Mit „Aufruhr in Dunkelion“ schließt Markus Heitz seine Traumgänger-Trilogie ab – und zwar so, wie man es sich für ein Finale nur wünschen kann: kein bloßes Abbinden loser Enden, keine dröhnende Abrechnung, sondern ein kompaktes, klug getaktetes Abenteuer, das das Fundament der Trilogie noch einmal aufrüttelt.
Die Frage, was passiert, wenn Träume kippen, Albträume überhandnehmen und die Grenzen zur Realität endgültig verschwimmen, durchzieht diesen dritten Band mit wachsender Dringlichkeit. Es ist, als wäre der Sand in der Traumkugel nun fast aufgebraucht – Zeit zu handeln.
Worum geht´s in Die Traumgänger – Aufruhr in Dunkelion
Finn sitzt noch immer im Rollstuhl – äußerlich unverändert, innerlich längst ein erfahrener Traumgänger. Gemeinsam mit Sanja und Linus stellt er sich dem bislang größten Wagnis: dem direkten Weg nach Dunkelion, dem Reich des Albtraumherrschers Mrak. Und wie es sich für einen Herrscher gehört, hat dieser seine Pläne weitergedacht: Statt punktueller Angriffe droht nun die komplette Übernahme. Die Traummaschine steht kurz vor dem Kollaps, die Grenzen zwischen den Welten sind instabil, finstere Gestalten sickern bereits in die Realität.
Sanja ist überzeugt: Nur in Deseo, dem Ursprung der Traumordnung, liegen die Schlüssel zur Rettung – und in den rätselhaften Botschaften ihrer verschollenen Eltern. Was bisher als Abenteuer begann, wird nun zur existenziellen Mission. Unterstützung kommt in Form der exzentrischen Tante Extrana, Expertin für Spuk, Stil und spontane Strategien.
Parallel kämpft der Professor – inzwischen ein Ankerpunkt im Realraum – darum, die Maschine zu stabilisieren, bevor auch Buchstrand von Albtraumwesen überrannt wird.
Was folgt, ist ein Wettlauf gegen die Zeit, gegen das Vergessen – und gegen Mrak.
Einschätzung von Die Traumgänger – Aufruhr in Dunkelion
„Aufruhr in Dunkelion“ ist mit Abstand der temporeichste Band der Reihe. Der Plot verdichtet sich, die Konflikte sind klar umrissen, das Szenario ist düster, ohne den Zielrahmen zu sprengen. Der Grusel bleibt dosiert, aber wirkungsvoll: Der Gedanke, dass Schlaf nicht mehr sicher ist, reicht in Kinderzimmern völlig aus.
Finn bleibt die erzählerische Konstante – und zugleich eine Figur, die sich nicht auf ihre Gabe reduzieren lässt. Dass er in der Traumwelt wieder laufen kann, ist nie bloß Eskapismus, sondern Ausdruck eines inneren Gleichgewichts, das zwischen Mut und Zweifel, Hoffnung und Realität oszilliert. Linus bringt dabei jene Bodenhaftung ein, die nötig ist, um die Geschichte nicht abheben zu lassen, während Sanja mit ihren Ecken und Lücken, ihrer Coolness und ihrem Eigensinn als das bleibt, was sie von Anfang an war: das überraschende Zentrum der Handlung.
Heitz gelingt es, dem Finale jene emotionale Tiefe zu geben, die ein gutes Ende braucht. Es wird nicht übererklärt, nicht überdramatisiert – aber der Einsatz ist spürbar. Das letzte Kapitel bringt keine endgültige Auflösung, aber ein leises Echo dessen, was die Trilogie ausgemacht hat: Träume sind nicht nur Flucht, sondern Möglichkeit.
Die Illustrationen von Isabeau Backhaus begleiten diesen dritten Band mit besonderem Nachdruck. Mrak glotzt, wie es sich für einen Albtraum gehört – zwischen Ekel, Macht und Schatten. Und auch Tante Extrana bekommt ihren grafischen Auftritt, der irgendwo zwischen Mary Poppins und Wednesday Addams pendelt.
Hörbuch: Die Traumgänger – Aufruhr in Dunkelion
Wieder gesprochen von Simon Jäger, der auch hier den richtigen Ton trifft – weder überzogen noch flach, sondern lebendig, erzählerisch souverän und mit einem feinen Gespür für Pausen und Pointen. Seine Stimme begleitet die Geschichte, ohne sie zu dominieren. Ein echtes Bonus-Erlebnis für alle, die lieber hören als lesen – oder beides.
Lohnt sich Die Traumgänger – Aufruhr in Dunkelion zu lesen?
„Aufruhr in Dunkelion“ ist ein gelungener Abschluss einer Reihe, die konsequent auf Augenhöhe mit ihrer jungen Zielgruppe erzählt. Sie nimmt Träume ernst – als Räume, in denen man fallen, aber auch wachsen kann. Finn, Sanja und Linus bleiben keine Projektionsflächen, sondern entwickeln eigene Linien. Und am Ende steht kein Paukenschlag, sondern ein wohlgesetzter Ton: Es war vielleicht ein Traum – aber einer, den man behalten sollte.
Markus Heitz, Gulliver / Beltz & Gelberg, mit Illustrationen von Isabeau Backhaus