In Band 27 ihrer unverwüstlichen Jack-Reacher-Reihe liefern Lee Child und sein Bruder Andrew Child erneut Hochspannung pur: „Der Puma“ (Originaltitel: No Plan B) wirft den alten US-Militärpolizisten Jack Reacher in einen perfiden Schlagabtausch mit skrupellosen Verbrechern am Busbahnhof von Gerrardsville, Colorado. Ein scheinbar wie Selbstmord inszenierter Anschlag, Erinnerungen an verlorene Kameradschaft und die Frage nach persönlicher Verantwortung – mitten in Zeiten, in denen das Rechtssystem oft als zu langsam oder korrupt wahrgenommen wird, zielt Reachers kompromisslose Art genau in den Nerv aktueller Debatten um Selbstjustiz und moralische Grenzziehungen .
Der Puma von Lee & Andrew Child: Gnadenloser Jack-Reacher-Thriller & moralische Fragen
Handlungsüberblick: Angriff am Busbahnhof von Gerrardsville
Jack Reacher, unterwegs mit dem Daumen am Highway-Rand, wird Zeuge, wie eine junge Frau vor einen heranrasenden Bus gestoßen wird. Obwohl er den Täter sofort verfolgt, entkommt dieser unerkannt. Fortan befindet sich Reacher im Visier eines organisierten Verbrechersyndikats, das jeden Zeugen systematisch zum Schweigen bringen will – und zwar bis zum letzten. Mit militärischer Präzision und improvisatorischem Geschick schlägt der Einzelgänger zurück: Er legt Fallen, nutzt die staubigen Straßen Colorados als Terrainvorteil und konfrontiert seine Widersacher in einem furiosen Showdown unter der glühenden Sonne der Wüste .
Reacher kommt ohne Plan B aus – weil er der Plan A ist. Immer wenn das Gesetz versagt oder zu spät greift, sorgt er selbst für Gerechtigkeit.
Zufall, Selbstjustiz und Einsamkeit
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Zufällige Schicksalsmomente
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Ein beiläufiger Augenblick am Busbahnhof setzt eine Kette von Ereignissen in Gang. Reacher stellt die Frage: Wie entscheidet ein einziger Moment über Leben und Tod?
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Alleingang vs. Institution
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Reacher vertraut weder Polizei noch Justiz. Sein Einzelkampf wirft die Frage auf, ob moralische Handlungsspielräume besondere Helden oder Gesetzlose schaffen.
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Gerechte Gewalt
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Ist Notwehr, die in Selbstjustiz endet, noch gerechtfertigt? Reacher agiert nach eigenem Militärethos – und gerät dabei in Grauzonen, in denen Opfer und Täter verschwimmen.
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Diese Leitmotive verweben sich zu einem rasanten Thriller, der nicht nur Action, sondern auch ethische Reflexionen bietet.
Prekäre Sicherheit und Misstrauen
Auch wenn der Schauplatz Gerrardsville im fiktiven Colorado liegt, ist das Szenario universell: In Städten und Gemeinden weltweit wächst das Misstrauen in Polizei und Justiz. Regelmäßige Schlagzeilen über langsame Verfahren oder korrupte Beamte nähren die Sehnsucht nach schneller Gerechtigkeit. Gleichzeitig offenbaren sich an Verkehrsknotenpunkten wie Bus- und Bahnhöfen soziale Konflikte: Obdachlosigkeit, organisierte Kriminalität und öffentliche Sicherheit treffen hier auf engstem Raum zusammen. In „Der Puma“ steht Reachers Einzelmission symbolisch für die Sehnsucht vieler, auf persönlicher Ebene Recht zu sprechen, wenn Institutionen versagen .
Schnörkellos und filmisch
Lee und Andrew Child bedienen sich eines klaren, direkten Stils:
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Knappe Szenen: Jede Actionszene liest sich wie ein Filmstoryboard, in dem jeder Satz ein Bild zeichnet.
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Kurze Kapitel: 31 Kapitel mit heftigen Cliffhangern treiben den Lesefluss ungebremst voran.
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Reduzierte Dialoge: Wortkarg und punktgenau – wer zu viel redet, überlebt nicht lange.
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Spärliche Innenansichten: Reachers Gedanken bleiben taktisch, nicht philosophisch.
Diese Stilmittel schaffen permanente Spannung ohne Pathos – ganz so, wie es sich Fans der Reihe wünschen .
Für wen eignet sich dieser Thriller?
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Action-Fans, die gnadenlose Schlägereien und spektakuläre Schusswechsel lieben.
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Militär- und Taktikbegeisterte, die Reachers Methodik und Improvisation schätzen.
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Leser:innen moralischer Grauzonen, die über die Legitimität von Selbstjustiz und Gewalt reflektieren möchten.
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Diskussionsrunden, die anhand Reachers Alleingang über Gewaltmonopol und individuelle Verantwortung debattieren wollen.
Wer eine Mischung aus reichlich Adrenalin und ethischer Fragestellung sucht, liegt mit „Der Puma“ genau richtig.
Stärken und Schwächen der Actionnovelle
Stärken
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Rasantes Tempo: Actionsequenz an Actionsequenz – Langsamkeit hat hier keinen Platz.
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Reacher-Mythos: Fans erkennen den kompromisslosen Einzelkämpfer wieder, der mit minimalen Mitteln maximale Wirkung erzielt .
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Echtheit der Gewalt: Handfest beschriebenes Gunplay und Nahkampf wirken so authentisch, dass man die Hitze Colorados spürt.
Schwächen
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Erprobtes Muster: Das Schema „Zeuge wird zum Feind – Reacher räumt auf“ bietet wenig Überraschungen.
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Nebenfiguren-Klischees: Gegenspieler bleiben eindimensional und dienen vor allem als Schießbudenfiguren.
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Moralische Oberflächlichkeit: Reachers Gewalt wird kaum hinterfragt, was kritischen Leser:innen zu wenig Raum für tiefe Reflexion lässt.
Was „Der Puma“ zum unverzichtbaren Reacher-Abenteuer macht
„Der Puma“ ist ein unbarmherziger Turbolader für alle, die packende Action ohne Längen schätzen. Gleichzeitig regt der Roman dazu an, über die Grenzen persönlicher Verantwortung und die Rolle staatlicher Systeme nachzudenken.
Gesprächsimpulse
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Unter welchen Umständen ist individuelle Selbstjustiz legitim – und wann wird sie zur Tyrannei?
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Wie verändert sich unser Vertrauen in Institutionen, wenn wir Heldenfiguren wie Reacher immer bewundern?
Über die Autoren: Lee Child & Andrew Child
Lee Child (Pseudonym von Jim Grant, 29. Oktober 1954) startete die Jack-Reacher-Reihe 1997 mit Killing Floor und prägte das Genre mit stoischer Härte und taktischer Finesse. Seit Band 25 schreibt sein Bruder Andrew Child (geb. 1965, Pseudonym Andrew Grant) mit an der Serie und bringt frische Perspektiven ein .