Der Schriftsteller Uwe Tellkamp bezweifelt, dass es Umsturzpläne innerhalb der "Reichsbürger"-Szene gibt. "Woher wissen Sie, dass das so ist?", fragte der Autor am Donnerstag im Zuge einer Diskussion, die nach einer Lesung aus seinem aktuellen Roman "Der Schlaf der Uhren" stattfand. Auch Zog Tellkamp einen Vergleich zwischen Klimaaktivsten und der Reichsbürger-Szene. Die einen würden gehätschelt, die anderen angegangen.
Am Mittwoch hatte die Bundesanwaltschaft bei einem der größten Polizeieinsätze in der Geschichte der Bundesrepublik in elf Bundesländern sowie in Italien und Österreich 25 Menschen festnehmen lassen, die mutmaßlich der sogenannten "Reichsbürger"-Szene angehören. 22 der Festgenommenen wird vorgeworfen, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein und den Umsturz des Systems zu planen. Bei den drei anderen geht es um Unterstützung.
Der Polizeieinsatz und die Festnahmen war auch Thema einer Diskussion, die am Donnerstagabend nach einer Lesung des Dresdner Schriftstellers Uwe Tellkamp in der Landesvertretung Sachsens stattfand. An den Ministerpräsidenten Michael Kretschmar gerichtet kritisierte Tellkamp das vorschnelle Urteilen: "Sofort sind alle sich einig: Das kann nur finster sein. Der Abgrund des Terrors. Und alle Härte des Rechtsstaats.", so der Autor. Im Verlaufe der Debatte formulierte Tellkamp immer wieder in Frageform. Bei den Ermittlungen gegen die "Reichsbürger"-Szene stellten sich viele Menschen die Frage: "Was wollen die uns hier für einen Bären aufbinden?"
Reichsbürger und Klimaaktivisten: Die einen werden hofiert, die anderen verachtet
Dann zog Tellkamp einen fragwürdigen Vergleich zu den Klimaaktivisten, die, so der Autor, ebenfalls "die Abschaffung des Staatssystems fordern.", aber nicht in vergleichbarer Weise angegangen, sondern gehätschelt und in Talkshows eingeladen werden. Es Gene ein Wohlwollen vieler Medien dieser Bewegung gegenüber. "Und das ist eine Wahrnehmung, die viele Menschen teilen, wo sie sich fragen: Gibt es hier zweierlei Maß im Rechtsstaat? Was ist das Problem?", fragte Tellkamp.
Generell steht Tellkamp Medien skeptisch gegenüber. Wenn man in Dresden wissen wolle, was los ist, frage man Rettungssanitäter, Polizisten, Kriminalisten. "In den Kreisen, in denen ich verkehre", informiere man sich nicht etwa über Zeitungen. "Und das sind Dinge, die in der DDR schon vorkamen."
Corona-Politik
Auch in Richtung der Corona-Politik gab es Kritik von dem Schriftsteller. Und auch hier bezieht sich Tellkamp auf die DDR. "Zu wissen, was gut ist, das wussten sie in der DDR auch schon. Das ist auch so eine Gemeinsamkeit." Dennoch will er die Bundesrepublik nicht mit der DDR gleichsetzten. Es gebe aber punktuell wiederkehrende Dinge, die manche Menschen an diese Zeit erinnern.
Der Sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmar stellte in der Diskussion klar, dass Rechtsextremismus ist größte Gefahr sei. Da müsse man in jeden Falle dranbleiben. Das bedeutet nicht, dass man bei den anderen Themen des Extremismus, Linksextremismus oder religiöser Extremismus, schweigen darf oder sich nicht darum kümmern muss. Aber man muss natürlich das Ganze auch in ein gewissen Verhältnis setzen.", so der Regierungschef.
Uwe Tellkamp
Uwe Tellkamp wurde 1968 in Dresden geboren. Sein bekanntester Roman "Der Turm" erschien im Jahr 2008 und handelt von den letzten sieben Jahren der DDR bist zur Wende. Erzählt wird aus verschiedenen Perspektiven, die allesamt die Sicht des Bildungsbürgertums eines Dresdner Villen-Viertels abbilden. "Der Turm" wurde unter anderem mit dem Deutschen Buchpreis und den Uwe-Johnson-Preis ausgezeichnet. Der langerwartete Folgeroman "Der Schlaf der Uhren" wurde lange erwartet und erschien in diesem Jahr bei Suhrkamp.
Seit einigen Jahren steht Uwe Tellkamp aufgrund von als extrem rechts interpretierte Äußerungen in Kritik. Eine Entwicklung, die Andreas Gräfenstein in seinem Dokumentarfilm "Der Fall Tellkamp" auf grandios Weise abbildet.
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