Südwestrundfunk Julia Schoch mit "Das Liebespaar des Jahrhunderts" auf Platz 1 der SWR-Bestenliste

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Der Roman "Das Liebespaar des Jahrhunderts. Biographie einer Frau" der deutschen Autorin Julia Schoch steht in diesem Monat auf Platz 1 der SWR Bestenliste. Auf Platz 2 wählte die Jury Tonio Schachingers Roman "Echtzeitalter"; Esther Kinsky schafft es mit "Weiter Sehen" auf Platz 3.

Julia Schoch steht mit dem zweiten Teil ihrer Trilogie "Das Liebespaar des Jahrhunderts" in diesem Monat auf Platz 1 der SWR-Bestenliste. Bild: SWR/Ute Bergmann

Mit dem zweiten Teil ihrer "Die Biographie einer Frau"-Trilogie, dem Roman "Das Liebespaar des Jahrhunderts", steht die Autorin Julia Schoch in diesem Monat auf Platz 1 der SWR-Bestenliste. Im ersten Teil der Trilogie ("Das Vorkommnis") schrieb Schoch über eine seltsame, alles umwerfende Begegnung: Eine Autorin liest darin aus ihrem neuen Roman. Nach der Veranstaltung tritt eine Frau an den Signiertisch und sagt: "Wir haben übrigens denselben Vater." Mit dieser Begegnung ändert sich sich Leben der Autorin schlagartig.

Auch der zweite Teil der Trilogie beginnt mit einem schlagenden Auftakt: "Im Grunde ist es ganz einfach: Ich verlasse dich." Der Titel, "Das Liebespaar des Jahrhunderts", deutet dabei einen verschütt gegangenen Idee an, eine Illusion, die von der Realität übermannt wurde. Schoch rekonstruiert anschließend eine Liebesgeschichte in sämtlichen Färbungen, Das Kennenlernen an einer Universität in Ostdeutschland unmittelbar nach dem Mauerfall, die anfängliche Versprechen, die man sich gegenseitig sowie jede Partei für sich selbst gemacht hatte: Freiheit, Leichtigkeit, Feiern, Auslandsaufenthalt, Familiengründung.

Doch die anfängliche Nähe schlägt bald in Distanzierung um, wird zunehmend Entfremdung. Am Ende dieser Liebesgeschichte blickt die Protagonistin auf 31 Jahre schleichender Verwandlung zurück; die unter anderem mit der Anschaffung von vier Küchen einherging. Ein Roman, der zeigt, wie weit die Sprache über das hinausgehen kann, was man Erinnerung nennt.

Platz 2: Tonio Schachinger mit "Echtzeitalter"

Tonio Schachinger erzählt in "Echtzeitalter" von einem Jugendlichen, der sich in seinem Umfeld fremd fühlt und dennoch seinen Weg findet. Der Roman bildet neun Jahre ab und endet in der Zeit der Corona-Pandemie. Protagonist ist der Schüler Till, der die hochkonservative Schule "Marianum", quasi ein von hohen Mauern umgebenes Schloss, in Wien besucht. Sein Klassenlehrer ist der ebenso hochkonservative Dolinar, der, eine wahre stärke des Romans, hier nicht einfach abgetan, sondern in all seinen Ambivalenzen gezeigt wird. Als Tills Vater an Krebs stirbt, stürzt sich der Junge in die Welt des Strategiespiels "Age of Empire 2", und wird, abgeschottet von der Außenwelt, zu einem der besten Spieler der Welt. Eine Entwicklungsroman, der zeigt, wie nahe Eskapismus und Kompensation bei einander liegen, ohne vorschnell zu urteilen.

Platz 3: Esther Kinsky mit "Weiter Sehen"

In Esther Kinskys neuem Prosawerk trifft die Erzählerin zunächst auf eine Frau, die vor dem Krieg aus Jugoslawien geflohen ist. Sie erzählt von einer Landschaft ohne Hügel; eine "märchenhaft anmutende Flachheit", die Kinsky, die ohnehin an Erhebung, Vertiefung und Verzweigung der Landschaft als soziologisches, politisches und kulturelles Motiv interessiert ist, dazu veranlasst, in die Pannonische Tiefebene zu fahren. Ein staubiges Grenzgebiet, das sich über Ungarn, Österreich, die Slowakei, Slowenien, Rumänien, Serbien, Kroatien und die Ukraine erstreckt. Dabei erkundet die Erzählerin eine "Landschaft der Leere", die eine Natur hergibt, die ebenso eindrucksvoll wie eintönig daherkommt. Von dort aus entwickelt sich eine Geschichte über das Kino (die Erzählerin kauft ein verwittertes Lichtspielhaus), womit sich Landschaftsbeschreibung und Kulturgeschichte über die Person selbst verbinden.

SWR Bestenliste: Plätze 4 bis 10

  • Platz 4 - J.M. Coetzee mit "Der Pole"
  • Platz 5 - Nell Zink mit "Avalon"
  • Platz 6 - Egon Bonde mit "Die ersten zehn Jahre"
  • Platz 7 - Ralph Tharayil mit "Nimm die Alpen weg"
  • Platz 8 - Don Mee Choi mit "DMZ Kolonie"
  • Platz 9 - Toni Morrison mit "Rezitativ"
  • Platz 10 - Joy William mit "Stories"

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