Mit seinem für den Deutschen Buchpreis nominierten Roman "Zu den Elefanten" führt uns der Autor Peter Karoshi die Metamorphosen eines Menschen vor Augen, der sich entschieden hat, sein Leben grundlegend zu verändern. Rahmenhandlung ist eine Vater-Sohn-Reise, die von Österreich bis nach Genua führt.
Wir leben in einer Zeit der Schwebezustände. In einer Zeit, in der Leben oftmals dahinplätschern - nichts ist wirklich furchtbar, aber beinahe alles könnte immer auch ein klein wenig besser sein, und irgendwo dazwischen, vom ständigen Abwägen schon stumpf und übermüdet, fristen wir unsere Stunden, Tage, Wochen, Jahre. Uns ist, als würden wir allmählich auslaufen, als hätten wir -meisterlich im Wählen - das Entscheiden verlernt. Und so werden wir uns alle, wenigstens partiell, mit dem lethargischen Protagonisten Theo in Peter Karoshis für den Deutschen Buchpreis nominierten Roman "Zu den Elefanten" identifizieren können. Theo, der einige falsche Entscheidungen getroffen hat und nicht nur einmal falsch abgebogen ist, beschließt, endlich sein Leben zu ändern.
Melancholische Endlosschleife
Wir erfahren von der Beziehung zu seiner Frau Anna, in der jegliche Leidenschaft zu fehlen scheint. Auch das Verhältnis zu seinem neunjähriger Sohn Max ist alles andere als Ideal, denn der Junge ist allmählich alt genug, um eigene Erfahrungen zu machen. Theo beschließt, eine Vater-Sohn-Reise zu unternehmen, etwas aufregendes und ungewöhnliches, eine Unternehmung, die den stupiden Alltag durchbricht. Er entscheidet sich für die historische Reiseroute, entlang des Wegs, auf dem der spätere Kaiser Maximilian II. den Elefanten Soliman vor Jahrhunderten vom Mittelmeer nach Wien brachte. Allerdings dieses Mal in umgekehrter Richtung, von Österreich aus über Südtirol bis nach Genua. Der Roman setzt sich nun aus den Tagebucheinträgen Theos zusammen.
Einfühlsam und melancholisch schildert Karoshi Theos stets wiederkehrende Fragen und Zweifel. Der an einigen Stellen doch recht wirr erscheinende Vater reflektiert über die Beziehung zu Sohn Max, und stellt sich, in unterschiedlichsten Ausformungen, die Frage, ob er als Vater geeignet war, ob er den Jungen ausreichend vorbereitet hat. Immer wieder stößt er dabei an seine Grenzen, wankt zurück und beginnt von vorn. Eine endlose, verschleißende Agonie. Auch seine Ängste tauchen immer wieder auf, die Angst vor dem Alter, vor dem Fremden, schließlich vor der Reise selbst.
Traumwandlerisch
Es ist dann auch auf die stets wiederkehrenden Gedankenkaskaden zurückzuführen, dass der Roman Stellenweise traumwandlerisch, ja surreal anmutet. Karoshi versteht es wunderbar, einen - auch für den Leser nachzuempfindenden - Zustand zu kreieren, der das Ergebnis eines scheinbar endlos langen Weges ist.
In einer dramatischen Wendung dann, scheint es einen Schnitt zu geben, der den Strom unterbricht und Theo erkennen lässt, dass es manchmal der Selbstverlust ist, der das Finden voraussetzt.
Peter Karoshi beschreibt anhand seines 40-jährigen Protagonisten, dass die positivsten Wendungen oftmals nicht jene sind, die wir uns rational zurechtgelegt haben. Bis zur Wendung insistiert er auf die logische Abfolge eines Reflexionsprozesses, während er, von der stetigen Wiederkehr derselben Gedanken, immer abwesender wirkt. Karoshi beschriebt den Selbstverlust als positives Element, so das der Zufall letztlich über die klare Setzung siegt.
Peter Karoshi: "Zu den Elefanten"; Leykam Verlag, 2021, 208 Seiten, 21 Euro
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