Tiergeschichte ist ein Forschungsbereich der Geschichtswissenschaft, der sich mit Mensch-Tier-Beziehungen in der Geschichte und mit der Geschichtlichkeit von Tieren befasst. In Anlehnung an die Human-Animal Studies beschäftigt er sich außerdem mit der Geschichtsmächtigkeit von Tieren.

Die Erforschung von Mensch-Tier-Beziehungen ist weder ein neuer Forschungsbereich noch ist er auf die Geschichtswissenschaften reduziert. Agrar-, Natur- und Symbolgeschichte beschäftigen sich bereits seit ihrer Begründung mit dem Tier, jedoch aus einer Perspektive, die entweder die Nutzung der Tiere oder ihren Symbolcharakter in seiner Funktion für den Menschen untersuchte, nicht aber das Tier zum Zentrum der Untersuchungen machte. Die Zentralität des Tieres für die Verhandlung menschlicher Geschichte wurde aber seit den 1990er Jahren verstärkt und auch aus einer anderen Perspektive im anglo-amerikanischen Raum neu aufgegriffen. Nicht länger sollte der Mensch in den Mittelpunkt solcher Verhandlungen gestellt werden, dem historischen Tier selbst wollte man sich widmen. Dieser Paradigmenwechsel wurde nicht nur in der Geschichtswissenschaft vollzogen, sondern auch in Sozial-, Geistes- und Kulturwissenschaften. Dieser interdisziplinäre Blick dominierte auch die weitere Entwicklung der Tiergeschichte. Mit der Ausrufung des „Animal turn“ durch die amerikanische Umwelthistorikerin Harriet Ritvo begann die Tiergeschichte sich als Subdisziplin zu etablieren. Diese Begrifflichkeit knüpft an andere „turns“ bzw. kulturwissenschaftliche Wenden an. Dies soll die Anschlussfähigkeit und Relevanz für die historische Forschung unterstreichen. Skepsis bestand zunächst insbesondere aufgrund der nutzbaren Quellen, in denen die Perspektive der Tiere nur indirekt nachzuvollziehen ist. Der interdisziplinäre methodische und theoretische Zugriff, den die Tiergeschichte wählt, soll deshalb insbesondere bei der Relektüre der Quellen helfen.[1] Die Zäsur, die der „Animal turn“ bedeutet, spiegelte auch gesamtgesellschaftliche Neukonzeptionen des Tier-Mensch-Verhältnisses wider. Mit dem neuen Zugriff auf das Tier haben sich die etablierten Subdisziplinen der Geschichtswissenschaft (Wissenschaftsgeschichte, Transfergeschichte, Kolonialgeschichte) neu inspirieren lassen und neue Ansätze entwickeln können. Vor allem der Raumgeschichte, der Stadtgeschichte und der Körpergeschichte kommt ein besonderer Stellenwert innerhalb der Tiergeschichte zu.[2][3]

Quelle: Wikipedia

Tiergeschichte

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