Medial nimmt ein Thema gerade viel Raum ein: Das liberale Abtreibungsgesetz der USA steht auf der Kippe. In der ganzen Nation demonstrieren Menschen gegen den Gesetzesentwurf des Supreme Courts. In Deutschland ist der Paragraph 219a gegen Werbung für Schwangerschaftsabbrüche umstritten. Immer wieder werden die Gleichberechtigung und die Freiheit, als Frau ein selbstbestimmtes Leben zu führen, eingeschränkt, beschnitten und gefährdet. Spannende, bestürzende, aber auch inspirierende Einblicke in ein Leben zwischen Rollenzuschreibungen, gesellschaftlichen Erwartungen, Identitätssuche und Emanzipation geben die Neuerscheinungen von GOYA und GOYALiT mit „Dann rennen wir“ von Paula McGrath, „Es ist ein Mädchen“ von Camille Laurens und „Eine andere Zeit“ von Helga Bürster.
Dann rennen wir von Paula McGrath
Emanzipatorisch, befreiend, empowernd und hoch aktuell: In ihrem vielstimmigen Roman „Dann rennen wir“, laut der Irish Times eines der besten Bücher des Jahres, erzählt Paula McGrath von drei Frauen mit ganz unterschiedlichen Lebensumständen, die eine Sache gemeinsam haben: Sie alle rennen vor etwas davon – vor ihren Familien, gesellschaftlichen Hürden, Einschränkungen Missbrauch und Gewalt. Dabei finden sie ihre Stimmen und ihre Identität.
Darum geht's: 2012. Wegen des achten Zusatzartikels der irischen Verfassung sind Schwangerschaftsabbrüche in Irland verboten und die Leben von Frauen immer wieder gefährdet. Dennoch zögert eine Gynäkologin, eine neue Stelle in London anzunehmen, obwohl die es ihr ermöglichen würde, der zunehmend angespannten Atmosphäre in dem Dubliner Krankenhaus zu entkommen, in dem sie praktiziert. Denn wer würde sich um ihre an Alzheimer erkrankte, pflegebedürftige Mutter kümmern? 1982. Die sechzehnjährige Jasmine läuft von zu Hause weg, um Tänzerin zu werden. Das hilft ihr jedoch nicht, um übergriffige Begegnungen abzuwehren – Boxen hingegen schon. Ein Sport, der im Irland der 1980er Jahre für Mädchen verboten ist. 2012. In Maryland hat die junge Ali gerade ihre Mutter verloren. Ihre Großeltern, die sie nie zuvor gesehen hat, möchten sie adoptieren. Um ihnen zu entfliehen, schließt sie sich einer dubiosen Biker-Gang an.
Aus dem Englischen übersetzt von Karen Gerwig, die ein Gespür für die direkte, poetische und packende Sprache von Paula McGrath unter Beweis stellt. Hier geht’s zur Leseprobe.
Franziska Hartmann, u.a. ausgezeichnet mit dem Deutschen Hörbuchpreis, findet für Jasmine, Ali und die Gynäkologin die richtigen Stimmen und bringt ihre Geschichte auf dem gleichnamigen Hörbuch gefühlvoll zu Gehör. Hier geht's zur Hörprobe.
Camille Laurens: Es ist ein Mädchen
Was passiert nach dem Satz: Es ist ein Mädchen? Berührend und aufrüttelnd erzählt die Bestsellerautorin aus Frankreich in ihrem Roman Es ist ein Mädchen von Rollenzuschreibungen und Erwartungen, Freiräumen und Begrenzungen - kurz: davon, was es bedeutet, ein Mädchen zu sein. Mitreißend gesprochen wird die Geschichte von Marion Elskis, u.a. bekannt als deutsche Synchronstimme von Holly in der Serie King of Queens.
Darum geht's: "Haben Sie Kinder?", wird der Vater gefragt. "Nein, ich habe zwei Mädchen", antwortet er. Diese Szene ist eine der ersten Erinnerungen einer Frau, die um 1960 in gutbürgerlichen Verhältnissen in Rouen aufwächst. Was folgt, ist ein Leben, wie es exemplarisch scheint für ihre Generation: Laurence befreit sich aus der Enge des Elternhauses, erlebt sexuelle Freiheit, aber auch Gewalt, sie verliert einen Sohn bei der Geburt und bringt eine Tochter zur Welt. Es ist ein Mädchen erzählt auf fesselnde und schonungslos ehrliche Weise vom Leben einer Frau, von Sprache und Rollenzuschreibungen, aber auch von Liebe und Familie.
Eine andere Zeit von Helga Bürster
Das Hörbuch „Eine andere Zeit“ von Helga Bürster erzählt bewegend von Familie und Freundschaft, Ost und West. Die Geschichte um die zwei entfremdeten Schwestern Enne und Suse, die in einem kleinen Dorf in der DDR aufwachsen, wird facettenreich von der renommierten Schauspielerin Anna Thalbach interpretiert.
Darum geht's: Die Schwestern Enne und Suse wachsen in den Siebzigern in einem abgelegenen Dorf an der Ostküste in Vorpommern auf, wo Fremde schon einmal befürchten, "über den Rand zu kippen". Suse ist oft krank und Enne muss zurückstecken, weil die Sorge und Zuwendung der Eltern vor allem Suse gilt, was das Verhältnis der beiden Schwestern nicht ganz einfach macht. Es gibt nur wenige Momente der Nähe zwischen ihnen. Als 1989 Ungarn die Grenzen öffnet, nutzt Suse die Chance und verschwindet in den Westen. Sie lässt nie wieder von sich hören, die Familie rätselt jahrzehntelang, was aus ihr geworden ist. Dreißig Jahre nach Suses Verschwinden zieht eine geheimnisvolle Frau Pohl bei Enne gegenüber ein und die Gerüchte, wer das sein könnte, schießen ins Kraut ... Hier geht's zur Hörprobe.
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