Fünf Debüts im Finale – Preisverleihung auf der Frankfurter Buchmesse
Wenn das ZDF zum 47. Mal den aspekte-Literaturpreis vergibt, richtet sich der Blick der literarischen Öffentlichkeit traditionell auf jene ersten Romane, die mehr sein wollen als der vielzitierte Anfang. Sie markieren eine Haltung, eine ästhetische Entscheidung, mitunter auch ein poetisches Programm. Die Finalistinnen und Finalisten des Jahrgangs 2025 bieten ein Panorama der Gegenwart, das inhaltlich wie stilistisch kaum heterogener sein könnte – und damit ziemlich genau den Nerv dieser Zeit trifft.
Die Finalisten: Wahnsinn, Wunden, Wirklichkeiten
Fünf Bücher haben es in die Endauswahl geschafft. Leon Engler (Botanik des Wahnsinns, DuMont) bringt einen Titel ins Rennen, der bereits im Namen auf das labile Verhältnis zwischen Natur und Bewusstsein verweist. Ozan Zakariya Keskinkılıç (Hundesohn, Suhrkamp) setzt sich mit Herkunft, Sprache und Zuschreibungen auseinander – ein Debüt, das bereits im Vorfeld für Debatten sorgte. Jehona Kicaj wagt mit ë (Wallstein) ein literarisches Experiment, das sich nicht nur typografisch, sondern auch sprachlich an den Rändern bewegt. Anne Sauer (Im Leben nebenan, dtv) schreibt über Nachbarschaft, Nähe und das, was dazwischenliegt – ein präzises, beobachtendes Buch mit psychologischer Tiefenschärfe. Lina Schwenk (Blinde Geister, C.H. Beck) schließlich erzählt von den Lücken im Sehen und Verstehen, in einem Stil, der suggestiv und kontrolliert zugleich wirkt.
Was diese fünf Debüts verbindet, ist ihre Unbedingtheit. Ihre literarische Handschrift ist je eigen – und gerade deshalb beispielhaft für die Vielfalt des deutschsprachigen Nachwuchsschreibens.
Frankfurter Buchmesse und ZDF-Ausstrahlung
Verliehen wird der Preis am Donnerstag, 16. Oktober 2025, um 11.50 Uhr auf der Literaturbühne von ARD, ZDF und 3sat im Rahmen der Frankfurter Buchmesse. Wer den mit 10.000 Euro dotierten Preis gewinnt, wird einen Tag später, am Freitagabend, in der aspekte-Sendung vorgestellt – ab 21.00 Uhr im ZDF-Streaming-Portal sowie ab 23.30 Uhr im ZDF-Fernsehen.
Die Auszeichnung zählt zu den wenigen Preisen im deutschsprachigen Raum, die sich ausschließlich dem literarischen Debüt widmen. Eingereicht werden können Vorschläge ausschließlich von Verlagen – ein Detail, das durchaus auch programmatische Wirkung entfaltet. Denn nicht selten ist es das verlegerische Gespür, das entscheidet, ob ein Erstling überhaupt Aufmerksamkeit erfährt.
Die Jury: Literaturstimmen aus drei Ländern
Die Jury ist auch in diesem Jahr hochkarätig besetzt. Mit Mara Delius (Die Welt), Daniel Fiedler (ZDF), David Hugendick (DIE ZEIT), Christian Dunker (Geistesblüten) und Nicola Steiner (Leiterin des Literaturhauses Zürich) vereint sie literaturkritische Perspektiven aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Zusammensetzung garantiert eine multiperspektivische Bewertung – nicht zuletzt deshalb, weil ästhetische wie gesellschaftliche Fragestellungen hier gleichermaßen ins Gewicht fallen.
Literarische Karrieren, die hier begannen
Dass der aspekte-Preis mehr ist als ein Achtungserfolg, zeigt ein Blick in die Liste der bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger: Herta Müller, Ingo Schulze, Zsuzsa Bánk, Philipp Winkler, Katja Petrowskaja, Eugen Ruge, Charlotte Gneuß – sie alle standen zu Beginn ihrer Laufbahn auf dieser Bühne. Die Auszeichnung war oft mehr als ein Türöffner, sie markierte den eigentlichen Start in eine größere literarische Öffentlichkeit.
Zuletzt gewann Julja Linhof 2024 mit Krummes Holz – ein Roman, der politische Wucht mit formaler Stringenz verband. Davor waren es u.a. Sven Pfizenmaier (Draußen feiern die Leute, 2022), Deniz Ohde (Streulicht, 2020) oder Ariane Koch (Die Aufdrängung, 2021), die nach dem Preis literarisch kontinuierlich präsent blieben.
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