyrik, das Englische gegenüber kleineren Sprachen. Die Frage, ob diesmal ein poetischer Text den Zuschlag erhält, wäre nicht nur ein ästhetisches, sondern auch ein literaturpolitisches Signal.
Und dann: Stille
Gleich wird ein Name genannt. Vielleicht einer, den man erwartet hat. Vielleicht einer, von dem niemand je gehört hat. Die Literaturgeschichte hat Platz für beides. Die Entscheidung wird heute um 13:00 Uhr in Stockholm bekannt gegeben. Danach beginnt, wie jedes Jahr, das große Nachdenken: über Sprache, Macht und das, was bleibt, wenn der Rausch der Verkündung verklungen ist.
Topnews
Geburtstagskind im Oktober: Benno Pludra zum 100. Geburtstag
Das Geburtstagskind im September: Roald Dahl – Der Kinderschreck mit Engelszunge
Ein Geburtstagskind im August: Johann Wolfgang von Goethe
Hans Fallada – Chronist der kleinen Leute und der inneren Kämpfe
Ein Geburtstagskind im Juni: Bertha von Suttner – Die Unbequeme mit der Feder
Ein Geburtstagskind im Mai: Johannes R. Becher
Ein Geburtstagskind im April: Stefan Heym
Ein Geburtstagskind im März: Christa Wolf
Bertolt Brecht – Geburtstagskind im Februar: Ein literarisches Monument, das bleibt
Wie Banksy die Kunst rettete – Ein überraschender Blick auf die Kunstgeschichte
Ein Geburtstagskind im Januar: Franz Fühmann
Zauberberg 2 von Heinz Strunk
100 Jahre „Der Zauberberg“ - Was Leser heute daraus mitnehmen können
Oschmann: Der Osten: Eine westdeutsche Erfindung“ – Umstrittene russische Übersetzung
Überraschung: Autorin Han Kang hat den Literaturnobelpreis 2024 gewonnen
PEN Berlin: Große Gesprächsreihe vor den Landtagswahlen im Osten
„Freiheitsschock“ von Ilko-Sascha Kowalczuk
Precht: Das Jahrhundert der Toleranz
Jenny Erpenbeck gewinnt Internationalen Booker-Preis 2024
Literaturnobelpreis 2025 – Wer führt im Wettbüro?
Wer wird das Rennen beim Literaturnobelpreis 2025 machen?
Die Shortlist des Deutschen Buchpreises 2025 steht fest
Eine Frage des Gewichts: Clemens Meyer, Buchpreise und das literarische Ungleichgewicht
Booker Prize 2025: Zwischen Familiengeheimnis und Weltgeschichte
Almut Tina Schmidt mit dem 3sat-Preis ausgezeichnet
Klick Klack, der Bergfrau erwacht
Annett Gröschner wird Mainzer Stadtschreiberin 2025
Literarische Spannung in Leipzig: Die Nominierten für den Preis der Leipziger Buchmesse 2025
Der Schriftsteller und Journalist Martin Becker hat den „Margarete-Schrader-Preis für Literatur“ erhalten
Verleihung der Literaturpreise der Deutschen Schillerstiftung 2024
Die Spannung steigt: In wenigen Minuten wird der Literaturnobelpreis 2024 verliehen!
Schriftsteller Günter Kunert im Alter von 90 Jahren gestorben
Thomas Hettche mit Joseph-Breitbach-Preis ausgezeichnet
Murakami und die Neue Akademie
Aktuelles
Colson Whitehead und die Poetik des Widerstands – Sklaverei, Rassismus und die Gegenwart
SenLinYu : Zuerst war Manacled
Eva Biringer erhält NDR Sachbuchpreis 2025 für ihr Buch „Unversehrt. Frauen und Schmerz“
Blinde Geister von Lina Schwenk – Wenn das Schweigen lauter ist als jeder Sirenenton
Wedding People Alison Espach – Luxus-Hotel, Katastrophenwoche, zweite Chancen
Buckeye von Patrick Ryan – Ein kleiner Ort, zwei Familien, Jahrzehnte voller Nachhall
Rabimmel Rabammel Rabum – St. Martin und Laternenfest
Nobody’s Girl von Virginia Roberts Giuffre – Wenn eine Stimme keine Bühne mehr braucht
50 Sätze, die das Leben leichter machen von Karin Kuschik– Kleine Sätze, große Hebel
Laurent Mauvignier erhält den Prix Goncourt 2025 für seine stille, tiefgreifende Familiensaga „La maison vide“
Beauty and the Bachelor von Kelly Oram – Reality-TV, ein CEO mit Countdown und eine Stylistin, die nicht „die Rolle“ spielt
Faust Forward – Der Klassiker als akustisches Experiment
„Ich, Ljolja, Paris“ : Getäuscht von Juri Felsen
Mein Herz in zwei Welten von Jojo Moyes – Von der Hummelhose nach Manhattan
Archiv schreibender Arbeiterinnen und Arbeiter zieht nach Dortmund
Rezensionen
Ein ganz neues Leben von Jojo Moyes – Trauerarbeit mit Tempo: Wenn Weiterleben kein Verrat ist
Ein ganzes halbes Jahr Jojo Moyes – Wenn Hoffnung und Selbstbestimmung an einem Tisch sitzen
Mein Leben in deinem von Jojo Moyes – High Heels, tiefe Risse
Zurück ins Leben geliebt von Colleen Hoover – Regeln, die Herzen brechen
Für immer ein Teil von dir von Colleen Hoover – Schuld, Scham, zweite Chancen
Was geht, Annegret? von Franka Bloom – Neustart mit Roulade: Wenn Alltag zur Revolte wird
Heart of the Damned – Ihr Versprechen ist sein Untergang von Julia Pauss –„Auf alle Diebe wartet der Tod. Nur auf mich nicht.“
Bonds of Hercules – Liebe das Monster in mir von Jasmine Mas – Wenn der Funke zur Fessel wird
Die Holländerinnen von Dorothee Elmiger – Aufbruch ins Offene: Wenn True Crime zur Fata Morgana wird
Leider Geil von Sophie Ranald – Vom „braven Mädchen“ zur eigenen Stimme
Das Haus meiner Schwester von Rebekah Stoke – Glitzer, Gier, Grenzen
Welcome Home – Du liebst dein neues Zuhause. Hier bist du sicher. Oder? von Arno Strobel – Wo Sicherheit endet und Paranoia anfängt
Tolstoi: Krieg und Frieden
Falling Like Leaves von Misty Wilson – Herbstluft, Herzklopfen, Heimkehr