ARD titel, thesen, temperamente: Lale Güls Roman "Ich werde leben"

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In der kommenden Ausgabe "ttt - titel, thesen, temperamente" geht es unter anderem um den Debütroman der 25-jährigen Niederländerin Lale Gül, der am Monat bei Suhrkamp auf Deutsch erscheint. "Ich werde leben" eroberte nicht nur in Windeseile die Bestsellerliste, sondern löste darüber hinaus eine landesweite Debatte über Integration, Islamophobie und Parallelwelten aus. Ein bewegendes, radikales Buch, das nicht zuletzt von der emanzipatorischen Kraft der Literatur zeugt.

In der kommenden Ausgabe "ttt - titel, thesen, temperamente" geht es unter anderem um den fulminanten Debütroman "Ich werde leben" der niederländischen Autorin Lale Gül. Bild: WDR/Linda Meiers

Am kommenden Sonntag (10. April 2022) geht es in "ttt" unter anderem um den demnächst auf Deutsch erscheinen Roman "Ich werde leben" der niederländischen Autorin Lale Gül. Die Veröffentlichung des Buches löste eine heftige Debatte aus. Gül schreibt in ihrem autobiografischen Roman von dem Wunsch auf ein selbstbestimmtes Leben. und von den kulturellen Grenzen, die sie dafür überwinden musste. Die Autorin wurde 1997 in Amsterdam als Tochter türkischer Einwanderer geboren, und wuchs in einem ultrakonservativen muslimischen Milieu auf. Die Migranten bleiben unter sich, suchen keinen Kontakt nach außen. Es ist ein auch Buch, dass sie die befreiende Kraft der Literatur hochhält.

Im Mittelpunkt steht die Ich-Erzählerin Büsra. Wie alle Kinder ihrer Umgebung geht sie in die Koranschule der Millî-Görüş-Vereinigung, wo sie sich einem strengen Reglement zu unterwerfen hat. Hier lernt sie, eine anständige Ehefrau zu werden. Im Namen des Glaubens wird ihr alles verboten, wonach sie sich sehnt, was ihr Spaß macht. "Leben, Musik hören, ausgehen, an den Strand gehen, Beziehungen, Sex, Freunde, frei seine Meinung sagen, alles denken dürfen und alles bezweifeln – all das war verboten."

Literatur als Auflehnung

Lale Gül begann ihr Buch als Tagebuch. "Tagebuch einer Abtrünnigen", sollte es ursprünglich heißen. Sie wollte die Unterdrückung eines jungen Mädchens zeigen, das, von Frust zerfressen, aus einem ideologischen Käfig heraus auf die Versprechungen der westlichen Welt blickte. "Ich wollte meinen ganzen Frust aufschreiben, damit andere Menschen ihn begreifen. In meinem persönlichen Umfeld gab es keinen, der dafür Verständnis hatte."

Nach der Veröffentlichung des Buches im Februar 2021 brach ein Sturm der Entrüstung los. In sämtlichen Sozialen Netzwerken wurde Gül beschimpft und bedroht, auf der Straße bespuckte man sie, Freunde, Familie und Bekannte setzten sie zunehmend unter Druck. Sie selbst habe die Wirkung unterschätzt und die Verständnisbereitschaft überschätzt. Ihre Mutter drohte mit Selbstmord, ihr Vater nannte sie "Nestbeschmutzerin". Aus den privaten Zerwürfnissen wurde bald eine öffentliche Debatte über bestehende Parallelwelten und gescheiterter Integration. Die seit Jahren bestehende Spannung zwischen radikalem Islamismus und rechtspopulistischer Islamophobie kochte ein weiteres Mal hoch. Gül fand sich plötzlich zwischen den Fronten wieder.

Bald wurde der "Fall" Lale Gül zu einer nationalen Angelegenheit. Die Autorin hielt sich zurück, versteckte sich. Politiker, Intellektuelle und Publizisten setzten sich für sie ein. Man sah in Gül so etwas wie die Galionsfigur einer emanzipatorischen Bewegung, eine Freiheitsliebende, die die Stricke und Stränge der Restriktion durchschlägt. Immer wieder hat sich die 25-Jährige erklären müssen, ihr Buch war zu einem Politikum geworden. Die Arbeiterpartei warf ihr sogar vor, das Buch mit Absicht geschrieben zu haben, um den Rechtsextremen den Wahlsieg zu bescheren. "Was für ein Schwachsinn!", sagt Gül.

Weitere Themen der kommenden Ausgabe

  • 40 Jahre "Tote Hosen": Die Band erzählt die Geschichten einer Freundschaft
  • Gefeiertes Multitalent: Die Schauspielerin, Comedienne und Sängerin Meltem Kaptan
  • Herausragende Kunst: Der Designer Isamu Noguchi wird mit einer großen Ausstellung in Köln geehrt.

"ttt - titel, thesen, temperamente" am Sonntag, 10. Aprill 2022 um 23:35 im WDR. In der ARD-Mediathek am Sendetag bereits ab 18:00 Uhr abrufbar.


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