Chronist der westdeutschen Zwischenwelten Joseph-Breitbach-Preis 2025: Frank Witzel für literarisches Gesamtwerk ausgezeichnet

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Die Stiftung Joseph Breitbach und die Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz verleihen den Joseph-Breitbach-Preis 2025 an den deutschen Schriftsteller und Musiker Frank Witzel. Mit dieser Auszeichnung wird ein literarisches Gesamtwerk gewürdigt, das sich durch außergewöhnliche stilistische Vielfalt und kritische Tiefenschärfe in der Auseinandersetzung mit der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hervorhebt.

Frank Witzel Frank Witzel Von Elena Ternovaja - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0

Die Jury lobt Witzels Fähigkeit, mit „detailversessener Erzähllust“ und origineller Formensprache eine „fantastische Archäologie der untergegangenen Bundesrepublik“ zu entwerfen. Seine Romane, Tagebücher und Essays durchleuchten ideologische Brüche, kulturelle Übergänge und das kollektive westdeutsche Gedächtnis mit analytischer Genauigkeit.

Frank Witzel: Stimme der deutschen Gegenwartsliteratur

Frank Witzel, 1955 in Wiesbaden geboren, zählt zu den eigenwilligsten und intellektuell forderndsten Autoren der deutschen Literatur der Gegenwart. Seinen literarischen Durchbruch feierte er 2015 mit dem Roman „Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969“, für den er den renommierten Deutschen Buchpreis erhielt.

Das Werk vereint politische Zeitgeschichte mit einer introspektiven Coming-of-Age-Erzählung und experimentiert mit verschiedensten literarischen Formen – von innerem Monolog über Dialogtranskripte bis zu essayistischen Einschüben.Die Rezeption lobte den Roman als einzigartigen Beitrag zur Aufarbeitung der bundesdeutschen Nachkriegsgeschichte.

In einem Interview mir Domradio erklärte Witzel:

„Was ist der Glaube? Was ist Realität? Das sind die Impulse, die mein Schreiben nähren.“

Dieser erkenntniskritische Zugang prägt sein gesamtes Werk, das sich konsequent der literarischen Konvention verweigert und den Leser intellektuell herausfordert.

Musik, Literatur und Hörspiel: Frank Witzel als interdisziplinärer Künstler

Neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit ist Frank Witzel auch als Musiker aktiv. Er studierte Klavier, Cello und klassische Gitarre am Konservatorium Wiesbaden und lässt seine musikalische Sensibilität gezielt in seine Texte und insbesondere seine Hörspielproduktionen einfließen. Für die Adaption seines preisgekrönten Romans wurde er 2017 mit dem Deutschen Hörbuchpreis in der Kategorie „Bestes Hörspiel“ ausgezeichnet.

Witzel arbeitete zudem als Radiomoderator und Illustrator, was seinem Werk eine visuelle und akustische Dimension verleiht, die in der deutschsprachigen Literatur selten ist. Als Poetikdozent war er unter anderem an den Universitäten Heidelberg, Tübingen und Paderborn tätig. Heute lebt er in Offenbach und Berlin.

Preisverleihung im September in Koblenz

Die feierliche Verleihung des Joseph-Breitbach-Preises 2025 findet am 19. September in Koblenz, der Geburtsstadt von Joseph Breitbach, statt. Der Preis zählt zu den bedeutendsten Literaturauszeichnungen im deutschsprachigen Raum und wird seit 1998 jährlich an Autorinnen und Autoren verliehen, deren Werk durch literarische Exzellenz und gesellschaftliche Relevanz überzeugt.

Mit Frank Witzel erhält ein Autor die Auszeichnung, der mit intellektueller Tiefenschärfe, literarischem Wagemut und politischem Bewusstsein neue Maßstäbe in der deutschen Literatur des 21. Jahrhunderts setzt.


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