Christoph Peters' Roman "Der Sandkasten" entführt uns in die Untiefen der Berliner Politlandschaft, wo Machtspiele und persönliche Krisen aufeinandertreffen. Der Protagonist, Kurt Siebenstädter, ein renommierter Radiomoderator, navigiert durch ein Dickicht aus politischen Intrigen und persönlichen Herausforderungen, das die Abgründe des politischen Betriebs offenbart. Der Roman ist erstmals am 31.08.2022 bei Luchterhand erschienen und liegt seit dem 11.12.2024 als Taschenbuch bei btw vor.
Inhaltsangabe
Kurt Siebenstädter, Mitte fünfzig, hat sich als Moderator einer politischen Morgensendung einen Ruf als kompromissloser Interviewer erarbeitet. Er stellt unbequeme Fragen und scheut nicht davor zurück, die Mächtigen zur Rechenschaft zu ziehen. Doch die Zeiten ändern sich: Die Coronakrise erschüttert das Land, und Siebenstädter findet sich zwischen staatlichen Maßnahmen und Verschwörungstheorien wieder. Seine kritische Haltung wird zunehmend als störend empfunden, und er spürt, dass seine Karriere auf der Kippe steht. Als ihm die Liberalen ein verlockendes Angebot machen, die Seiten zu wechseln, und die aufstrebende Sozialdemokratin Maria Andriessen persönliches Interesse an ihm zeigt, steht Siebenstädter vor Entscheidungen, die nicht nur seine berufliche, sondern auch seine private Zukunft betreffen.
Sprachstil, Sprachfarbe und Spannungsaufbau
Christoph Peters setzt auf einen inneren Monolog, der durch lange, verschachtelte Sätze und assoziative Sprünge den Gedankenfluss von Siebenstädter spiegelt. Der Stil ist analytisch, scharf beobachtend und mit einer gewissen Lakonieversehen. Die Sprache ist oft bissig, stellenweise sarkastisch, aber gleichzeitig von einer fast fatalistischen Melancholie durchzogen.
Die Wortwahl ist präzise, mit zahlreichen Anspielungen auf gesellschaftliche und politische Realitäten. Durch eine Vielzahl von Adjektiven und szenischen Details schafft Peters eine dichte Atmosphäre, die den Lesenden tief in die Wahrnehmung seines Protagonisten hineinzieht. Dabei gibt es immer wieder ironische Brechungen, etwa wenn die Mechanismen von Shitstorms oder politischer Korrektheit mit überzeichneter Detailliertheit beschrieben werden.
Ein wiederkehrendes Motiv ist die Enge und Beklemmung – sei es in der Vorstellung eines drohenden Karriereendes, in der politischen Szenerie oder in Siebenstädters privatem Leben. Auch die körperlichen Empfindungen werden präzise dargestellt, etwa der eigene Atem hinter der Maske oder der Geruch von Schnaps im öffentlichen Nahverkehr.
Peters erzeugt Spannung nicht durch äußere Handlung, sondern durch eine innere Eskalation der Gedanken. Der Protagonist schwankt zwischen Resignation und Zorn, zwischen Unsicherheit und Arroganz. Seine Gedankengänge sind oft von einem Gefühl des drohenden Scheiterns durchzogen – sei es beruflich oder privat. Dadurch entsteht eine unterschwellige Spannung: Wann gerät Siebenstädter endgültig in eine Situation, aus der es kein Zurück mehr gibt?
Die Leichtigkeit ist in diesem Text stark begrenzt. Stattdessen dominieren eine schwere, oft düstere Grundstimmung und eine beständige Ironie, die sich aus der Diskrepanz zwischen gesellschaftlichen Anforderungen und persönlichem Empfinden speist. Die einzigen „leichten“ Momente entstehen durch die trockene, teils bittere Ironie, die insbesondere in den Beobachtungen über den Berliner Alltag und die Medienmechanismen liegt.
Peters arbeitet mit einem hochreflektierten, sarkastischen Sprachstil, der an Autoren wie Wolfgang Koeppen oder Michel Houellebecq erinnert. Der Roman vermittelt eine schwere, von Ironie durchsetzte Weltsicht, die sich sprachlich in verschachtelten, treibenden Sätzen manifestiert. Spannung entsteht aus der inneren Zerrissenheit des Protagonisten, während die Leichtigkeit fast völlig der Bitterkeit und Resignation weicht.
Kritische Einschätzung
Peters gelingt es meisterhaft, die Atmosphäre des Berliner Politikbetriebs einzufangen. Sein Roman erinnert in seiner Struktur und Thematik an Wolfgang Koeppens "Das Treibhaus" und bietet eine schonungslose Bestandsaufnahme der politischen Kultur Deutschlands. Die Figuren sind scharf gezeichnet, und die Anspielungen auf reale Politiker verleihen dem Werk eine zusätzliche Brisanz. Der ironische Unterton und die präzise Sprache machen "Der Sandkasten" zu einer fesselnden Lektüre, die den Leser in die Abgründe der Macht eintauchen lässt. "Der Sandkasten" ist ein brillanter Politroman, der die Mechanismen des Berliner Politikbetriebs entlarvt und gleichzeitig die persönlichen Krisen eines Mannes in den Mittelpunkt stellt, der versucht, seinen Platz in einer sich wandelnden Welt zu finden. Peters' scharfsinnige Beobachtungen und sein feiner Humor machen das Buch zu einem Lesevergnügen mit Tiefgang.
Über den Autor
Christoph Peters, geboren 1966 in Kalkar am Niederrhein, ist ein deutscher Schriftsteller und studierter Maler. Seit 2000 lebt er als freier Autor in Berlin und hat zahlreiche Romane veröffentlicht, die mehrfach ausgezeichnet wurden. Mit "Der Sandkasten" liefert er erneut ein Werk ab, das durch seine gesellschaftskritische Tiefe und literarische Qualität besticht.
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