Neuer Tag, neues Ziel.
Hier sind wir ja wieder. Vor der Schreibmaschine, würde ich schon fast sagen, aber diese tollen Geräte sind ja mittlerweile leider etwas aus der Mode gekommen. Wieder einmal habe ich keine Ahnung, worüber ich schreiben soll. Also schreibe ich einfach, frei nach dem Motto: „Ich schreibe – also bin ich.“
Sein oder nicht sein – damit hat sich schon Shakespeare weit vor meiner Zeit beschäftigt. Im Moment weiß ich nichts mit mir anzufangen. Alles, was mir einmal Spaß gemacht hat, fühlt sich an wie ein lappiges Toastbrot – geschmacklos und unappetitlich – im übertragenen Sinne. „Nicht
sein“ wäre mir dementsprechend gerade etwas lieber, so müsste ich mich nicht damit befassen. Also schreibe ich einfach, damit ich nicht komplett herausfalle, mit dem Ziel, jede Woche einen einigermaßen sinnvollen Text hervorzubringen. Am Ende des Jahres hätte ich, wenn ich jetzt beginne, 15 Texte. Und wie hoch ist bitte die Wahrscheinlichkeit, 15 schlechte Texte in Folge zu schreiben? 15... ich hätte irgendwie mit mehr gerechnet. Es fühlt sich an, als hätte das Jahr gerade erst begonnen, und schon ist September. Die Lebkuchenmänner warten schon im Lager von Kaufland und Lidl, um wieder frühzeitig ihre Regale zu beziehen...
Und so schnell schweift man ab. Wo waren die Gedanken während dieses kleinen Textabschnittes? Am Schreibtisch, im britischen Theater, im Brotregal und in mindestens zwei verschiedenen Supermärkten gleichzeitig. Und das alles in wenigen Sekunden. Es kann unmöglich gesund sein, sich an so vielen Orten gleichzeitig aufzuhalten. Dafür sind wir nicht gemacht. Man ist ein Mensch, der zu genau einer Zeit an genau einem Ort sein sollte. Also fokussieren wir uns: Wir sind genau jetzt genau hier und nirgends anders. Dieser Text teilt sich die ihm zustehende Aufmerksamkeit nur ungern mit so vielen anderen Dingen. Also atmen Sie kurz durch, nehmen Sie einen tiefen Atemzug. Und noch einen. Ihr Puls wird ruhiger, Ihr Fokus wird klarer. Okay... Das war jetzt ziemlich Liveguru-mäßig. Entschuldigung dafür. Aber jetzt sind wir so weit.
Fokus. Ein schönes Wort. Schön und schrecklich zugleich. Er ist die Macht, die uns an die Dinge fesselt, die wir gern tun, und der Fluch, der uns an das bindet, zu dem wir verpflichtet sind. Fokus – beim Schreiben überaus notwendig. Schreiben ist ein Spektrum. Es gibt Tage, da fragt man sich, ob sämtliche Grundbildung unnütz ist, weil man nicht in der Lage ist, drei passende Worte aneinanderzureihen. Dann gibt es Augenblicke, in denen man vor Begeisterung über die eigene Kunst strahlt und sich denkt: „Goethe wäre stolz auf mich.“ Heute ist ein Tag, an dem Ersteres der Fall ist. Der Fokus muss also vorab gezielt gesetzt werden, wenn er nicht von selbst kommt. Und so fängt alles an. Mit dem Fokus...
Herzdruckmassage. Ein Lebensretter in so manchen Situationen.
Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Sie wachen morgens auf und sind tot. Was Sie sehen, ist ein weißer Schleier. Ruhe. Nicht die Art von Ruhe, die einem das Blut in den Adern gefrieren lässt... nein, die Art von Ruhe, die man verspürt, wenn man auf einer Wiese liegt, den Blick gen Sternenhimmel gerichtet, die Atmung ruhig, der Puls sachte unter der Haut und der Kopf frei.
Dann... öffnen Sie schlagartig Ihre Augen. Es ist laut, hektisch, grelle Lichter flackern und Menschen eilen um Sie. Vorerst spüren Sie nichts. Es dauert eine Weile, bis Sie wieder zu sich kommen. Und dann ist da dieser stechende Schmerz. Sie können ihn nicht weiter ignorieren. Er