„Das Literarische Quartett“ im September 2025 Thea Dorn diskutiert mit Nora Bossong, Philipp Tingler und Cornelius Pollmer

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Nach der Sommerpause kehrt Das Literarische Quartett zurück auf den Bildschirm – und auf seine angestammte Sendezeit kurz vor Mitternacht. Am 12. September um 23:30 Uhr strahlt das ZDF die neue Folge aus, zwei Tage zuvor ist sie bereits ab 10 Uhr in der Mediathek abrufbar. Aufgezeichnet wurde wie immer im Rang-Foyer des Berliner Ensembles – eine Kulisse, die mittlerweile ebenso viel Patina wie Polemik birgt.
Gastgeberin Thea Dorn führt durch die Runde und trifft diesmal auf eine ebenso illustre wie meinungsstarke Besetzung: die Schriftstellerin Nora Bossong, den Literaturkritiker und Schriftsteller Philipp Tingler sowie den Journalisten und Autor Cornelius Pollmer. Drei kluge Köpfe, drei unterschiedliche Perspektiven – nicht immer harmonisch, aber genau deshalb sehenswert.

Die vier Titel der September-Ausgabe:

  • Katie Kitamura: Die Probe (Übersetzung: Henning Ahrens; Hanser)
 Ein Roman, der sich weigert, klare Antworten zu liefern – und gerade darin seine Kraft entfaltet. Kitamura bleibt bei ihrem zurückhaltenden, fast spröden Stil und folgt einem Gerichtsprozess, bei dem das Offene mehr Raum einnimmt als das Gesagte. Dass der Titel auf der Longlist des Booker Prize 2025 steht, kommt nicht überraschend – wohl aber, wie sehr er sich den üblichen Preisnarrativen entzieht.
  • Annette Pehnt: Einen Vulkan besteigen (Piper)
Ein Buch, das vom Aufbruch erzählt und dabei sehr genau weiß, wie selten das Ziel dort liegt, wo es anfangs vermutet wurde. Pehnt bleibt ihrer leisen Beobachtungstreue treu, bewegt sich aber zugleich auf unruhigerem Gelände – ein Roman über Nähe und Distanz, über das, was brodelt, auch wenn es noch nicht ausbricht.
  • Gerti Tetzner: Karen W. (Aufbau) 
Ein Roman, der in der DDR erschien und nun als literarische Wiederentdeckung gehandelt wird – nicht zu Unrecht. Karen W. ist autofiktional, ohne sich ins Private zu verlieren. Eine Geschichte über weibliches Selbstverständnis und gesellschaftlichen Erwartungsdruck, geschrieben mit einer Nüchternheit, die mehr preisgibt, als sie zunächst verrät. Dass Tetzners Debüt fast 50 Jahre übersehen wurde, sagt einiges – nicht nur über Literaturgeschichte.
  • Maria Judite de Carvalho: Leere Schränke (Übersetzung: Wiebke Stoldt; S. Fischer)
Ein schmales Buch mit viel Nachhall. Die portugiesische Autorin, in ihrer Heimat längst kanonisiert, wird nun auch hierzulande entdeckt. Ihre Erzählungen kreisen um das Unsichtbare, das Übersehene, das zu leicht übergangen wird – mit lakonischer Sprache und einer Genauigkeit, die oft erst im Nachsatz schmerzt. Keine große Geste, sondern stille Brüche.

Ausstrahlung, Podcast, Diskussion

Wer die Debatte lieber unterwegs hören will, findet die neue Folge auch als Podcast bei Deutschlandfunk Kultur. Für alle anderen bleibt die klassische Variante: Freitagabend, spätes Fernsehen, angereichert mit Haltung, Widerrede und gelegentlicher Ironie.
Ob der Vulkan ausbricht, das Gericht zu einem Urteil kommt, oder die Schränke am Ende doch voller sind als gedacht – das Quartett wird es diskutieren. Man darf, wie immer, auf die Zwischentöne gespannt sein.

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