Im Jahr 2020 von dem Verlegerpaar Kateřina Tschirner-Kosová und Jürgen Tschirner gegründet, hatte der Leipziger Verlag "Tschirner & Kosová" alles andere als wünschenswerte Starbedingungen. Inhaltlich ist der Verlag auf historische Begebenheiten in Deutschland und der Tschechischen Republik ausgerichtet, wobei sowohl die komplizierte Vergangenheit als auch die erfreuliche Gegenwart thematisch aufgegriffen werden. Bisher sind zwei aufschlussreiche, hochwertige Sachbücher erschienen.
Der Leipziger Verlag "Tschirner & Kosová" verlegt Sachbücher, Dokumentationen, Replik-Ausgaben, Graphic Novels und Spiele, die allesamt einen Bezug zu den Nachbarländern Deutschland und Tschechien aufweisen. Das Verlegerpaar - Kateřina Tschirner-Kosová und Jürgen Tschirner - gründeten den Verlag im Jahr 2020, nachdem Kateřina Tschirner-Kosová in ihrem Heimatland Tschechien auf das Buch „Krvavé léto 1945“ des Prager Autors Jiří Padevět aufmerksam wurde. Darin setzt sich Padevět mit den sogenannten "Wilden Vertreibungen" auseinander, die zwischen Mitte Mai und Anfang August 1945 auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik stattfanden. Während der Lektüre fiel dem Paar auf, dass sie entweder gar nicht oder falsch über dieses Thema informiert waren. Der Entschluss, das Buch (und somit ein hierzulande kaum beleuchtetes Thema) ins Deutsche zu übersetzen, war zugleich die Geburtsstunde des Verlags Tschirner & Kosová. Nach langer harter Arbeit erscheint Jiří Padevěts Buch unter dem Titel "Blutiger Sommer 1945" am 8. Juli 2022 auf Deutsch. Am 19. März erschien außerdem das Buch "Was geschah in Saaz und Postelberg im Juni 1945" von Andreas Kalckhoff.
Jiří Padevěts (Autor), Jana Heumos (Übersetzer): "Blutige Sommer 1945"
Die bisher umfangreichste Dokumentation über die Gewaltakte an Deutschen während der „wilden Vertreibungen“ zwischen Mai und August 1945 auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik.
In diesem Buch findet der Leser Informationen über die Gewaltakte, die zwischen Mai und August 1945 auf dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik an Deutschen verübt wurden. Es geht um Ereignisse, die mit der wilden Vertreibung der Deutschen in Böhmen und Mähren verbunden sind. Thematisiert werden auch Vorgänge, bei denen sowohl Soldaten der Roten Armee als auch anderer auf dem Territorium der ehemaligen Tschechoslowakei operierenden Armeen zu den Tätern gehörten.
Alle Ereignisse sind in Form von topographischen Stichworten dargestellt und werden vom Autor nicht bewertet oder kommentiert. Hier wird lediglich beschrieben, was an dem angegeben Ort passiert ist. Bei der Lektüre wird klar, dass die vom nationalsozialistischen Deutschen Reich in Gang gesetzte Gewaltmaschinerie am 8. Mai 1945 nicht endete, sondern sich weiter fortsetzte – wenn auch mit anderen Akteuren in der Täter- beziehungsweise Opferrolle. Der Text in diesem Buch wird durch umfangreiches Bildmaterial bereichert.
Andreas Kalckhoff: "Was geschah in Saaz und Postelberg im Juni 1945"
Der Ort Postelberg wurde Anfang Juni 1945 zum Schauplatz von Verbrechen gegen die Menschlichkeit an der lokalen deutschsprachigen Bevölkerung. Offiziell wurden fast 800 Menschen ermordet, während auf deutscher Seite mehr als 1.500 als vermisst gelten.
Niemand weiß, wie viele Einwohner des Saazerlandes nach dem Krieg tatsächlich getötet wurden. Abgesehen von einer Exhumierung nach dem Krieg, die von einer parlamentarischen Kommission angeordnet wurde, sind keine umfassenden Untersuchungen durchgeführt worden. Die Mörder selbst gaben bei der Untersuchung im Jahr 1947 an, dass die Zahl der Opfer „etwa tausend“ betrug. Es handelt sich jedoch mit Sicherheit um die größte ethnische Säuberung an einem Ort in Europa seit Ende des 2. Weltkriegs bis zum Massaker in Srebenica in Bosnien Mitte der 1990er Jahre. Der Vergleich mit Srebenica ist mehr als treffend: Vor dem Krieg lag Postelberg/Potoloprty genau an der tschechisch-deutschen Sprachgrenze, und die beiden Völkergruppen waren zahlenmäßig fast gleich stark vertreten.
In diesem Buch werden Geheimakten aus tschechischen Archiven ausgewertet, welche die Ereignisse aus Sicht der Täter dokumentieren. Überlebende Opfer der Inhaftierung und Vertreibung erzählen nach vielen Jahren erstmals ihre Geschichte der tschechischen Öffentlichkeit. Tschechische Journalisten, Schriftsteller und Theaterleute machen die Nachkriegsverbrechen in Nordböhmen ihren Landsleuten durch Zeitungsartikel, Ausstellungen und Theateraufführungen bekannt. Auch in Deutschland berichten Medien jetzt über „Postelberg“.
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