Wie wir nicht leben wollen Die Dystopie von übermorgen Mittag

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In seinem neuen Roman „Quiz“ rechnet der Autor Günter Hack auf raffinierte und kritische Weise mit der uns vereinnehmenden Medienwelt und Werbeindustrie ab. Klug, witzig und ironisch wird hier eine Welt in Augenschein genommen, in der Menschen nunmehr auf bloße Funktionen innerhalb einer spaß- und spielgetriebenen Gesellschaft reduziert werden.

Kevin hat Soziologie, Psychologie und Kommunikationswissenschaft studiert, abgeschlossen, kurz Karriere gemacht und ist Pleite gegangen. Kein ungewöhnlicher Lebenslauf. Um sich aus seiner prekären Situation heraus zurück ins Leben zu katapultieren, meldet er sich als Non-Player-Charakter (NPC) bei dem Onlinedienst „AUA-AUA“ an. In gegenwärtigen Computerspielen werden jene Spieler als NPCs bezeichnet, die von einer künstlichen Intelligenz ferngesteuert werden.

„AUA AUA“ funktioniert folgendermaßen: An den Körpern der Nutzer werden Saugnäpfe befestigt, und immer dann, wenn sie Schmerzen empfinden, schickt das System einen kurzen Text ins Internet, um die Community zu benachrichtigen. Der Schmerzpatient Mensch hat nun genügend Zeit, sich in aller Seelenruhe über weitere Probleme Gedanken zu machen. Eine zynische Überdehnung unseres Verhaltens innerhalb der sozialen Netzwerke? Vielleicht nicht ganz so überdehnt, wie man es sich wünschen würde. Als Blaupause für „Aua Aua“ diente die von Hans Rosenthal moderierte Fernsehsendung „Dalli Dalli“ aus den 70er / 80er Jahren.

Um den erniedrigenden Mechanismen solcherlei Onlinedienste zu entkommen, meldet sich Kevin für die Fernsehsendung QUIZ. Hier erhofft er sich, vom NPC zum richtigen Player aufsteigen zu können. Im Zuge seiner Teilnahme lernt er die Moderatorin Susanne kennen, die wiederum am Ende ihrer Karriere steht. Es beginnt eine Suche nach den Lücken des Regelwerks, der Versuch des Aufstieges eines gecasteten Verlierers.

Günter Hack, der gelernter Schriftsetzer ist und in St. Gallen über die TV-Show "Big Brother" promoviert hat, analysiert in seinem Roman eine uns immer schneller entrückende Welt, in der latente Ängste und übermüdete Augen stetige Wegbegleiter sind. Immer wieder führt er dabei kleinere, philosophische Exkurse ein, sodass QUIZ nicht nur eine erzählte Gegenwartsanalyse, sondern auch ein Gegenmittel darstellt, welches uns helfen kann bei dem Versuch, den Zirkus der sozialen Medien zu durchschauen und zu relativieren.


Günter Hack: QUIZ. Frohmann Verlag, Berlin 2018, 241 Seiten, 24,90 €

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