Über die Wichtigkeit der Autoren-Selbstvermarktung, Selfpublishing und Bücher, die sie geprägt haben.
Isabella Straub gehört zu den bekanntesten und wahrscheinlich begabtesten österreichischen Autoren/innen unsere Zeit. Zwei Bücher hat sie bisher veröffentlicht: „Südbalkon“ (2013) und „Das Fest des Windrads“(2015).
Beide Bücher sind unbedingt empfehlenswert: klug, humorvoll und nachdenklich. Das aktuelle Buch spielt in der österreichischen Provinz. Mit ungeheurem Sprachwitz erzählt sie in „Das Fest des Windrads“ dem Leser von Stadtneurotikern, von Gescheiterten und vom Leben auf dem Land - mit all seinen Landlustphantasien und seinen Tücken in der Realität. Isabella Straub ist in Wien geboren. Heute lebt sie in Klagenfurt am Wörthersee.
Lesering im Gespräch mit Isabella Straub
Dein erster Roman „Südbalkon“ und Dein neues Buch „Das Fest des Windrads“ wurden beide sehr gut besprochen und sind ziemlich erfolgreich. Wie groß ist der Anteil Deines Verlags an diesem Erfolg?
Ganz einfach: Ohne Verlag gäbe es diese Bücher nicht. Es braucht außerdem eine aktive Presseabteilung, damit sie auf den Tischen der Kritiker landen und (darauf kommt’s ja an) auch gelesen werden. Sowas geht nicht von allein. Ein Erfolg bei der Kritik generiert aber nicht automatisch sagenhafte Verkäufe. Da ist also durchaus noch Luft nach oben.
Du bist selbst sehr aktiv in der Selbstvermarktung. Fällt Dir das manchmal schwer?
Ja, bisweilen schon. Ich denke, ich muss auch aufpassen, dass ich die Leute nicht zu sehr nerve. Wenn sich Selbstvermarktung in narzisstischer Selbstbespiegelung erschöpft, stellt man sich damit nur selbst ein Bein. Irgendwo hab ich mal gelesen: „Dein Erfolg interessiert niemanden. Die Leute sind nur an deinen Misserfolgen interessiert.“ Da steckt schon auch eine gewisse Wahrheit drin. Andererseits gewöhnt man sich schnell an den sozialen Echoraum da draußen, aus dem es meist freundlich zurücktönt. Das hat durchaus Suchtcharakter.
Was denkst Du: Wie wichtig sind Social Media-Aktivitäten heute für einen Autor?
Bis zu einem gewissen Grad sind sie bestimmt hilfreich, weil sie einen Autor „erlebbar“ machen. Es kontaktieren mich auch immer wieder LeserInnen über Facebook (meine primäre Aktivitäts-Plattform), aber auch Journalisten, ich bin mit einigen Mitarbeitern aus dem Verlag vernetzt, und das ist aufgrund der räumlichen Distanz (Verlag in Berlin, ich in Klagenfurt) nicht unpraktisch. Generell scheint es ja so, dass Plattformen wie Lovelybooks oder Goodreads zunehmen, ebenso wie Literatublogs - und dass man häufiger in direktem Kontakt mit Lesern ist als es früher der Fall war. So viel ich weiß, schätzt es jeder Verlag auch, wenn man als Autor sein Scherflein zum Marketing beiträgt.
Was hältst Du von Selfpublishing? Käme dies für dich in Frage?
Ich halte das für durchaus interessant, auch wenn die goldenen Zeiten angeblich schon passé sind. Für einen belletristischen Titel käme Selfpublishing aber ohnehin nicht in Frage, allenfalls für einen Unterhaltungsroman.
Du arbeitest auch als Werbetexterin? Und auf Deiner Webseite steht der Slogan: „Im Schreiben zuhause“. Sprache ist Dein Kapital. Bildest Du Dich diesbezüglich weiter. Suchst Du dabei professionelle Unterstützung?
Das habe ich zwanzig Jahre lang gemacht. Jetzt ist es eher so, dass ich selbst meine Erfahrung in Workshops und Coachings weitergebe (wobei ich auch dabei noch sehr viel lerne). Ich bin generell jemand, der nie zu lernen aufhören kann: Das gilt für das literarische Schreiben ganz besonders. Ich weiß nicht, wie viele Kurse und Workshops ich absolviert habe. Ein Jahr Literaturakademie Leonding war auch dabei – damit hat alles erst begonnen.
Wer darf Deine Texte zuerst lesen? Auf wessen Meinung legst Du am meisten wert?
Mein Freund. Seine kritischen Anmerkungen nehme ich sehr ernst. Er hat ein untrügliches Gespür für sprachliche Entgleisungen und Plot-Beulen.
Was bevorzugst Du beim Lesen: E-Book oder gedrucktes Buch?
Grundsätzlich gilt meine Sympathie dem Buch, das man ins Regal stellen kann. Wegen der schon oft durchgekauten Argumente – von haptisch bis olfaktorisch. Angeblich behält man auch besser, was man in einem Holzbuch liest. Ich lese allerdings auch gerne auf dem Reader oder dem Pad. Das ist situationsabhängig. Denn: The medium is not the message. Oft weiß ich nicht mehr, dass ich ein Buch auf dem Reader gelesen hatte und suche es verzweifelt im Regal. Meine Lieblingsbücher habe ich in sämtlichen Varianten: E-Book, Hardcover, Taschenbuch, Hörbuch. Denn mit diesen Büchern will ich leben – und das bedeutet: sie physisch um mich zu haben und nicht nur in irgendeiner Wolke.
Welches Buch muss man Deiner Meinung nach unbedingt gelesen haben?
Eines, im Ernst? ☺ Eins nach dem anderen. Manchmal sehne ich mich nach dem Zustand der literarischen Unschuld zurück. Als jedes Buch eine unauslöschliche Kerbe in die Erinnerung geschlagen hat. Heute trifft jeder neue Text auf einen riesigen Berg bereits gelesener Bücher. Dennoch gibt es immer wieder Romane, die mich umhauen. Alles von Karl-Ove Knausgard zum Beispiel. Oder die Romane der polnischen Autorin Joanna Bator. Von beiden erscheint übrigens diesen Herbst jeweils ein neuer Titel. Und wenn ich mal mein Leben ein wenig zurückspule, dann haben mich zwei Romane besonders tief beeindruckt und beeinflusst: zunächst „Die Blendung“ von Elias Canetti und später „Liebesleben“ von Zeruya Shalev. Canetti hat mich zum Lesen inspiriert, Shalev zum Schreiben.
Nenne bitte drei Tipps/Ratschläge, die Du angehenden Autoren geben würdest:
Lesen ist Voraussetzung, um Schreiben zu können. Also: lesen, lesen, lesen.
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