Das Buch "Darling, it's Dilius. Erinnerungen mit großem A" von Friedrich Christian Delius steht im März 2023 auf Platz 1 der SWR Bestenliste. Mal abschweifend melancholisch, mal präzise analytisch liefert Delius, der im Februar 2o23 achtzig Jahr alt geworden wäre, mit diesem Buch eine ebenso ungewöhnliche wie anrührende Autobiografie.
"Darling, it's Dilius." - Der Titel, unter der Friedrich Christian Delius seine Autobiografie setzte, ist auf eine Begebenheit zurückzuführen, die im Buch unter dem Stichwort "Abish, Cecile und Walter" zu finden ist. Sie erreignete sich im April 1992, als Delius seinen Kollegen, den US-amerikanischen Schriftsteller Walter Abish, anrief, um ihm seinen Besuch anzukündigen. Den Hörer nahm Abish´s Ehefrau Cecile ab. "Darling, it´s Dilius" - hallte es kurz darauf durch die Wohnung, und Delius, entzückt von dem weichen Klang, den Cecile Abish seinem Namen gab, hatte den Titel seiner 30 Jahre später erscheinenden Autobiografie gehört.
Vom nordhessischen Abitur bis zum Azurblau des italienischen Himmels
An die schrieb der Büchnerpreisträger bis zuletzt. "Erinnerungen mit großem A", der Untertitel des Buches, verweist bereits auf die höchst ungewöhnliche Form des autobiografischen Schreibens, mit welchem Delius hier Erinnerung an Erinnerung knüpft. Momente und Erfahrungen klammert er an rund dreihundert Stichwörter, die allesamt mit dem Buchstaben A beginnen. Mal handelt es sich dabei um Persönliches, mal um Politisches.
Unter "Abbey Road" erzählt Delius von einer Begegnung mit Paul McCartney (die eben gerade nicht dort stattfand); in "Aleppo" geht es um den Protest gegen den Krieg in Syrien, für den sich noch eimal alte 68er-Kampfgewährten zusammenfanden. Eben noch berichtete Delius von seinem Abitur in nordhessischen Korbach, schon finden wir uns unter einem azurblauen italienischen Himmel wieder, der den Autor ins Schwärmen versetzt. So begegnet uns der Denker und Schriftsteller, der Intellektuelle Friedrich Christian Delius gerade in den Auslassungen, im Sprung selbst einmal mehr als großartiger Stilist. Klar wird dabei, dass diese Lebensgeschichte auch die Geschichte eines Landes spiegelt.
Die SWR Bestenliste für den Monat März
- Platz 1 - Friedrich Christian Delius mit "Darling, it´s Dilius"
- Platz 2 - Birgit Birnbacher mit "Wovon wir leben"
- Platz 2 - Peter Stamm mit "In einer dunkelblauen Stunde"
- Platz 4 - Wilhelm Genazino mit "Der Traum des Beobachters"
- Platz 5 - Sebastian Köthe (Hg.) mit "Gedichte aus Guantánamo"
- Platz 6 - Clemens J. Setz mit "Monde vor der Landung"
- Platz 7 - Julia Schoch mit "Das Liebespaar des Jahrhunderts. Biografie einer Frau
- Platz 8 - Bret Easton Ellis mit "The Shards"
- Platz 9 - Arno Geiger mit "Das glückliche Geheimnis"
- Platz 10 - Hans Joachim Schädlich mit "Das Tier, das man Mensch nennt"
- Platz 10 - Marc Sinan mit "Gleißendes Licht"
