Amateur - Aufzeichnungen aus einer anderen Welt

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„Der Maler formalisiert gleichsam, was ohnehin vorhanden ist.“ Claude Lévi-Strauss

Als ich aufwachte, hämmerte etwas in meinem Kopf. Wieder zu spät! Wieder zu spät in die Arbeit. Ich fühlte mich ausgebrannt nach diesen Gesprächen gestern. Immer wieder diese Kunst, oh Gott, wie beschissen hat das geendet immer im Rausch ohne Konstante und Sinn. In meinem Zimmer, in dem ich zu der Zeit wohnte, roch es immer süßlich nach so einer Art schlecht gewordenem Obst, auch nach Brennspiritus, mit dem ich manchmal den Boden wusch, keine Chance ihn wegzubekommen. Das Zimmer war klein, hatte ein Bett, einen Kasten, einen Tisch, einen Stuhl, ein Waschbecken mit einem kleinen Spiegel. Ich ging zu dem einzigen Fenster und sah in den Innenhof mit den Garagen, die der Typ, der diese Absteige betreute, den Leuten auch wie die Zimmer zu teuer vermietete. Ich zündete mir eine Zigarette an und überlegte, ob ich noch duschen gehen sollte. Die Dusche lag quer über den Innenhof im anderen Teil des Gebäudes, also nein. Abseits dessen musste man dort Dusch-Jetons für Warmwasser einwerfen, die ich wieder einmal beim Vermieter nicht besorgte, nicht weil sie was kosteten sondern aus einem Widerstand heraus, der gepaart mit Verachtung sich gegen den Vermieter richtete. Gegenüber im zweiten Stock wohnte ein Freund von mir, der mir dieses Zimmer aufschwatzte. Damals besuchte ich ihn und wir tranken, rauchten in ziemlichen Mengen und hörten Musik, malten uns aus wie es wäre als Poet zu leben und anderen Irrwitz. Er zündete dauernd Räucherstäbchen, so das immer eins brannte, wahrscheinlich wegen dem ganzen Sex den er hier machte - Frauen gingen ein und aus bei ihm. Er war groß und schlank hatte leuchtende durchdringende braune Augen, er sah gut aus. Bei unseren Gesprächen saß er immer im Schneidersitz auf seinem Bett, neben ihm lagen ein Haufen handgeschriebene Notizen und die „Bhagavad Gita - Zwiesprache mit der Ewigkeit“. Er schrieb kleine Gedichte und lose Texte über die wir manchmal sprachen aber hauptsächlich ging es doch um Musik. Tagsüber verbrachte er seine Zeit damit zu schreiben, nachts saß er an der Rezeption eines kleinen Hotels. Er sog The Doors auf wie ein robuster Junkie, das Koks. Textfetzen der Einstürzenden Neubauten zitierte er einfach so in eigene Aussagen hinein. Er meinte, gegenüber in dem etwas schäbigeren Teil des Gebäudes sei ein Zimmer frei geworden, und das er es gut finden würde, wenn ich hier einziehe. Er sah so etwas wie die letzte Rettung in mir um nicht vollkommen durchzudrehen. Ich musste los! Der Weg in die Arbeit verschlang immer ungefähr eine Stunde an Fahrzeit. Ich arbeitete in einem kleinen Buchladen in einer abgewrackten Gegend der Stadt, später schminkten Leute, die sich für hippe Lokale interessierten, dieser Gegend ein poliertes Gesicht. Ich fühlte mich wohl dort, es gab kleine Kneipen wo man in Ruhe sitzen konnte und niemand darauf achtet wer du bist, Musik war nebensächlich.

Ich kam zu spät. Mit frischen glühenden roten Augen und altem Bierdunst, verdammt, ich hätte mich gestern zurückhalten sollen, den Alkohol mehr dienen lassen als selbst zum Diener zu werden, um nicht die Fassung im Gespräch zu verlieren. Außerdem hatte ich, glaub ich, letztendlich zwei drei Stunden geschlafen! Ich machte mich sofort an die Arbeit. Die Leiterin des Ladens bemerkte mich und gab mir mit vorwurfsvollem Blick ein Pfefferminz.



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