Die Gewinner des diesjährigen Deutschen Hörbuchpreises stehen fest. Drei Jurys haben aus rund 350 Einreichungen sieben Titel ausgewählt, die den Preis in unterschiedlichen Kategorien erhalten haben. Wer die Sieger sind, wurde am Dienstagabend in einer Live-Radiosendung bei WDR 5 verkündet.
Erstmals seit der Pandemie konnte der Verein Deutscher Hörbuchpreis in diesem Jahr wieder in Präsenz tagen. Aus rund 350 Einreichungen haben die drei für die Preisverleihung verantwortlichen Jurys sieben Siegertitel ausgewählt, die den Preis in den Kategorien "Bester Interpret", "Beste Interpretin", "Bestes Hörspiel", "Beste Unterhaltung", "Bestes Kinderhörbuch", "Bester Podcast" und "Das besondere Hörbuch" erhalten haben. Mit Ausnahme der undotierten Kategorie "besonderen Hörbuches" ist der Deutsche Hörbuchpreis mit je 3.333 € dotiert. Wir zeigen die Gewinner.
"Bester Interpret" - Max von Pufendorf
Der Schauspieler Max von Pufendorf gewinnt den Preis in der Kategorie "Bester Interpret" für seine Lesung des Romans "Ich ist ein anderer. Heptalogie III-V" des norwegischen Autors Jon Fosse. "Ohne jegliche Hürde"gleite man dank der "packenden Sprachmelodie" und der "klaren, warmen Stimme" des Interpreten in einen Text, dessen punktlose Bandwurmsätze und "karge Erzählweise" das eigene Lesen ungleich schwieriger gestalten als das Hören, urteilte die Preisträgerjury. Dem "kolossalen, fast schon meditativen Sog" dieser Literatur verleihe von Pufendorf Struktur, ohne ihn zu stoppen: "ein Hörbuch mit Mehrwert!"
"Beste Interpretin" - Nina Hoss
Die Schauspielerin Nina Hoss wird als "Beste Interpretin" für ihre Lesung des neuen Dörte Hansen Romans "Zu See" geehrt. "Unbeeindruckt von möglichen Erwartungen und naheliegenden Gefälligkeiten" schaffe Hoss "ein ganz eigenes Kunstwerk", indem sie "selbstbewusst und ruhig, hellwach und pointiert" sowohl der "Tiefe und Breite" des Textes Raum gebe als auch "mit nahezu greifbarer Empathie" die Figuren des Romans zu Personen werden lasse, hieß es hier von Seiten der Jury. "Substanziell stark und elegant zugleich" präsentiere sich Nina Hoss mit dieser Lesung als "eine Insel im Meer der Stimmen".
"Bestes Hörspiel" - Ulrich Lampen
Regisseur Ulrich Lampen erhält den Deutschen Hörbuchpreis 2023 in der Kategorie "Bestes Hörspiel". Gewürdigt wird damit seine Adaption des Klassikers "Bonjour tristesse" von Françoise Sagan, die er für den Hessischen Rundfunk produziert hat. "Ein Hörspiel wie ein Urlaub am Meer", so empfindet es die Jury. Man tauche augenblicklich ein in die Idylle an der Côte d’Azur mit ihrer "prallen Sonne" und den "klirrenden Eiswürfeln im Glas". Changierend "zwischen Hitze und Kälte, auch emotional" entfalte Ulrich Lampen sein Hörspiel, das "alles in der Schwebe" halte und auch deshalb so "lebensnah und überzeugend" sei, weil jede Figur mit ihren Sehnsüchten ernst genommen werde.
"Beste Unterhaltung" - Luise Helm
In der Kategorie "Beste Unterhaltung" wird Luise Helm als Sprecherin des Romans "Eine Frage der Chemie" von Bonnie Garmus ausgezeichnet (Hörbuch Hamburg / Osterwoldaudio). In einer beispielhaften "Symbiose von Text und Stimme" verkörpere Luise Helm die kämpferische Selbstbehauptung der Protagonistin in einem patriarchalen Umfeld "mit so viel Energie und Glaubwürdigkeit", dass deren turbulentes Leben "plastisch" auferstehe. Seiner komödiantischen Seite ebenso gerecht werdend wie der dramatischen, bereite die Sprecherin dem Text "gekonnt die Bühne" – ein "Hörgenuss" in den Ohren der erfreuten Jurorinnen und Juroren.
"Bestes Kinderhörbuch" - Jona Mues als Sprecher des Hörbuches zu "Sansaria. Träume der Finsternis"
Für die Entscheidung in der Kategorie "Bestes Kinderhörbuch" ging eine fünfköpfige Kinderjury ans Werk, diesmal ausgerichtet vom Literaturbüro Ostwestfalen-Lippe in Detmold. Gekürt wurde der Schauspieler und Sprecher Jona Mues für seine Lesung des Fantasyromans „Sansaria. Träume der Finsternis“ von Tania Messner (Oetinger audio). "Lebendig und liebevoll" lese Mues das Buch, so die Kinder, und man spüre, wie viel Spaß ihm das gemacht habe. Seine "abwechslungsreiche" Lesung in einem "tollen Tempo" halte die Spannung über fast elf Stunden und ziehe die Zuhörer*innen mitten hinein in die fantastische Traumwelt, in der sich der Sprecher für die vielen Figuren "jeweils eine eigene Stimme" ausgedacht habe.
"Bester Podcast" - Mohamed Amjahid und "17 Tage Scheitern – wie Freiwillige in Afghanistan aushalfen"
Der Autor Mohamed Amjahid erhält den Preis in der Kategorie "Bester Podcast" für "17 Tage Scheitern – wie Freiwillige in Afghanistan aushalfen" (WDR). Die Produktion sei ein "Zeitdokument im besten Sinne", so die Begründung der Preisträgerjury. Die "packende", aber nicht vordergründige Dramaturgie lasse Raum für die journalistische Einordnung des Geschehens im Herbst 2021 und auch für die sich einstellende "Sprachlosigkeit" angesichts der gebrochenen Versprechen westlicher Regierungen. Man könne von diesem Podcast, einer "Weltgeschichte im Kleinformat", mehr über die Zusammenhänge lernen, "als die Nachrichten allein erzählen".
"Das besondere Hörbuch" - "Der Ring des Nibelungen"
"Das besondere Hörbuch" des Jahres 2022 sehen die Jurorinnen und Juroren im vierteiligen Hörspielzyklus "Der Ring des Nibelungen" nach den Opernlibretti von Richard Wagner (Rundfunk Berlin-Brandenburg / Der Audio Verlag). In ihrer Abschiedsinszenierung für den rbb hat Regisseurin Regine Ahrem das 16-stündige Opernwerk zu einem fünfstündigen Fantasyhörspiel verdichtet, dafür die "stabgereimten Stolpersteine" gestrichen und das moderne Hochdeutsch, untermalt von Neukompositionen "im akustischen Breitwandformat", von einem "spielfreudigen" und hochkarätigen Ensemble in Kunstkopfstereofonie einsprechen lassen: "formal wie inhaltlich auf Höhe der Zeit", rühmt die Jury.
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