Ums Feuer

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Es war vorher nie jemand aus den Hügeln zu uns gekommen. Manchmal morgens oder abends sah es von Weitem so aus, als kämen Gestalten zwischen den Hügeln zu uns hinauf. Aber es war vorher nie jemand da.

Der alte Mann ging starr durch den Regen, seine Kleidung glänzte. Er lächelte, als ich ihn zum ersten Mal sah, da war er schon von anderen Kindern umringt. Schnell und hart wurden sie alle wieder von ihm weggezerrt und von ihren Eltern irgendwo verbunkert. Meine Eltern waren schon tot, oder weg, habe ich zumindest damals immer gesagt, weil viele Eltern in die Hügel gegangen sind und nie zurückkamen. Es hätte hinter den Hügeln auch eine weitere Zuflucht geben können, die vielleicht mehr Strom hatte, fließendes Wasser oder sogar Öl und Benzin. Aber welche Eltern wären dann nicht wieder zurückgekommen, um uns abzuholen?

Uns wurde nie erzählt, warum wir nicht weg durften. Warum wir nur in Sichtweite des großen Hotels spielen durften. Einige größere Kinder erzählten uns die tollsten Geschichten. Von wilden Hunden, zwei Meter groß und immer blutrünstig, ganz anders als die Streuner aus unseren Gassen. Oder von toten Menschen, so hoch aufgetürmt wie das große Hotel und das hatte sechs Stockwerke und reichte bis in den Himmel. Sie erzählten von Blut spuckenden Pferden, von Moskitoschwärmen, die einen bei lebendigem Leib auffraßen, von Seen, die so tief und groß waren, dass alle unsere Hügel zusammen zweimal in sie reingepasst hätten und die so giftig waren, dass man starb, wenn man sie nur zu lange ansah. Natürlich waren das alles Lügen, niemand war je hinter den Hügeln gewesen, wir wussten das und gruselten uns trotzdem. Einmal fand ich sogar ein altes Foto von den Hügeln toter Menschen, doch eine Mutter sagte mir, das sei noch viel älter als sie selbst, das gäbe es längst nicht mehr hinter den Hügeln, das sei noch viel älter als jeder Schrecken, den sie erlebt habe.

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