An vielen gesellschaftlichen Fronten entfachen derzeit Kämpfe im Namen der Moral. Social-Media-Plattform wie Twitter sind längst zu Erregungs-Hotspots, zu Filterblasen-Produktionsmaschinen geworden. Doch nicht nur in den dort geführten Debatten spielt der Begriff Sensibilität eine immer größere Rolle. Wie sensibel wir geworden sind, und welche Gefahren mit einer Übersensibilisierung einhergehen können, das will der Philosoph Richard David Precht von Svenja Flaßpöhler wissen. Die Chefredakteurin des "Philosophie Magazins" hat vor kurzem ein Buch geschrieben, welches sich mit genau diesem Thema befasst. In der kommenden Ausgabe "Precht" (28. November, 23:45, ZDF) sprechen die Beiden über mögliche Weisheitsstrategien und psychologische Einsichten.
Egal ob wir über die "MeToo"-Bewegung, über "Black Lives Matter"-Demonstrationen oder die aktuellen Debatten um Corona-Maßnahmen sprechen; in all diesen Fällen können wir feststellen, dass die jeweiligen Diskussionen in starker Erregung geführt werden. Woher aber rührt die Empfindlichkeit bei Einzelnen und in der Gesellschaft? Wie hat sie sich historisch entwickelt? Und wie können wir sie gegenwärtig einordnen? Darüber spricht der Philosoph Richard David Precht mit der Autorin Svenja Flaßpöhler, die in ihrem aktuellen Buch "Sensibel" zeigt, dass die Sensibilisierung der Gesellschaft auch Gefahren in sich birgt. Dann nämlich, wenn sie einen bestimmten Punkt überschreitet, und zur Waffe gegen Andere wird.
Der Tipping Point
Sensibilität, so sie Philosophin Svenja Flaßpöhler, sei eine positive Errungenschaft unserer Zivilisation. Die Menschen wurden zunehmend feinfühliger, höflicher und einfühlsamer. Mit dieser Entwicklung, die im 18. Jahrhundert begann, sei der Grundstein für wachsende Gerechtigkeit und Fortschritt gelegt worden. In ihrem Buch "Sensibel: Über die Empfindlichkeit und die Grenzen des Zumutbaren" rekurriert Flaßpöhler auf das Werk "Über den Prozess der Zivilisation" des Soziologen Norbert Elias um zu zeigen, wie sich aus einer rohen, gewalttätigen und unhygienischen Gesellschaft eine moderne Zivilisation entwickeln konnte. Gefühle und Befindlichkeit traten zunehmend in den Vordergrund. Heute aber, so Flaßpöhler, sei diese Entwicklung so weit vorangeschritten, dass sie die Gesellschaft eher zu spalten drohe, als sie, wie bisher, zu verbinden. So entfachen beispielsweise Streitigkeiten darüber, ob eine weiße Frau das Gedicht einer schwarzen übersetzen dürfe.
Eine Schweigespirale?
Precht fragt, ob diese Entwicklung nicht mit der Überbetonung des Psychologischen zusammenhängt. Wie 1968 gefordert, sei das Private nun politisch geworden. Wenn ein Dialog aber immer schwieriger und jede Meinungsäußerung aufs Empfindlichste seziert wird, führe das dann nicht notgedrungen in eine Schweigespirale? Tendieren wir dann nicht dazu, Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen, anstatt konstruktiv miteinander zu sprechen?
Welche Weisheitsstrategien und psychologischen Einsichten könnten dieser Gesellschaft helfen, die sich über die Maßen sensibilisiert hat, darüber spricht Richard David Precht mit Svenja Flaßpöhler.
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