„Lat man gut sin, lat man gut sin, Hauptsach, dat tick in min Truh bin! “
„Die Weihnachtsgans Auguste“ von Friedrich Wolf ist eine liebenswerte Erzählung, die Humor und Nachdenklichkeit verbindet. Die Geschichte dreht sich um die Familie Löwenhaupt und deren ungewöhnlichen Weihnachtsgast – eine Gans, die nicht nur das Familienleben auf den Kopf stellt, sondern schließlich selbst zum Mittelpunkt des Festes wird.
Die Familie Löwenhaupt und Gustje
Der Kammersänger Luitpold Löwenhaupt hat eine klare Vorstellung davon, wie das Weihnachtsfest seiner Familie aussehen soll: Mit einem festlichen Braten als Höhepunkt. Dafür kauft er eine lebende Gans, die durch sorgfältige Mästung zu einem prächtigen Festtagsbraten heranwachsen soll. Die Gans wird zunächst im Keller in einer Kiste untergebracht, doch die drei Kinder – Elli, Gerda und der jüngste, Peterle – entwickeln schnell eine tiefe Zuneigung zu dem Tier.
Die Kinder geben der Gans den Namen „Auguste“, oder liebevoll „Gustje“, und bringen sie heimlich vom Keller ins Kinderzimmer. Dort beginnt die Gans, ein außergewöhnliches Eigenleben zu entwickeln. Besonders bemerkenswert ist, dass Gustje eine Stimme hat – und diese nutzt, um ihren Willen zu zeigen. Als sie sich gegen die anfänglichen Umstände wehrt, sagt sie:
„Lat mi in Ruh, ich will in mei Truh!“
Die Worte, gesprochen in einem plattdeutschen Dialekt, sorgen nicht nur für Lachen, sondern verleihen Auguste eine Persönlichkeit, die sie weit mehr als nur ein Tier erscheinen lässt.
Ein Kampf um Leben und Braten
Während die Kinder die Gans immer mehr ins Herz schließen, bleibt Luitpold Löwenhaupt bei seinem ursprünglichen Plan. Für ihn ist die Gans nach wie vor ein Weihnachtsbraten, nicht mehr und nicht weniger. Doch die Situation spitzt sich zu, als die Kinder sich mit aller Macht gegen die Schlachtung stellen.
Die Märchenhaftigkeit der Geschichte zeigt sich besonders in den humorvollen und dramatischen Momenten. In einer Szene, in der Auguste sich erneut zur Wehr setzt, macht sie klar, dass sie ihren Platz in der Familie behalten möchte: „Denkste, ich bin so dumm und lass mir den Hals umdrehn?“
Die Kinder, allen voran Peterle, kämpfen mit emotionaler Entschlossenheit um das Leben der Gans. In einer Konfrontation mit dem Vater ruft Peterle aus: „Wenn du die Auguste isst, Papa, dann will ich nie wieder Fleisch essen! Und dann ist Weihnachten auch kein Fest mehr!“
Diese Worte lassen Luitpold Löwenhaupt zwar innehalten, doch er bleibt fest entschlossen, seinen Plan umzusetzen.
Ein Plan, der scheitert
Löwenhaupt versucht, die Situation mit einem Trick zu lösen. Er kommt auf die Idee, Auguste mit dem Beruhigungsmittel Veronal einzuschläfern. Der Plan scheint zunächst zu funktionieren: Die Gans wird betäubt, und Löwenhaupt beginnt, sie für die Zubereitung vorzubereiten. Sie wird sogar bereits gerupft.
Doch dann geschieht das Unerwartete: Auguste erwacht plötzlich wieder zum Leben. In diesem Moment wird allen klar, dass es unmöglich ist, sie noch zu töten. Der Vater erkennt, dass die Gans mittlerweile ein fester Bestandteil der Familie ist und ein Leben ohne sie nicht mehr vorstellbar ist.
Ein glückliches Ende für Auguste
Von diesem Moment an steht eine Schlachtung nicht mehr zur Debatte. Auguste darf dauerhaft bei der Familie bleiben, doch es gibt ein Problem: Da sie bereits gerupft wurde, fehlt ihr der natürliche Schutz vor der Kälte. Kurzerhand bekommt sie speziell angefertigte Strickpullover, die sie warmhalten.
Auguste ist nun endgültig ein vollwertiges Familienmitglied. Ihre Rettung wird zum Symbol für den Zusammenhalt der Familie und den wahren Geist von Weihnachten – Mitgefühl und Liebe.
Die Weihnachtsgans Auguste - der Film
Die DEFA-Verfilmung „Die Weihnachtsgans Auguste“, produziert im Studio Babelsberg, wurde am Heiligabend 1988im Fernsehen der DDR erstmals ausgestrahlt und gilt bis heute als die bekannteste und liebevollste Adaption der Geschichte. Gedreht wurde unter anderem an bekannten Schauplätzen in Dresden, darunter die Semperoper, der Striezelmarkt und die Augustusbrücke, sowie in Obercunnersdorf und Wehrsdorf in der Oberlausitz.
Der Film bleibt der literarischen Vorlage treu und konzentriert sich auf die humorvolle Dynamik zwischen den Kindern und ihrem Vater. Dabei steht die eigenwillige und sprechende Gans Gustje im Mittelpunkt, die mit ihrer Persönlichkeit den Zauber der Weihnachtszeit verkörpert.
Neben der DEFA-Produktion wurde „Die Weihnachtsgans Auguste“ in verschiedenen Formaten adaptiert, darunter als Hörspiel (1959), als erster Film unter dem Titel „Peterle und die Weihnachtsgans Auguste“ (1964), als Fernsehspiel(1979), als Puppentrickfilm (1985) sowie in zahlreichen Theaterstücken.
Die DEFA-Verfilmung ist jedoch bis heute die beliebteste Umsetzung. Sie begeistert durch ihre liebevolle Inszenierung und ihren charmanten Humor, der den Kern der Erzählung einfängt und die zeitlose Botschaft von Mitgefühl, Familie und dem wahren Geist von Weihnachten vermittelt.
Topnews
Ein Geburtstagskind im November: Astrid Lindgren
Geburtstagskind im Oktober: Benno Pludra zum 100. Geburtstag
Das Geburtstagskind im September: Roald Dahl – Der Kinderschreck mit Engelszunge
Ein Geburtstagskind im August: Johann Wolfgang von Goethe
Hans Fallada – Chronist der kleinen Leute und der inneren Kämpfe
Ein Geburtstagskind im Juni: Bertha von Suttner – Die Unbequeme mit der Feder
Ein Geburtstagskind im Mai: Johannes R. Becher
Ein Geburtstagskind im April: Stefan Heym
Ein Geburtstagskind im März: Christa Wolf
Bertolt Brecht – Geburtstagskind im Februar: Ein literarisches Monument, das bleibt
Wie Banksy die Kunst rettete – Ein überraschender Blick auf die Kunstgeschichte
Ein Geburtstagskind im Januar: Franz Fühmann
Zauberberg 2 von Heinz Strunk
100 Jahre „Der Zauberberg“ - Was Leser heute daraus mitnehmen können
Oschmann: Der Osten: Eine westdeutsche Erfindung“ – Umstrittene russische Übersetzung
Überraschung: Autorin Han Kang hat den Literaturnobelpreis 2024 gewonnen
PEN Berlin: Große Gesprächsreihe vor den Landtagswahlen im Osten
„Freiheitsschock“ von Ilko-Sascha Kowalczuk
Precht: Das Jahrhundert der Toleranz
Geschenktipp zu Weihnachten: Otfried Preußlers Die kleine Hexe
Zwischen Vers und Verwandlung – Fitzebutze als poetische Kindheitsform
Wie der Grinch Weihnachten gestohlen hat von Dr. Seuss
So ein Struwwelpeter von Hansgeorg Stengel & Karl Schrader
Elizabeth Shaw: Der kleine Angsthase
Weihnachten in Bullerbü– Astrid Lindgrens Bullerbü als Bilderbuch
Jostein Gaarders: Das Weihnachtsgeheimnis
Briefe vom Weihnachtsmann von J. R. R. Tolkien
Astrid Lindgrens „Tomte Tummetott“ – Ein Weihnachtsbuch ohne Lametta
Pettersson kriegt Weihnachtsbesuch von Sven Nordqvist
Rabimmel Rabammel Rabum – St. Martin und Laternenfest
Benno Plura: Bootsmann auf der Scholle
Zauberland entdecken – Lesen mit viel Fantasie
Karibu Verlag und Plan International Deutschland: Ein gemeinsames Buchprojekt zur kulturellen Vielfalt
Nussknacker und Mausekönig von E.T.A. Hoffmann
Aktuelles
Die Illusion der Sicherheit – wie westliche Romane den Frieden erzählen, den es nie gab
Beim Puppendoktor – Ein Bilderbuch über das Kind und sein Spiel
Denis Scheck über Fitzek, Gewalt und die Suche nach Literatur im Maschinenraum der Bestseller
Die Frauen von Ballymore von Lucinda Riley- Irland, eine verbotene Liebe und ein Geheimnis, das nachhallt
Katrin Pointner: Willst du Liebe
Geschenktipp zu Weihnachten: Otfried Preußlers Die kleine Hexe
Zwischen Fenster und Flug – Nikola Huppertz’ Gebrannte Mandeln für Grisou
Die stille Heldin von Hera Lind – Eine Mutter hält die Welt zusammen
Winnetou: Die besten Karl-May-Bände
Kiss Me Now von Stella Tack – Prinzessin, Personenschutz, Gefühlsernst
Kiss Me Twice von Stella Tack – Royal Romance mit Sicherheitsprotokoll
Literatur zum Hören: Was die BookBeat-Charts 2025 über Lesegewohnheiten verraten
László Krasznahorkais neuer Roman „Zsömle ist weg“
Zwischen Vers und Verwandlung – Fitzebutze als poetische Kindheitsform
Kiss Me Once von Stella Tack – Campus, Chaos, Bodyguard: eine Liebesgeschichte mit Sicherheitslücke
Rezensionen
Die ewigen Toten von Simon Beckett – London, Staub, Stille: Ein Krankenhaus als Leichenschrein
Totenfang von Simon Beckett – Gezeiten, Schlick, Schuld: Wenn das Meer Geheimnisse wieder ausspuckt
Verwesung von Simon Beckett – Dartmoor, ein alter Fall und die Schuld, die nicht verwest
Leichenblässe von Simon Beckett – Wenn die Toten reden und die Lebenden endlich zuhören
Kalte Asche von Simon Beckett – Eine Insel, ein Sturm, ein Körper, der zu schnell zu Staub wurde
Die Chemie des Todes von Simon Beckett– Wenn Stille lauter ist als ein Schrei
Knochenkälte von Simon Beckett – Winter, Stille, ein Skelett in den Wurzeln
Biss zum Ende der Nacht von Stephenie Meyer – Hochzeit, Blut, Gesetz: Der Schlussakkord mit Risiken und Nebenwirkungen
Das gute Übel. Samanta Schweblins Erzählband als Zustand der Schwebe
Biss zum Abendrot von Stephenie Meyer – Heiratsantrag, Vampirarmee, Gewitter über Forks