Dokumentation Uwe Tellkamp und die Meinungsfreiheit: "Wir werden behandelt, als wären wir Verbrecher“

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Uwe Tellkamps Roman "Der Turm" war ein bahnbrechender Erfolg. Über eine Millionen Mal verkaufte sich der Bestseller, der die letzten sieben Jahre der DDR bis zum Mauerfall aus der Perspektive der Bildungsbürger des Dresdner Villenviertels erzählt. Lange hat die Leserschaft und das Feuilleton auf den immer wieder angekündigten Fortsetzungsroman des mittlerweile umstrittenen Autors gewartet. Am 16. Mai erscheint nun "Der Schlaf der Uhren" beim Suhrkamp Verlag. Begleitet wird die Veröffentlichung von einem Dokumentarfilm, der den programmatischen Titel "Der Fall Tellkamp. Streit um die Meinungsfreiheit" trägt.

Schriftsteller Uwe Tellkamp hat gerade seinen neuen Roman herausgebracht, die lange erwartete Fortschreibung seines Bestellers "Der Turm". Der Dokumentarfilm "Der Fall Tellkamp", der am Mittwoch den 18. Mai um 20:15 Uhr im 3sat erstausgestrahlt wird, beleuchtet noch einmal die Debatte, die in den vergangene Jahren um den umstrittenen Schriftsteller geführt wurde. Bild: ZDF / Christ Valentien

Seit der Veröffentlichung des großen Tellkamp-Romans "Der Turm" im Jahr 2008 wurde viel spekuliert. Nicht nur, wann die von der Leserschaft sehnsüchtig erwartete und vom Autor immer wieder angekündigte Fortsetzung des epochalen Gesellschaftsromans erscheinen wird, sondern auch, ob der Suhrkamp Verlag weiterhin zu seinem Autor steht. Zurückzuführen sind diese Zweifel auf Tellkamps Positionierung gegen islamische Einwanderung und seine Nähe zur Dresdner Buchhändlerin Susanne Dagen. Diese Debatte, die zu einem "Streit um die Meinungsfreiheit" führte, wird unter anderem in Andreas Gräfensteins Dokumentarfilm "Der Fall Tellkamp" beleuchtet, der am Mittwoch, 18. Mai 2022, um 20:15 Uhr im 3sat (Erstausstrahlung) zu sehen ist.

Bereits um 19:20 Uhr widmet sich die "Kulturzeit" dem "Fall Tellkamp", und spricht mit Regisseur Gräfenstein über den Film. Die Doku ist in voller Länge und als Fünfteiler ab den 18. Mai bereits ab 6:00 Uhr auch in der 3sat-Mediathek und der ZDFmediathek zu sehen.

Buttersäurebombe: Anschlag auf die Buchhandlung Loschwitz

Lange Zeit galt das von der Kommunalpolitikern ("Freie Wähler") Susanne Dagen geführte Dresdner Buchhaus Löschwitz als Ort der bürgerlichen Mitte. Noch bis 2006 veranstaltete der Kulturwissenschaftler Paul Kaiser im Buchhaus eine Diskussionsreihe, dann distanzierte er sich von der Institution. "Das Buchhaus war ein freigeistiger Ort, doch mit dem offensiven Bekenntnis zu Götz Kubitschek war für mich die rote Linie überschritten." Susanne Dagen kooperierte mit dem neurechten Antaios-Verlag, der vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall geführt wird. Seit 2018 betreibt sie außerdem die Lesereihe "Aufgeblättert. Zugeschlagen - mit Rechten lesen", in der sie gemeinsam mit der Publizistin Ellen Kositza vom Antaios-Verlag Bücher von Autoren wie Sophie Liebnitz ("tote weiße Männer lieben") vorstellt und bespricht.

2021 wurde eine Buttersäurebombe in das Buchaus Loschwitz geworfen. Die Fronten verhärteten sich. Streitgespräche und Auseinandersetzungen auf Augenhöhe gab es fortan kaum noch. "Wir werden behandelt, als wären wir Verbrecher" sagt Uwe Tellkamp, der für den Dokumentarfilm seit langer Zeit erstmals wieder Interviews gab. Wie konnte es passieren, dass ein einst diskussionsfreudiger Kreis Intellektueller die Streitkultur aufgegeben hat und nun nicht mehr miteinander debattieren kann? Neben Uwe Tellkamp, Susanne Dagen und Paul Kaiser kommen die Schriftstellerin Monika Maron, der Autor Ingo Schulze, der Theatermacher Heiki Ikkola, die Autorin Jana Hensel, der Theologe und Politiker Frank Richter sowie die Journalisten Stefan Locke (FAZ) und Martin Machowecz (DIE ZEIT) zu Wort.




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