Wenn sich politische Institutionen als marode erweisen, müssen die Bürger den Dialog selbst übernehmen. Am Rande: Ohnmacht meint " vorübergehende Bewusstlosigkeit".
"Der Fall Maaßen zeigt eines: Die Politik kümmert sich nur noch um sich selbst, um den Erhalt eines Systems, das für Außenstehende wie ein Biotop wirkt." Das sagt der Autor des Buches "Mission Verantwortung" Bernd Kiesewetter. Er fordert: "Die Bürger müssen den Dialog selbst in die Hand nehmen, denn die Politik erweist sich als unfähig." Damit meint Kiesewetter nicht explizit die Person des Verfassungsschutzpräsidenten - ob er eine Beförderung verdient habe oder nicht sei dem Bürger im Grunde völlig gleichgültig - es gehe vielmehr um das Große und Ganze, dessen Symptome sich eben innerhalb solcher Debatten bemerkbar machen: Digitalisierung, Mieten, Rente, das Wohlstandsgefälle und tausende Gesetze zulasten der Bürger und der Unternehmen wie beispielsweise die DSGVO und das neue Urheberschutzgesetz - all das gehe weitgehend an der Realität und den Notwendigkeiten vorbei. Er sei weder links noch rechts, er sei auch kein verzagter Nörgler, sondern einfach Unternehmer, erklärt Bernd Kiesewetter, der nicht nur Autor und Business-Coach ist, sondern sich auch an verschiedenen Firmen beteiligt. "Wir brauchen mehr Gespräche der Menschen untereinander, denn die Menschen selbst verstehen sich besser als die Akteure in Institutionen".
Am kommenden Donnerstag wird Kiesewetter sein Buch "Mission Verantwortung - Weil Erfolg Deine Entscheidung ist" in Berlin vorstellen. Mit seinem Buch möchte er eine Aktion starten, die den Versuch unternimmt, sich feindseelig gegenüerstehende Menschen an einen Tisch zu bringen. "Die Politik und die Lobbygruppen forcieren die Spaltung: Mieter gegen Hauseigentümer, Arbeitgeber gegen Arbeitnehmer, Deutsche gegen Ausländer, Unternehmer gegen Angestellte. Die unterschiedlichen Interessen würden mehr gewürdigt und das gegenseitige Verständnis wäre viel größer, wenn die Menschen selbst mehr miteinander redeten, statt das Reden den Politikern oder Lobbygruppen zu überlassen", macht Kiesewetter seinen Standpunkt deutlich und fragt: "Wer weiß denn wirklich um die Probleme der vermeintlich anderen Seite?"
Keine Politik ist auch keine Lösung
Ein scheinbar verloren gegangener Dialog soll damit wieder stattfinden können, vorausgesetzt, die sich antagonistisch gegenüberstehenden Positionen sind interessiert an einem solchen. Die politischen, behördlichen und gesellschaftlichen Institutionen hätten sich jedenfalls längst als Transmissionsriemen der Interessen als unfähig erwiesen, so Kiesewetter. Er spricht von einer "künstlichen Ausgrenzung" der Bürger vonseiten der Politik. Die Zeit der kollektiven Lösungen sei vorbei, in einer Welt, die in so vielen Punkten wesentlich komplexer geworden ist.
Es scheint fast so, als könne man bereits jetzt, im Jahre 2018, von einem Scheitern der Politik im digitalen Raum sprechen. Zu wenig Vorbereitungen wurde getroffen, man hatte die Macht der medialen Zerstreung nicht auf den Plan und daran geglaubt, das Von-einem-Rednerpult-hinunterdiktieren wäre ein solides und zeitloses Konzept. Nun scheint es so, als würde jeder Satz, jedes einzelne Wort zerstückelt, neu gefüllt und anschließend ideologisch besetzt werden. Man verliert den Überblick, hat keinen Anspruch mehr auf die eigenen Inhalte. Das Prinzip der Appropriation (Aneignung) ist somit vollends im politischen Raum angekommen und weicht diesen allmählich auf.
Ein Diskurs unter Bürgern, wie ihn Kiesewetter forciert, wäre zweifellos wünschenwert (vielleicht aber auch eine naive Utopie). Wenn dann aber bitte ein Diskurs, der sich die Frage nach den Möglichkeiten neuer, zeitgemäßer politischer Modelle stellt, keiner der gegenseitigen Leidensklagereien. Denn das Attestieren der eigenen misslichen Lage ist nichts weiter, als eine Anklage im neuen Gewand. Es sollte nicht der Eindruck entstehen (und ein klein wenig wird dieser rund um Kiesewetters "Mission" geweckt) wir könnten auf politische Modelle jeglicher Art verzichten und bekommen das schon selbst in den Griff. Bekommen wir nicht, ganz sicher.
Bernd Kiesewetter, Mission Verantwortung - Weil Erfolg deine Entscheidung ist, BuisnessVillage Verlag, 2018, 240 Seiten, 24,95 €
Topnews
Ein Geburtstagskind im April: Stefan Heym
Ein Geburtstagskind im März: Christa Wolf
Bertolt Brecht – Geburtstagskind im Februar: Ein literarisches Monument, das bleibt
Wie Banksy die Kunst rettete – Ein überraschender Blick auf die Kunstgeschichte
Ein Geburtstagskind im Januar: Franz Fühmann
Zauberberg 2 von Heinz Strunk
100 Jahre „Der Zauberberg“ - Was Leser heute daraus mitnehmen können
Oschmann: Der Osten: Eine westdeutsche Erfindung“ – Umstrittene russische Übersetzung
Überraschung: Autorin Han Kang hat den Literaturnobelpreis 2024 gewonnen
PEN Berlin: Große Gesprächsreihe vor den Landtagswahlen im Osten
„Freiheitsschock“ von Ilko-Sascha Kowalczuk
Precht: Das Jahrhundert der Toleranz
Jenny Erpenbeck gewinnt Internationalen Booker-Preis 2024
Karl Ove Knausgård: Das dritte Königreich
Romanverfilmung "Sonne und Beton" knackt Besuchermillionen
Asterix - Im Reich der Mitte
Rassismus in Schullektüre: Ulmer Lehrerin schmeißt hin
14 Nominierungen für die Literaturverfilmung "Im Westen nichts Neues"
"Die Chemie des Todes" - Simon Becketts Bestsellerreihe startet bei Paramount+
Precht bei Maischberger: Radikale Ansichten?
"Der größte Crash aller Zeiten": Eine dystopische Wirtschaftsprognose
Richard David Precht über fehlende Verbote in der Politik
"Kreativiert Euch!"
Sylvester Stallone veröffentlicht seine Memoiren
Trump: The Art of the Deal – Ein Blick auf das Kultbuch von US-Präsident Donald Trump und seine Philosophie des Erfolgs
Katja Lange-Müller: "Unser Ole" zu Gast bei Denis Scheck in Druckfrisch
„Kästner, Kraftwerk, Cock Sparrer“ von Campino – Eine Liebeserklärung an die Gebrauchslyrik
Markus Thielemann: "Von Norden rollt ein Donner”
„Freiheitsschock“ von Ilko-Sascha Kowalczuk
Nachhaltigkeitsdebatten im Deutschunterricht – Politischer Missbrauch oder pädagogischer Fortschritt?
Politikthriller "The Gray Man" startet am 14. Juli in den Kinos
Richard David Precht: Soziales Pflichtjahr "wird unserer Gesellschaft viel Gutes tun"
Klaus von Dohnanyi: Was steht für Deutschland auf dem Spiel?
Leipziger Buchmesse: Claudia Roth und Michael Kretschmer laden zum "Zukunftsgespräch"
Aktuelles
Der Grüffelo kehrt zurück – mit Maus, Mut und einem neuen Monsterabenteuer
