Oscar Trif: Die Predigerin

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Einst sah ich eine Predigerin da am Platz,
sie hatte einen hypnotisierenden Gang,
doch sprach sie so so schnell, es flog rum, Satz für Satz und vollendete es mit kirchlichen Gesang.

Sie sprach von der Allheilung durch Jesus Christus, für die man ihn einfach nur akzeptieren muss.
Mit ihrer lautesten und brennendsten Stimme, zeugte sie von der Vergebung aller Sünden.

und Christi Weg, der letztlich im Himmel münde, wenn man so immer handle in seinem Sinne.

Doch den Menschen am Platze war sie zu laut, sie hatte Jesus viel zu eifrig verkündet
und den Christus am falschen Platze bekundet.

Die andren Menschen murrten und lachten über sie, aber gab man ihr, der Predigerin, Zuspruch nie, doch stand sie immer noch am großen Platze hier. Mit Lästern schlug man ihre so fromme Begier.

Sie war ein sehr prächtiger Baum in einem Wald, umgeben von einem höllisch heißen Feuer, welches sie sobald abbrennt, ganz ungeheuer.

Sie stand in einem Becken voll mit Piranhas,
der schöne Leib war ja schon halb aufgefressen und die fromme Rede auch schon halb vergessen.

Sie war ein kleines Reh, umgeben von Löwen.
Die Bösen fletschten schon ihre scharfen Zähne, bereit, dass sie sich in dem Weibes Fleisch wähnen.

Ich hörte nun die Kirchenglocken schön klingen und die Rede des Weibes langsam verklingen. Es klang so als würde jemand langsam sterben, und wieder Ruh’ die stille Herrschaft ererben.

Ich sah mich hurtig nach der Predigerin um,
doch war sie nirgends auf dem Platze zu sehen
Und das Leben schien schon wieder weiter zu gehn. Dann begann ich mich naiv zu fragen, ganz dumm, ob der Heiland sie wirklich hat erlöst?,
jene, die sich unter den Sündern hat entblößt.

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