Millennium 4 wird zur Bühne für die exzentrische Mega-Hackerin. Lesering verrät, wer Spaß an "Verschwörung" hat.
Wohl kaum ein neues Buch wurde so stark diskutiert wie die Fortsetzung der Millennium-Trilogie durch Auftrags-Autor David Lagercrantz. In den ersten Kundenrezensionen bei Amazon für "Verschwörung" scheiden sich die Geister: Salander-Fans lieben es und sind froh, überhaupt etwas von der Cyber-Punkerin lesen zu können. Kritiker bemängeln langatmige Beschreibungen, logische Brüche und zu wenig Spannung.
Worum geht´s? David Lagercrantz startet "Verschwörung" mit mehreren Handlungssträngen. Ein kurzes, mysteriöses Intro mit Lisbeth Salander macht zunächst Lust auf mehr. Star-Reporter Mikael Blomkvists Zeitschrift Millennium steht wieder einmal vor dem Ruin; ein mächtiger Medienmogul will das philanthropische Blatt übernehmen.
Zum Glück lockt ein Informant mit einer Exklusivstory. Blomkvist ist an dem vagen Geschichtchen gar nicht so recht interessiert, vermutet aber, dass Lisbeth Salander mit dem Fall zu tun hat. Die ist aber mittlerweile Kopf einer internationalen Hacker-Gang und zieht aus Gründen der Selbstjustiz im Internet zu Felde.
Kern ist jedoch die Flucht des genialen Wissenschaftlers Frans Balder, der offenbar Firmengeheimnisse seines letzten Arbeitgebers entwendet hat und deswegen verfolgt wird. Der eigentliche Geheimnisträger ist jedoch dessen autistischer Junge. Der kann zwar nicht sprechen, aber malen. Und das tut er zum Glück in höchster Not, um die Geschichte aufzulösen.
Die Bedrohungen und Verschwörungen, die sich entwickeln, bleiben allerdings stets auf relativ abstrakter Ebene.
Die Weiterentwicklung der Millennium-Serie hat David Lagercrantz insbesondere als Erhöhung der Handlungsstränge verstanden. So treffen sich Mikael Blomkvist und Lisbeth Salander tatsächlich erst zum Schluß; diverse neue Figuren und Handlungsstränge entwickeln sich parallel.
Fazit: "Verschwörung" ist ein durchschnittlicher Thriller von einem Auftragsautor, der möglicherweise in anderen Genres besser aufgehoben ist. Allerdings gelingt es David Lagercrantz, mehr und für Fans Spannendes über Lisbeth Salander zu erzählen. Dass die inzwischen geradezu übermenschliche Fähigkeiten entwickelt hat, mag man der Figur daher verzeihen.
Für wen eignet sich´s? Fans von Lisbeth Salander werden begeistert sein. Die Hackerin erhält reichlich neue Charaktere-Dimensionen, legt sich natürlich gleich mit der NSA an und geht mit einer frischen Schussverletzung zum Boxtraining. Insgesamt ist die Handlungsentwicklung trotz der häufigen logischen Brüche noch akzeptable Thriller-Kost, und Salander bekommt endlich einen gleichwertigen Konterpart. Wer die Millennium-Trilogie nicht kennt, sollte jedoch nicht zuerst zum vierten Band greifen. Der Autor versucht durch stete Rückblenden beweisen zu wollen, dass er die Bücher von Stieg Larsson gelesen hat. Dadurch nimmt er viel vom Lesefluss. Oft nerven erfahrene Leser die leicht durchschaubaren Cliffhanger, und phasenweise wirkt der Text entweder wie nicht gut lektoriert oder übersetzt.
Zudem ist David Lagercrantz nun wirklich nicht der beste Spannungsautor: Selbst dramatische Szenen wie der erste Mord reißen durch unpassend eingestreute Rückblenden einfach nicht mit. Das konnte Stieg Larsson besser, und die aktuellen Top-Autoren des Fachs auch.
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