Amateur - Aufzeichnungen aus einer anderen Welt Teil 2

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L. arbeitete schon länger als Friseurin. Ich nahm Sie immer nur beim Haare waschen der anderen Kunden wahr. Heute sah sie sehr frisch aus, sie trug einen weißen Kittel und Sandalen. Ihre Finger waren dunkelbraun, gefärbt von der aggressiven Harr-Färbe-Tinktur. Sie meinte, heute würde sie mir die Haare schneiden. Wir sprachen zunächst gar nicht, sie fragte dann wie es mir denn in der Arbeit so ging. Ich erzählte, dass es so ruhig ist im Sommer, dass es schon fast schlimm ist, vor der Öde die sich breitmacht. Sie lächelte fröhlich. Ihre Haare waren frisch gefärbt in einem starken Blond, sie schienen zu leuchten. Sie fragte mich, was ich denn mit der Zeit nach meiner Arbeit immer so anfange? Ich wusste nicht so recht ob ich ihr alles gleich erzählen sollte, die gestrigen Gespräche die im Chaos endeten, mein müder Zustand heute, der sich mittlerweile in einem zittern ins Bessere drehte, oder welche Künstler ich gerade verabscheute, die einem die Kunst so schlecht machen können, nein, nichts von alldem, das konnte warten. Stattdessen bot ich ihr an heute gemeinsam etwas zu trinken oder sogar ein Tanzlokal zu besuchen, soweit war ich schon mit: „die Müdigkeit spielt dir einen Streich“. Wir verabredeten uns nach der Arbeit. Ich sollte sie abholen wenn der Laden zu macht, und wohin sollte ich mir auch überlegen, ihr schien das egal zu sein. Der Sommerabend begann, es war schon richtig trocken und die Wärme machte mir zu schaffen.

L. wartete bereits vor dem verschlossenem Frisörladen und war bestens gelaunt. Wir machten einen Spaziergang Richtung Zentrum, ich meinte da gibt´s ein Lokal im Keller wo getanzt wird. Am Weg dorthin sprachen wir über alberne Sachen die in ihrem Laden so passierten. Es war dunkel und düster im Lokal. Wir waren die ersten Gäste. Die Kellnerin begrüßte uns und fragte auch gleich was wir trinken wollten. Wir sehen uns mal nach einem Tisch um, dann komm ich und hol etwas, erwiderte ich. Die Musik war noch viel zu leise für so einen Ort aber da ja noch außer uns keine Gäste da waren war es echt egal. Der Typ der dort Musik auflegte saß in einer Art Ambone von der er mit einer Holzleiter immer wieder von oben nach unten direkt in die Bar klettern konnte. L. sagte, sie hätte gern ein Bier. Ich ging zur Bar und bestellte uns zwei Flaschen ohne Gläser.


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