Kiss Me Now ist der dritte Band von Stella Tacks „Kiss the Bodyguard“-Reihe – und derjenige, der aus funkelnder RomCom plötzlich Ernst macht. Statt College-Flur oder Hof-Slapstick erzählt Tack eine Royal Romance mit Reifeprüfung: Prinzessin Eve begegnet Kingsley, dem Sohn eines Palast-Bodyguards – erst als Flirt, dann als schmerzhafte Erinnerung, schließlich als Mann, der den Job seines Vaters übernimmt. Aus dem Märchen-Setting wird ein Text über Autonomie, Verantwortung und den Mut, öffentlich zu sich zu stehen. (Ravensburger, 2022; mit Bonus-Story „Kiss Me Alex!“.)
Was passiert in "Kiss Me Now" – Zwei Jahre, ein Verlust, eine zweite Chance
Eve ist eine Prinzessin eines fiktiven Königshauses; Kingsley, ein freiheitsliebender Rebell, wächst als Sohn eines Palast-Bodyguards in der Sicherheitsblase auf – immer knapp neben der höfischen Etikette. Als die beiden sich begegnen, ist die Chemie sofort da: Banter, heimliche Blicke, kleine Fluchten aus dem Protokoll. Dann zerreißt ein Angriff die Bühne: Kingsleys Vater wirft sich schützend dazwischen und stirbt. Eve und Kingsley trennen sich – aus Trauer, Schuldgefühlen, Überforderung. Zwei Jahre später kehrt Kingsley zurück – mit dem Auftrag, Eves Schutz zu übernehmen. Der Mann, mit dem sie fast hätte frei sein können, wird zu dem, der sie dienstlich beschützen soll. Und plötzlich ist jeder Schritt, jede Berührung, jedes Wort doppelt codiert: privat und öffentlich, Gefühl und Protokoll.
Tack baut die Spannung nicht über Palastintrigen, sondern über Grenzverhandlungen. Eve will selbstbestimmt sein; Kingsley will nicht scheitern, weder am Job noch am eigenen Herzen. Im Fahrwasser des Hofes treiben Presse, Ruf, Familienerwartung – jeder Fauxpas wird gerahmt und weitergetragen. Das führt zu vielen kleinen Entscheidungen: Welche Termine spielt man mit? Wer darf etwas wissen? Wie redet man miteinander, wenn jede Geste vor Publikum stattfinden könnte? Und gibt es überhaupt eine Zukunft, in der Liebe und Sicherheitsprotokoll einander nicht zersägen? (Die konkreten Twists lassen wir aus; wichtig ist: Die Kurve geht weg von süßer Fantasy hin zu echter Erwachsenheit.)
Sicherheit, Souveränität, Sichtbarkeit
Freiheit vs. Fürsorge: Wer „beschützt“, kann befähigen – oder entmündigen. Eve besteht auf Zustimmung und Mitsprache; Kingsley muss lernen, dass das „sicherste“ Vorgehen nicht immer das richtigste ist, wenn dabei ein Mensch verschwindet.
Status als Risiko: Royal-Sein bedeutet permanente Sichtbarkeit: Kameras, Termine, Frame-Kämpfe. Liebe braucht Privatsphäre, der Palast produziert das Gegenteil. Der Roman zeigt, wie man unter Beobachtung authentisch bleibt – oder warum es misslingt.
Trauerarbeit & Schuld: Der Tod von Kingsleys Vater ist kein bloßer Backstory-Schmerz, sondern Handlungsmotor: Beide Figuren müssen klären, was sie einander schulden – und was sie sich selbst schulden.
Rollenswitch im Trope: Bodyguard-Romance kennt das ungleiche Machtgefälle. Hier arbeitet Tack gegen Klischee: Kingsley ist nicht der allmächtige Schattenmann, sondern jemand, der lernen muss – und Eve nicht „die zu Beschützende“, sondern Akteurin ihrer Sicherheit.
Royal Romance, aber ohne Märchenkitsch
Der Band greift die Lust auf Royal-Settings auf – und erdet sie. Statt Bälle und Glitzer gibt es Pressearbeit, Netzsicherheit, Risikobewertungen. Das trifft einen Nerv, weil die Geschichte damit zeitgemäß wird: Wie viel Selbstbestimmung verträgt eine Rolle, die per Definition repräsentativ ist? Gleichzeitig hält der Text den Reihencharakter warm: Wiederbegegnungen mit Figuren aus den Vorgängern, aber ohne Pflichtlektüre-Gefühl; Bonus-Story „Kiss Me Alex!“ als Zuckerstück für Fans.
Stil & Sprache – Banter mit Bauchgefühl, Dual POV
Tack schreibt in wechselnden Perspektiven (Eve/Kingsley). Das ist handwerklich klug, weil es die Dilemmata beider Seiten sichtbar macht: Wir sehen, wann Schutz Fürsorge ist – und wann Grenzüberschreitung droht. Der Ton: schnell, dialogstark, mit mehr Gefühlsernst als in Band 1 und 2, ohne den typischen Humor zu verlieren. Küsse, Nähe, Knistern: romantisch statt voyeuristisch; die Zielgruppe bleibt YA/NA.
Zielgruppe – Wer hier glücklich wird
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Leser, die Royal Romance wollen – aber mit Kompetenz statt Kronen-Glitzer pur.
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Fans von Bodyguard-Tropes, die Grenzen und Zustimmung nicht nur erwähnt, sondern verhandelt sehen möchten.
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New-Adult-Leser, die Charakterentwicklung und Crew-Feeling mögen (Wahlfamilie, Palast-Crew, Verlässlichkeit).
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Weniger geeignet für alle, die maximale Security-Realistik erwarten: Das Setting folgt klar der Romance-Logik.
Stärken & mögliche Reibungen
Stärken
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Erwachsener Ton: Der Verlust im Prolog verleiht der Liebesgeschichte Gravitas, ohne den Spaß zu löschen.
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Dual POV, der trägt: Beide Perspektiven arbeiten die Moralfragen sauber heraus (Pflicht, Schuld, Öffentlichkeit).
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Trope, aber mit Dreh: Bodyguard + Royal – doch Eve bleibt Akteurin, Kingsley muss liefern; das kippt Rollenbilder klug.
Reibungen
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Security-Logik light: Einige Abläufe sind romCom-tauglich, nicht protokollfest – wer Realismus will, stolpert.
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Genre-Beat-Erkennung: Paparazzi, „Kein Dating“-Regel, Krisenkommunikation – bewusst tropesavvy.
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Weniger Klamauk: Wer den überdrehten Humor aus Band 1 sucht, findet hier mehr Herz als Schabernack.
Lese- und Gesprächsschlüssel
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Boundary Setting: Markiere Szenen, in denen Eve Grenzen setzt (Termine, Öffentlichkeit, Berührung). Wie reagiert Kingsley – defensiv oder lernend?
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Sichtbarkeit & Storytelling: Welche Frames (Presse, Hof, Social Media) greifen auf die Liebesgeschichte zu – und wie holen die Figuren sich Deutungshoheit zurück?
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Trauerarbeit: Der Tod des Vaters ist nicht „nur“ Auslöser. Wo wird er verhandelt, wo verdrängt – und wie färbt das die Beziehung?
Über die Autorin – Stella Tack
Stella Tack zählt zu den prägenden Stimmen im deutschsprachigen New Adult. Mit „Kiss the Bodyguard“ landete sie Bestseller-Erfolge; parallel folgten Reihen wie „Night of Crowns“, „Black Bird Academy“ und „Ever & After“. Ihr Markenzeichen: schnelle Dialoge, selbstbestimmte Heldinnen, Gefühlsernst ohne Schwere – und Settings, die Trope-Freude mit Gegenwartsfragen verbinden.
Liebe mit Rückgrat
Kiss Me Now ist der reifste Teil der Reihe: romantisch, aber nicht leichtfertig; glamourös, aber bodenständig in den Fragen, die zählen – Zustimmung, Souveränität, Sichtbarkeit. Wer eine Royal Romance sucht, in der Herz und Haltung zusammengehen, liegt hier richtig. Und wer wissen will, ob ein Trope wie „Bodyguard liebt Schützling“ ohne Rettungsfantasie auskommt, bekommt eine elegante Antwort: Ja – wenn beide wachsen.
So liest du weiter
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Band 1: Kiss Me Once (Ivy & Ryan, College)
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Band 2: Kiss Me Twice (Silver & Prescot, Royal-Setting)
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Band 3: Kiss Me Now (Eve & Kingsley, Palast & Personenschutz)
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