Stephen Kings, der "Meister des Horrors", wird heute 75 Jahre alt. Ein Schriftsteller, der lange Zeit nicht ernst genommen und dessen Werke in die Kolportage-Ecke gestellt wurde. Die Verweise und Anspielungen in den Geschichten seien allzu flach, zu direkt, zu banal, hieß es oft. Das mag sein. Kings Meisterschaft aber besteht darin, unter dieser Oberfläche Dinge in Bewegung zu setzen, die uns alle angehen und kaum mehr loslassen...
Bisher verborgene Ängste wachrütteln, darin besteht sein Geschäft. Stephen King, der "König des Horrors" feiert heute seinen 75. Geburtstag. Keine zwei Wochen ist es her, da veröffentlichte der Vielschreiber mit "Fairy Tale" seinen 64. Roman. Hinzukommen mehr als 200 Kurzgeschichten. Immer wieder begibt sich King auf die Suche nach Beklemmung und Schrecken, spürt Situationen auf und erkennt das potentiell Erschütternde in ihnen. So verstand King unter anderem, dass der Schrecken dort am größten sein kann, wo die größtmögliche Behaglichkeit herrscht. Diese einzubrechen, zu zerreißen versteht King wir kaum ein anderer.
"Carrie" landete zunächst im Mülleimer
Dabei begann diese Erfolgsgeschichte - wie viele andere auch - alles andere als glorreich. Anfang der 70er Jahre arbeitete King als Englischlehrer und schaffte es kaum, seine Familie zu ernähren. Die wenigen Stunden, die ihm am Abend blieben, füllte er mit dem Schreiben von Kurzgeschichten. Erfolglos. Dann begann er in einem gemieteten Wohnwagen den Roman "Carrie" zu schreiben, der später sein erster Bestseller und ein Millionenerfolg werden sollte. Eine Entwicklung, die King nicht zuletzt seiner Frau zu verdanken hat, die das "Carrie"-Manuskirpt, nachdem King es unzufrieden in den Mülleimer geworfen hatte, wieder auf den Schreibtisch des Autors legte und ihn ermutigte, weiterzuschreiben.
1973 - King war 26 Jahre alt - akzeptierte der Doubleday-Verlag den Roman. Nur kurze Zeit später erwarb die New American Library die Taschenbuchausgabe für eine Summe von 400.000 Dollar. Bald gab King seinen Lehrerjob auf und widmete sich ganz dem Schreiben.
"Ein Monster, das kam, um mich zu packen..."
"Wenn ich einen Schatten gesehen habe, dann war das für mich ein Monster, das kam, um mich zu packen", sagte King einmal mit Blick auf die eigene Kindheit, die bereits von einer stark ausgeprägten Phantasie begleitet war. Dadurch, dass er seine Ängste bereits in jungen Jahren zu Papier gebracht hat, habe er sich den Weg zum Psychiater gespart, erklärte der Bestsellerautor.
Später folgten über 350 Millionen verkaufte Exemplare und immer wieder Top-Platzierungen auf sämtlichen Bestsellerlisten. Dem Erfolg von "Carrie" schlossen sich Romane wie "Es", "Shining" oder "Friedhof der Kuscheltiere" an, Bücher, die allesamt erfolgreich und zum Teil meisterhaft verfilmt wurden. Stephen Kings Welten, die amerikanischer nicht sein könnten, haben längst Kultstatus erreicht; die Stanley Kubrik-Verfilmung "Shining" ist ein Meilenstein der Filmgeschichte.
King verweist in diesen Storys immer auch auf das Grauen in uns selbst. Der plötzlich übergreifende Wahn, der Kontrollverlust, das Grauen des Kindes und des Kindlichen - diese Form des Horrors erzeugt das Unbehagen im Rezipienten maßgeblich darüber, dass dieser im Monster, im Mörder oder im Kind sich selbst erkennt.
Mehr Märchen, weniger Horror: "Fairy Tale"
Kings neuster Wurf, der Roman "Fairy Tale", entfernt sich ein wenig vom Horror-Genre, und nähert sich stark der Märchenerzählung an. Boshaftigkeit und Grauen gibt es allerdings auch in dieser Geschichte, in der die Bewohner einer fantastischen Welt von bösen Mächten versklavt und unterdrückt werden. Ob King den Pfad des fantastischen Märchens weiter einschlägt, oder ob "Fairy Tale" als notwendige Abwechslung eine Ausnahme bleiben wird, erfahren wir mit Sicherheit im kommenden Jahr. Fast unvorstellbar, dass King dort nichts veröffentlichen wird.
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