Der Gärtner Geheimnisse vergraben

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Wer sein Leben lang ein Stück weit Kind bleiben möchte, werde Überraschungseifigureningenieur oder Gärtner.

Gärtnerin, glücklich im Garten (Motiv aus dem kleinen Buch „Der himmlische Heinrich–eine perfekte Liebeserklärung“ A.S. Henriette Vogel) Illustration © Yvonne Kuschel / yvonne-kuschel.de

Ich habe tatsächlich mal einen Mann kennengelernt, der Ingenieur war und diese kleinen Figürchen (die lustigste: Elvis als Bauchtänzer!) konstruierte. Wir waren Sitznachbarn im Intercity von Frankfurt nach Hamburg und ich staunte, was er über seinen Werdegang und den Berufsalltag zu berichten hatte. Gärtner kann man sicher einfacher werden.

Kinder graben gerne in der Erde, spielen mit Wasser, tragen Gummistiefel, lieben Werkzeuge aller Art (auch laute), schneiden gerne alles ab was sie nicht sollen, graben tiefe Löcher, verstecken Dinge, die keiner mehr findet...

Gärtner machen das alles auch. Doch mit einem schönen Unterschied: Verstecktes kommt von alleine raus! Niemand muss danach suchen. Zum Beispiel Tulpenzwiebeln: im Herbst in der Erde versteckt, kommen in den folgenden Jahren immer wieder Blüten ans Tageslicht. Manchmal wechseln sie sogar die Farben! Überraschungen ohne Ende!

Alles, was der Gärtner pflanzt, läßt auf sich warten wie der Weihnachtsmann. Kommt es überhaupt? Wann endlich? Wird es eine blühende Pracht? Eine prachtvolle Ernte? Bleibt der Wettergott wohlgesonnen oder vernichtet er all die mühevolle Arbeit? Fressen Tiere die Früchte und Wurzeln restlos auf?

Der Gärtner hofft und wartet und läßt sich immer wieder überraschen. Der Gärtner darf alles in den Mund stecken und sich schmutzig machen, darf Wasser verspritzen, ohne dass jemand schimpft. Er bekommt immerzu Besuch in seinem Garten, doch nicht jeder bringt Kuchen mit. Einige Besucher kommen ungebeten, wie Katzen oder Vögel.

Gegen manche Besucher muss er in den Krieg ziehen, ganze Völker ausrotten: die armen Ameisen, die Maulwürfe, die Schnecken!!

Manche Gärtner arbeiten auf Friedhöfen, andere in Parks. Es gibt Schrebergärtner und Balkongärtner. Es gibt Menschen, die den Beruf des Gärtners gelernt haben, weil sie das Gärtnern lieben, aber es gibt auch Menschen, die als Gärtner arbeiten, weil sie die Natur hassen. Die letzteren möchte man nicht kennen.

Als ich Kind war, vergrub ich sehr gerne geheimnisvolle Bilder. Und wenn mir danach war, suchte ich die nur mir bekannte Stelle und grub vorsichtig bis eine gläserne Oberfläche erschien. Unter dem Glas war das Bild, das ich aus allerlei Fundstücken gestaltet hatte. Die schönsten Bilder entstanden, wenn man den abgebrochenen Boden einer Flasche fand. Aber so etwas musste man erst finden! In einem Land, in dem man Geld für Leergut bekam, fand man sehr selten zertrümmerte Flaschenreste. Gärtnerin bin ich dann doch nicht geworden, dafür eine Bildermacherin.

Und wer weiß, ob mir der Herr im Zug die Wahrheit sagte... Ich erzählte früher manchmal auch, dass ich Krankenschwester wäre, obwohl das gar nicht stimmte. Wahrscheinlich gibt es gar keine Überraschungseifigureningenieure...

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