Die Suche nach den Gefühlen Seite 2

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Ich spüre sofort, dass du nicht mehr neben mir liegst. Ein Schreck durchfährt mich und ich schlage die Augen auf. Panisch schaue ich mich um. Du lehnst mit verschränkten Armen an der steinigen Wand. "Können wir los?" Ich seufze als Antwort. "Ich möchte mich nicht erklären." Deine Stirn wird zu einer Faltenlandschaft. "Das brauchst du auch nicht." Du stösst dich von der Wand ab und schlenderst auf mich zu. "Diese Umgebung", du breitest deine Arme aus und deutest auf die umliegende Dunkelheit "ist mir durchaus vertraut." Ich kann spüren, wie sich eine lähmende Unruhe in mir breit macht. Dein erwartungsvoller Blick ruht auf mir, während ich mich wortlos von dir abwende. Ich schlafe ein.

Deine Stimme ist schneidend scharf und lässt keine Widerworte zu. "Du trinkst jetzt!" Ich setze mich auf, greife nach dem Glas, das du mir hinstreckst und nehme einen Schluck. Meine Kehle schmerzt. Zufrieden und voller Tatendrang erhebst du dich und deutest auf die Treppe an der Wand. "Können wir?" Panik macht sich in mir breit. Die Treppe ist mir bisher nicht aufgefallen. "Wie hast du das gemacht? Du veränderst meine Umgebung!", entgegne ich vorwurfsvoll. Verwirrt schaust du zum Aufgang. "Die Stufen waren von Anfang an da. Du wolltest sie bloss nicht sehen." Die innere Unruhe erfüllt mittlerweile meinen ganzen Körper und ich beginne zu zittern. "Nein!", sage ich bestimmt und lege mich zurück auf den Boden. Es dauert eine ganze Weile, bis ich wieder einschlafe.

Als ich aufwache, ruht dein Kopf auf meinem Bauch. Vorsichtig fahre ich mit meinen Händen durch dein blondes Haar. Dir entfährt ein wohliges Brummen. "Hier unten gefällt es mir nicht", murmelst du mit geschlossenen Augen. "Ich weiss", sage ich tonlos und deute zur Treppe. "Du kannst jederzeit gehen. Das wäre für alle das Beste." Du hebst leicht den Kopf und siehst mich herausfordernd an. "Und wer bist du, dass du dieses absolute Wissen innehast?" Ein eisiges Schweigen breitet sich zwischen uns aus. Wir liefern uns ein eisernes Blickduell. Ich gebe auf und schaue weg. Du legst deinen Kopf zurück auf meinen Bauch, nimmst meine Hand und legst sie ganz selbstverständlich zurück auf deinen Kopf. Ich setze das Kraulen fort. Wir schlafen ein.



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