Antje Hachmanns Arschlochhund: Von Glitzerwelten in Hundeköpfen – Per Anhalter durch die Hundeszene hat als Taschenbuch im Frekja Verlag (256 Seiten) eine rasante Karriere hingelegt: noch vor dem neuen Harry Potter führt es die Amazon-Vorbestellercharts an. In über 40 Anekdoten aus ihrem gleichnamigen Blog schildert Hachmann das chaotische Leben ihrer „Arschlochhunde“ in Nahaufnahme und bietet dabei ebenso witzige wie bissige Einblicke in die Welt moderner Hundehaltung.
Handlung und Highlights von Arschlochhund
Die Sammlung beginnt mit Episoden aus Hachmanns Familie, in der sie bereits als Kind von „Radarohren-Kessi“ und „Killerdackel“ begleitet wurde. Im Zentrum stehen heute ihre beiden Vierbeiner: Gelenkbus, ein achtjähriger Cane Corso mit beeindruckendem Wendekreis, und Todesstern, eine vierjährige Hündin, deren unnachahmlicher Drang, in alles hinein zu rennen, schnellen Chaos garantiert. Jede Geschichte schildert einen Spaziergang, der zum Horrortrip wird: Sei es, wenn der Gelenkbus die Sabberfäden eines Polizisten an seinem Gewehr verteilt, oder wenn der Todesstern mit vollem Körpereinsatz alle Hindernisse beseitigen will.
Neben diesen Eskapaden begegnen Leser*innen dem panisch zurückgerufenen Tutnix-Hund, wenn das Stichwort „Pilze“ fällt, und allerlei Herrchen und Frauchen, die auf 100 Meter Distanz den absurden Leinenkrieg moderieren. Abgerundet werden die waghalsigen Erlebnisse durch skurrile Begegnungen im Autohaus, beim Tierarzt oder bei Tierschutzvereinen, in denen Tierschutz-Uschi und Tierschutz-Horst ihr Bestes geben, um mit erhobenem Zeigefinger den moralischen Zeigefinder zu erheben.
Skurrile Hundepersönlichkeiten: Gelenkbus, Todesstern & Co.
Antje Hachmann zeichnet jede Figur – menschlich wie tierisch – mit pointiertem Blick. Gelenkbus bleibt nie lange stehen, wenn es etwas zu beschnuppern gibt, und seine Sabberfäden haben schon so manches Autohaus in eine Rutschbahn verwandelt. Todesstern wiederum kennt keine Zurückhaltung: Ein kurzer Knurrer genügt, um Jogger, Kinderwagen oder Fahrradfahrer in Alarmbereitschaft zu versetzen, und das mit einem unnachahmlichen Aufprallgeschwindigkeitsbonus.
Durch diese beiden Hauptdarsteller wird jeder Hundespaziergang zum Spektakel. Hachmann kommentiert die Eigenheiten ihrer Hunde mit einem Augenzwinkern, jedoch ohne sie zu verharmlosen: Ihre Beschreibungen sind so plastisch, dass man die Umgebung förmlich vor sich sieht – von sabberndem Waffenöl bis hin zu heftig umgepflügten Blumenrabatten.
Hundeszene & Tierschutz-Satire im Fokus
Die Welt hinter der Leine ist voller skurriler Subkulturen. Hachmann nimmt in Arschlochhund das ganze Spektrum in den Blick: engagierte Tierschutzaktivistinnen, die für jeden durchgeknallten Straßenvogel eine Petition starten, kontrastiert sie mit gestressten Hundehalterinnen, die schon bei einem einzigen Biß auf einen vermeintlichen Konkurrenten in die Leine greifen.
Besonders amüsant sind die Porträts von Tierschutz-Uschi und Tierschutz-Horst, die jedes noch so kleine Regelwerk verteidigen, aber blind gegenüber den Bedürfnissen ihrer eigenen Hunde bleiben. Diese satirischen Exkurse funktionieren als Spiegel für alle, die schon einmal mit erhobenem Zeigefinger und selbstgestrickten Regeln konfrontiert wurden, während sie versuchen, einen panischen Mischling zu beruhigen.
Erzählstil und Sprachwitz in Arschlochhund
Antje Hachmanns knapper, lakonischer Ton verleiht den Geschichten Tempo und Witz. Anstatt lange Beschreibungen zu verfassen, setzt sie auf kurze, prägnante Sätze und ironische Brechungen, die selbst einen vermeintlich harmlosen Besuch im Autohaus zum Slapstick-Moment machen.
Begriffe wie „Gelenkbus“ oder „Todesstern“ klingen eingängig und bleiben im Gedächtnis. Hachmann kommentiert immer wieder die Sozialdynamiken auf dem Hundeplatz oder die Verrücktheiten von Gassi-Gegnerinnen, ohne belehrend zu wirken. Die Dialoge zwischen Hundehalterinnen, Hundetrainern und gelangweilten Passant*innen liefern den literarischen Zündstoff, der den Leser durchweg bei Laune hält.
Für wen eignet sich Arschlochhund? Lesertipps
Hachmanns Sammlung ist perfekt für alle, die ihr Herz für das Leben mit Vierbeinern entdeckt haben, aber keine Lust auf süßliche Kuschelkitsch-Geschichten. Hundebesitzer*innen finden hier viele Parallelen zu eigenen Erlebnissen: das sabbernde Maul am Neuwagen, das panische Wegzerren beim Morgenspaziergang oder das Unverständnis fremder Reaktionen.
Wer sich in Tierschutzdebatten gern eine Prise Humor gönnt, liegt mit Tierschutz-Uschi & Co. richtig, während Casanova-Fans eher in Zugzwang geraten, wenn Hachmann den Alltag der Gassi-Runde in Szene setzt. Selbst Menschen ohne Hund bekommen durch die pointierten Beobachtungen schnell ein Gefühl dafür, warum man sich sowohl in Hundeverbände als auch in lächerliche Hundekurse verlieben und abstoßend finden kann.
Stärken und Schwächen: Warum Arschlochhund begeistert
Antje Hachmann punktet mit authentischen Hundepromis, die sich nicht in klischeehafte Tiermensch-Freundschaftsdialoge verstricken, sondern ehrlich zeigen, wie es ist, wenn der Vierbeiner zum kleinen Tyrannen mutiert. Ihr Gespür für Situationskomik sorgt dafür, dass man selbst schwierige Spaziergänge bald mit einem Lächeln erinnert.
Allerdings wiederholen sich manche Sabberattacken und Leinenpaniken in ähnlicher Form, sodass der Mittelteil gelegentlich an Fahrt verliert. Zudem bleiben einige Nebenfiguren wie die Hundeplatz-Debattierer recht flach, was angesichts der Fülle an verrückten Hundepersönlichkeiten aber nicht sonderlich auffällt.
Humor und Chaos im Hundeleben
Arschlochhund: Von Glitzerwelten in Hundeköpfen ist eine urbane Pflichtlektüre für alle, die das Zusammenleben mit Vierbeinern lieben und zugleich wissen, dass Hunde nicht immer niedlich sind. Antje Hachmann mixt tragikomische Alltagserlebnisse mit scharfer Satire, sodass das Buch sich nicht nur als Geschenkbuch für Hundebesitzer*innen eignet, sondern auch als Spiegel für jeden, der schon einmal die Leine losgelassen und dabei ein Chaos entfacht hat.
Wer schon beim Anblick eines großen Hundeschattens vor Panik in die Leine zerrt, findet in Arschlochhund das ideale Gegenmittel: eine ordentliche Portion Humor und die Gewissheit, dass selbst die wildeste Bestie nur ein geliebtes Haustier sein will.
Über Antje Hachmann: Hundebloggerin und Autorin
Antje Hachmann wuchs mit Hunden auf und entwickelte schon als Kind eine leidenschaftliche Bindung zu ihren vierbeinigen Begleitern. Mit „Radarohren-Kessi“ und dem berüchtigten „Killerdackel“ sammelte sie früh skurrile Erlebnisse, die sie später in ihrem bekannten Blog „Arschlochhund“ verarbeitete. Hachmanns unbestechlicher Blick für komische Alltagsmomente und ihre ehrliche, lakonische Erzählweise haben ihr eine treue Online-Community eingebracht.
Als erfahrene Hundebesitzerin dokumentiert sie in ihrem Blog seit Jahren Anekdoten aus dem Leben mit „Arschlochhunden“ und vermittelt dabei ebenso hilfreiche Tipps zu Hundehaltung wie satirische Spitzen gegen wandelnde Tierschutz-Mythen. Mit ihrem Debüt „Arschlochhund: Von Glitzerwelten in Hundeköpfen“ hat sie die Blog-Mementos erstmals in Buchform herausgegeben.
Neben ihrer Tätigkeit als Autorin engagiert sich Hachmann in lokalen Hundeschulen und organisiert regelmäßig Lesungen in Tiercafés oder Buchhandlungen, bei denen sie gemeinsam mit ihrem eigenen Cane Corso („Gelenkbus“) und weiteren Vierbeinern auftritt. Ihr Ziel: Literatur und Hundetraining auf unterhaltsame Weise zu verbinden. Antje Hachmann lebt in einer Kleinstadt in Nordrhein-Westfalen, wo sie weiterhin mit wechselnden Hunden zusammenlebt und ihre Blogleser*innen stets mit frischen Geschichten aus dem Gassi-Alltag versorgt.
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