Buchtipp Chris Kyle: American Sniper Töten für den guten Zweck

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In den Augen der meisten Amerikaner ist Chris Kyle ein Kriegsheld: Bei seinen Einsätzen als US Navy SEAL tötete er mit dem Scharfschützengewehr 160 Aufständische. Das Buch war Nummer 1 New York Times Bestseller, der zugehörige Film in den USA ein Kassenschlager. Es gibt viele Gründe, die Lebensgeschichte von Chris Kyle zu lesen - wenn auch möglicherweise nicht mit der Intention des Autors....

American Sniper: Töten für den guten Zweck. Foto: Riva Verlag

Der Riva Verlag ist vor allem deswegen so unterhaltsam, weil er durchaus mal heiße und lesenswerte Themen anfasst, die andere Verlagshäuser scheuen. Dazu zählt vielleicht nicht gerade die Biografie von Helene Fischer, wohl aber die Lebenschronik von Gangster-Rapper Bushido. Sicherlich ist auch "American Sniper", eine zusammen mit Scott McEwen und Jim Defelice vom US-Kriegshelden Chris Kyle verfasste Autobiografie, nicht gerade zur Konsensfindung veröffentlicht worden.

Die Cowboys ziehen in den Krieg

Aber im Grunde ahnt man, worauf man sich einlässt: Chris Kyle ist texanischer Bauernsohn, der seine Freizeit vor allem mit dem Zureiten von Pferden, Rodeos und der Jagd verbringt. Kyle ist sportlich, waffenbegeistert und Patriot - eine überragende Mischung für die amerikanische Armee. Dabei schildert er seine Ausbildung bei den Navy SEALs sowie seine späteren Kampfeinsätze als Scharfschütze. Wer selbst Waffennarr ist, wird hier bestens bedient: Sämtliche eingesetzten Waffen werden in ihrer Funktion im Detail beschrieben, und die Tötungen ebenso.

In den Augen von Chris Kyle ist der Krieg nämlich ein riesiger Spaß. Fast glaubt man, Szenen einer Jagdbeschreibung vor sich zu haben: Seinen tödlichen Schuss aus 1500 Metern auf einen jugendlichen Aufständischen, der die Amerikaner provozieren wollte und sich außer Schussweite wähnte, ist eines seiner größten Erfolgserlebnisse.

Die politischen Hintergründe, wie beispielsweise die Erfindung entsprechender Vorwände für den Irak-Krieg, bleiben unerwähnt. Dagegen fallen Aussagen, bei denen man nicht recht weiß, ob sie wirklich ernst gemeint sind. Glauben Sie nicht? Dann genießen Sie folgenden O-Ton.

Nachdem eine irakische Einheit vor den Augen von Kyle und seinen Kameraden von der US-Luftwaffe vollständig aufgerieben wurde, schreibt er: "Scheiße, dachte ich, ist das klasse. Das ist nervenaufreibend, das ist spannend, das ist einfach nur toll!"

Blutdürstige Anekdoten

In einer anderen Szene beschreibt Chris Kyle den aus seiner Sicht "besten Schuss aller Zeiten". So entschließen sich die Amerikaner, einen irakischen Scharfschützen mit einer Luftmine aus einem Minarett zu bomben. Die Luftmine durchschlägt zwar die Seite des Minaretts, geht aber in einer Seitenstraße nieder. Es stellt sich heraus, dass die Luftmine den Scharfschützen enthauptet und in einer Seitenstraße noch 20 weitere Aufständische getötet hat.

Angst scheint Chris Kyle in keiner Situation zu kennen; die Heldentruppe versagt einfach nicht. Leicht melancholisch wird´s, wenn Chris Evans´ Frau Taya in Einschüben ihre Gefühle in der Heimat beschreibt.

Fazit: Es mag schwer fallen, solche Aussagen zu teilen, aber Chris Kyle und seine beiden Co-Autoren haben, was die erzählerische Stärke angeht, ganze Arbeit geleistet. Das gesamte Buch liest sich ungeheuer schnell und treibend; fast schon wie im Stil von Action-Klassikern wie Robin Moores "Bitterer Zucker". Darüber hinaus ist es aber hochspannend zu wissen, wessen Geistes Kinder da im Namen der demokratischen Regierungen eigentlich in den Krisenherden unterwegs sind. Chris Kyle hat ein klar in Gut und Böse aufgeteiltes Weltbild, und bezeichnet Aufsändische nur als "Wilde". Wie sehr man darüber den Kopf schüttelt, kommt auf das individuelle Empfinden des Lesers an.

Für wen eignet sich´s? Es war schon immer eine wichtige Frage, was in Menschen vorgeht, die in Kriegssituationen töten. Dazu ist Chris Kyles "American Sniper" durchaus ein wertvoller Beitrag. Ihnen wird das Buch gefallen, wenn Sie beispielsweise "Soldaten" von Sönke Neitzel und Harald Welzer interessiert hat. Ebenfalls nicht direkt vergleichbar, aber thematisch nah dran ist Jürgen Todenhöfers "Inside IS". Auch wenn für viele die Aussagen von Chris Kyle schwer zu ertragen sein werden, ist "American Sniper" ein wichtiges Buch.

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