Amateur - Aufzeichnungen aus einer anderen Welt Teil 2

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Vormittags konnte der Laden stark frequentiert sein, meistens von Stammkunden die ich fast alle kannte. Heute war es ruhig. Das lag sicher daran, dass es Ende Juli war und die heißen Temperaturen die Leute aus der Stadt Richtung Bäder oder Flussufer trieben. Ich war ganz froh darüber, konnte zu mir kommen. Bis Mittag war ich damit beschäftigt die Science Fiction Abteilung durchzugehen und allenfalls die Bücher nach Autoren alphabetisch zu ordnen; Leute, die in Buchhandlungen nach etwas suchen und ohne Plan und dann nach kurzem Begutachten den Titel irgendwo ablegen, bescheren einem dieses Zurück-Richtig-Schlichten. Nicht einmal K. kam vorbei. K. konnte ziemlich aufdringlich werden wenn er im Laden war, wenn er andere Leute, die nach Büchern suchten, ansprach und sie in dubiose Gespräche verwickelte. Die Leute verließen den Laden dann meistens ohne etwas zu kaufen. K. kaufte nur einmal etwas, er unterhielt sich lieber. Ich war für ihn Jemand, der keine Wahl hatte und seine Monologe - meistens über die geniale Bauweise wie sie bei Taj Mahal zu sehen war - anhören sollte. Mir machte das nichts, ich mochte ihn irgendwie, ohne ihn wäre die Zeit traurig langweilig im Laden. Meine Pause verbrachte ich entweder auf einer Parkbank wo ich etwas aß oder nur nachdachte oder ich ging ins Lager des Ladens das einen Stock höher war. Dort gab es ein Kopiergerät und einen großen Packtisch mit Fächern unterhalb. In einem lagerte ich eine Mappe mit Zeichnungen die ich manchmal in den Pausen machte oder nachträglich überarbeitete. In letzter Zeit stand ich meinen Zeichnungen schlecht gegenüber, ich fand sie zu durchdacht und engstirnig, immer auf einem Blatt Papier. Um dem zu entkommen schlitterte ich in so etwas wie „Collage“, ich klebte gefundene Papierstücke aufeinander aufgeschichtet und empfand sie erschreckend schön. An diesem Tag war ich eindeutig zu fertig um mich dieser Klebearbeit genug widmen zu können und ging die restliche Zeit der Pause ins Frisörgeschäft zwei Häuser weiter. Dort lernte ich L. kennen.

L. arbeitete schon länger als Friseurin. Ich nahm Sie immer nur beim Haare waschen der anderen Kunden wahr. Heute sah sie sehr frisch aus, sie trug einen weißen Kittel und Sandalen. Ihre Finger waren dunkelbraun, gefärbt von der aggressiven Harr-Färbe-Tinktur. Sie meinte, heute würde sie mir die Haare schneiden. Wir sprachen zunächst gar nicht, sie fragte dann wie es mir denn in der Arbeit so ging. Ich erzählte, dass es so ruhig ist im Sommer, dass es schon fast schlimm ist, vor der Öde die sich breitmacht. Sie lächelte fröhlich. Ihre Haare waren frisch gefärbt in einem starken Blond, sie schienen zu leuchten. Sie fragte mich, was ich denn mit der Zeit nach meiner Arbeit immer so anfange? Ich wusste nicht so recht ob ich ihr alles gleich erzählen sollte, die gestrigen Gespräche die im Chaos endeten, mein müder Zustand heute, der sich mittlerweile in einem zittern ins Bessere drehte, oder welche Künstler ich gerade verabscheute, die einem die Kunst so schlecht machen können, nein, nichts von alldem, das konnte warten. Stattdessen bot ich ihr an heute gemeinsam etwas zu trinken oder sogar ein Tanzlokal zu besuchen, soweit war ich schon mit: „die Müdigkeit spielt dir einen Streich“. Wir verabredeten uns nach der Arbeit. Ich sollte sie abholen wenn der Laden zu macht, und wohin sollte ich mir auch überlegen, ihr schien das egal zu sein. Der Sommerabend begann, es war schon richtig trocken und die Wärme machte mir zu schaffen.

L. wartete bereits vor dem verschlossenem Frisörladen und war bestens gelaunt. Wir machten einen Spaziergang Richtung Zentrum, ich meinte da gibt´s ein Lokal im Keller wo getanzt wird. Am Weg dorthin sprachen wir über alberne Sachen die in ihrem Laden so passierten. Es war dunkel und düster im Lokal. Wir waren die ersten Gäste. Die Kellnerin begrüßte uns und fragte auch gleich was wir trinken wollten. Wir sehen uns mal nach einem Tisch um, dann komm ich und hol etwas, erwiderte ich. Die Musik war noch viel zu leise für so einen Ort aber da ja noch außer uns keine Gäste da waren war es echt egal. Der Typ der dort Musik auflegte saß in einer Art Ambone von der er mit einer Holzleiter immer wieder von oben nach unten direkt in die Bar klettern konnte. L. sagte, sie hätte gern ein Bier. Ich ging zur Bar und bestellte uns zwei Flaschen ohne Gläser.


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