Spätsommer-Romanze

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Meine Augen sind noch klebrig. Muss mich bemühen, sie ganz zu öffnen. Der Rotwein liegt schwer in meinem Kopf. Ich schmecke den Zigarettenrauch auf meiner Zunge. Pelzig und trocken. Als ich die Augen öffne, schwimmt das Bild. Du liegst da. Schläfst noch. Ganz tief. Und sehr friedlich. Ich beobachte dich gern dabei. Schön bist du. Mustere deine Nase, die so wunderschön eben in deinem Gesicht ruht. Schaue auf deine sinnlichen Lippen. Erinnere mich an vergangene Nacht, schmecke deine Küsse noch auf meinem Mund. Dein 3-Tage-Bart rahmt dein Gesicht. Ich liebe dieses Zusammenspiel. Könnte ihm stundenlang zusehen. Mich hineinträumen. Darin verlieren. Mich in dir verlieren. Wie vergangene Nacht. Da gab es nur uns. Allein in der Welt. Nichts um uns herum. Nur wir. Einfach genug. Sinnlich verschlungen. Ineinander. Zu einem Bild verschmolzen. Vollkommen. Unzerstörbar. So stark.

Ich wende meinen Blick von dir. Es fällt mir schwer. Drehe mich zur Seite. Das Fenster steht weit offen; dein cremefarbener Leinenvorhang schwingt zart im Rhythmus der Brise, die der Wind von außen hereinträgt. Ich schaue zu, verliere mich wieder im Moment. Denke an uns. Denke an deine schönen Hände auf meinem zarten Körper. Fühle, wie deine Fingerkuppen über meinen Rücken streichen. Langsam fährst du an meiner Wirbelsäule entlang. Hoch. Und runter. Fühle mich lebendig. Aufgeregt. Ich mag dieses Gefühl, das du in mir weckst.

Die Straße schreit laut ins Zimmer. Ich rutsche zurück ins Jetzt. Stehe auf und bewege mich zum geöffneten Fenster. Blicke hinaus ins Licht, kneife die Augen zusammen, ich bin noch müde. Die Luft scheint zu schwimmen, sie nimmt Abgase und Hitze der Großstadt in sich auf und formt ein wässrig überladenes Bild. Obwohl es so heiß ist an diesem Morgen, greife ich hinter mich auf den Baststuhl. Dort hängt dein Hemd, das hast du gestern im Jazzclub getragen. Zusammen mit dieser lässigen Hose und der frechen Schiebermütze auf deinem verträumten Kopf, der voll ist mit wunderbaren Dingen. Ich greife danach. Drücke es fest an meine Nase. Ich rieche die letzte Nacht. Die vielen Straßen, die lebendige Musik um uns und die vielen Farben der Stadt, die uns verschlungen haben und durch die wir stundenlang geschwommen sind. Eng ineinander verkeilt. Wir küssten uns wild, lachten, erzählten. Tranken den Cepunto, den du in deiner rechten Hand hieltest und von dem du zeitweilig etwas der Straße schenktest, als du zu euphorisch gestikuliert hast.

Und immer wieder warfst du mir diese Seitenblicke zu. Die, von denen ich genau wusste was sie bedeuten sollen. Ohne dass du etwas sagen musst. Ich war verloren im Moment mit dir, der niemals enden sollte.

Ich schüttle das Hemd etwas aus und ziehe es mir über. Es fällt weit über meine Schultern, du bist viel größer als ich. Und stärker. Ich schlinge es schützend um mich, verschließe es vor meiner Brust. Spüre dich auf mir. Fühle mich wohl in dir. Schaue aus dem Fenster. Beobachte die Großstadt. Es ist viel los an diesem Morgen. Zahlreiche bunte Farbkleckse strömen durch die Straßen, hier und da blitzt es hell: da, wo die Sonne eine Reflexion malt. Kleine Lichtblitze, die dem Morgen einen besonderen Charme verleihen.







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