Leseprobe 4.0 Warum ein erfolgreicher Musik-Regisseur jetzt Buchtrailer dreht

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Marcus Sternberg ist im deutschen Filmgeschäft kein Unbekannter. Seit Anfang der 1990er Jahre hat er über 250 Musikvideos gedreht, u.a. für Fettes Brot, Nena, Anastacia, Melanie C., Xavier Naidoo, No Angels und Adel Tawil. Jetzt hat der erfolgreiche Regisseur eine neue Mission. Er will die Kraft des Bewegtbildes noch stärker in der Buchbranche verankern.

Marcus Sternberg Fotograf Tony Haupt

Mittlerweile dreht er rund ein Dutzend Buchtrailer im Jahr für Netz, TV und Kino. Aktuell vorwiegend für Autoren des Piper Verlages wie Jan Weiler, Guillaume Musso oder Rolf Dobelli. Sein jüngster Film, ein Trailer zum Buch „Couchsurfing in Russland” von Stephan Orth, erhielt beim BuchMarkt Award auf der vergangenen Leipziger Buchmesse eine Auszeichnung in der Kategorie „Spot des Jahres“.

Anstoß für den Genrewechsel war ein Auftritt als Sprecher auf der Frankfurter Buchmesse vor einigen. Jahren. Seither steht für ihn fest: Das visuelle Storytelling in kurzen, originellen Filmen eignet sich ebenso perfekt, um über Autoren, ihre Bücher und ihre Themen zu erzählen. Zeitgemäß und mit großer Reichweite. Sein Trailer über Rolf Dobelli und dessen Buch „Die Kunst des guten Lebens“ hat in kurzer Zeit weit über 100.000 Aufrufe auf YouTube erzielt.

„Die Herausforderung, einen guten Trailer mit viraler Kraft zu drehen, ist überraschend ähnlich wie bei Videos für Popstars“ stellt Sternberg fest. „Der Autor ist oft der Hauptdarsteller, den man sehr sorgfältig inszenieren muss. Das Buch ist das Lied, das man mit atmosphärischen Bildern interpretieren kann. Der fertige Trailer muss direkt Lust machen, mehr über das Buch zu erfahren.“

Nach den Anfangserfolgen für Piper ist Sternberg derzeit auf Überzeugungstour durch die deutsche Buchwelt mit dem Ziel, weitere Verlage, vom Wert aufmerksamkeitsstarker und zudem günstig produzierter Buchtrailer zu überzeugen. In Zeiten der Digitalisierung und millionenfacher Leserverluste gelte es zeitgemäße Werbeformen zu finden: „Die Leseprobe 4.0 heißt Bewegtbild“, so Sternberg.

Er ist überzeugt: „Aufregendes Storytelling kann man auch in 20 bewegten und bewegenden Sekunden schaffen! Der Content, der in der Buchbranche entsteht, ist für mich als Regisseur ein wunderbares Sprungbrett, kleine Geschichten zu erzählen, um so wieder junge Leser zu gewinnen.“

Handke auf dem Kopfkissen - 3 Fragen an Marcus Sternberg

Frage: Wie kommt ein erfolgreicher Musikvideoregisseur in die ja doch durchaus etwas weniger glamouröse Buchbranche?
Sternberg: Ich bin, wie man so schön sagt, seit jeher affin. Ich komme aus einer Familie, in der immer viel gelesen wurde, mein Vater ist Germanist und er hat mir schon als Teenager den neuesten Peter Handke auf das Kopfkissen gelegt.

Frage: Was sagen Sie den Verlagen?
Sternberg: Fakt ist, der Buchmarkt schrumpft, die Leser- und Käuferverluste gehen in die Millionen. Neue Leser kann man nur mit neuen Mitteln gewinnen. Mit Plakatwerbung und trockenen Rezensionen in den Feuilletons erreicht man die digitalen Generationen nicht. Buchtrailer können ein wirksames Marketinginstrument sein. Sie lassen sich via Social Media schnell verbreiten, eröffnen neue Vermarktungswege und erreichen neue potentielle Leserschichten.

Frage: Das größte Gegenargument sind doch sicher immer die angeblich hohen Kosten?
Sternberg: Hier muss man ganz deutlich sagen: Niemanden mehr erreichen, wird auf Dauer teurer.

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