Ballermann-Songs als "Layla"-Ersatz Heinz Strunk: Geschrieben in 100 Sekunden

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Der umstrittene Ballermann-Song "Layla" ist zum Sommerhit 2022 gekürt, und die Feinsinnigkeit der Dichter und Denker somit ein weiteres Mal unter Beweis gestellt worden. Grund des enormen Erfolgs - mehr als 60 Millionen Streams - war eine Debatte um sexistische Textpassagen gewesen, in deren Folge "Layla" von einigen Festen und Veranstaltungen verbannt wurde. Um das Kulturgut "Saufsong" zu retten, hatte das "Zeitmagazin" Schriftsteller darum gebeten, neue Ballermann-Songs zu schreiben. Einer der Einreichenden war der Hamburger Autor Heinz Strunk.

Als scharfsinniger Beobachter der Gegenwart weiß Heinz Strunk natürlich ganz genau, wie man den deutschen Mittelschicht-Bodensatz abholt. Schließlich besteht Strunks eigene Arbeit zu einem nicht unerheblichen Teil darin, dem einfachen, abgegriffenen Leben auf den Zahn zu fühlen und ihm tragisch bis romantische Tiefe zu entlocken. Mit Säufern kennt er sich auch aus. Perfekte Voraussetzungen also, um ein ironisch-überspitzen Ballerman-Hit im Kontext der "Layla"-Debatte zu schreiben. Da Musik allein für ein solches Vorhaben aber zu wenig Event wäre, musste gleich ein Video her: "Breit in 100 Sekunden" lautet der Titel des Songs, in dem "Durst" und "Liebe" gleichrangige Gefühle sind, und der "Nüchterne" sich "schuldig" macht.

Hintergrund

Nachdem der Song "Layla" durch sämtliche Medien gepeitscht und dadurch zunehmend aufgebauscht wurde, hatte das "Zeitmagazin" den fabelhaften Einfall, Schriftsteller um einen neuen Ballermann-Schlager zu bitten. Mitgemacht haben neben Heinz Strunk auch Wladimir Kaminer, der seinen Schlager "Toxische Männerwelt" genannt hat, Mirna Funk mit "Egal wie grell", Jan Weiler mit "Polizei-Song (Tatüüüütataaaa)" und Carla Kaspari mit "Gurke, Döner, Doppelreime".

In Strunks Mallorca-Song heißt es: "Sei, wie du bist, aber sprich nicht drüber. Trink jetzt aus, bevor der Schaum hart wird. Airbag ist kein Schmusekissen. Das Auge sieht es, doch das Herz muss es glauben. Stark am Glas, aber schwach an der Blase. Brust raus, unten gerade, schenk ein, das Ding."

Heinz Strunk

Heinz Strunk ist Schriftsteller, Musiker, Satiriker und Schauspieler. Zusammen mit Jacques Palmier und Rocco Schamoni gründete er Ende der 1990er Jahre das Trio "Studio Braun". Seit 2007 tritt das Trio als Band unter dem Namen "Fraktus" auf. 2004 erschien mit dem autobiografischen Roman "Fleisch ist mein Gemüse" Strunks literarisches Debüt. Von 2012 bis 2021 schrieb er die monatliche erschienene Kolumne "Das Strunk-Prinzip" für das Satiremagazin "Titanic". 2016 erschien der Roman "Der goldene Handschuh", der für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert war. Auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2021 stand Strunk ebenfalls mit dem Buch "Es ist immer so schön mit dir". Zuletzt erschienen ist der Roman "Ein Sommer in Niendorf".


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