Ein Profil, ein Match, ein erstes Treffen – und plötzlich wirkt jede Geste wie Beweismittel. Der Freund – Ist er dein Traumpartner oder dein Killer? ist Freida McFaddens neuer Psychothriller um die Fallhöhe moderner Romantik: zwischen roten Flaggen und rosa Brille, zwischen Sehnsucht und Selbstschutz. In Deutschland erschien das Buch im Heyne-Verlag, der Roman basiert auf dem US-Original The Boyfriend – und stieg direkt nach Veröffentlichung prominent in die Bestsellerlisten ein. Wer McFaddens doppelbödige Twists liebt, bekommt hier das volle Programm: falsche Fährten, wechselnde Verdachtsmomente und eine Protagonistin, die lernt, dass Nähe ohne Risiko ein Märchen ist.
Handlung von Der Freund – Sydney, Tom und das gute Gefühl, das nicht greift
Sydney Shaw ist Single, überarbeitet und wünscht sich nichts sehnlicher als Normalität: ein Partner, ein entspannter Sonntag, keine Stories, die man Freunden verheimlicht. Das erste App-Date ist ein Vollcrash – doch kurz darauf tritt Tomin ihr Leben: attraktiv, zugewandt, Arzt mit anständigen Manieren und einem Blick, der beruhigt. Während Sydney sich fallen lassen möchte, erschüttert die Stadt eine Mordserie: Frauen, die über Dating-Apps verabredet waren, werden tot aufgefunden. Die Polizei vermutet einen Serientäter, der sein Opfer über Matches auswählt. Sydney sagt sich: Was immer da draußen passiert – Tom ist anders. Und doch sitzt da dieser Zweifel, der nicht gehen will: Jemand beobachtet sie.
Parallel setzt McFadden Rückblenden – ein Junge/ junger Mann, Tom, Daisy, Obsession und Gedanken, die zu dunkel sind, um sie auszusprechen. Wie die Zeitebenen zueinander finden, ist der Motor des Buchs. Sicher ist nur: Je stärker Sydney sich bindet, desto enger wird der narrativ gezogene Korridor, in dem sich Verdacht, Alibi und Red Flagsüberlagern. Wer hier der Freund ist und wer die Rolle nur spielt, bleibt lange uneindeutig – bis die Wahrheit auf den Tisch muss und das Endgame beginnt. (Mehr verrate ich nicht; der Roman lebt vom Momentum seiner Wendungen.)
Sehnsucht, Selbstschutz, Serialität der Gefahr
Online-Dating als Risikoarchitektur: Apps versprechen Effizienz. McFadden zeigt das Gegenteil: Informationsasymmetrien. Profile sind Masken; Matching-Algorithmen liefern Vertrautheit, wo eigentlich Fremdheit herrscht. Der Roman zieht daraus Spannung, ohne Technik zu verteufeln: Das echte Problem sind Narrative, die wir uns über Menschen erzählen – gern viel zu früh.
Red Flags & kognitive Dissonanz: Sydney sieht Warnsignale – und erklärt sie weg: aus Hoffnung, aus Einsamkeit, aus sozialem Druck („Wann gibt’s Enkelkinder?“). Der Text arbeitet sauber heraus, wie schnell aus „Ich bin vorsichtig“ ein „Ich will nicht misstrauisch sein“ wird – und wie Täterprofile genau diese Höflichkeit ausnutzen.
Macht der Erzählung: Der Wechsel zwischen Gegenwart und Rückblenden ist nicht nur Show, sondern Methode: McFadden stellt zwei Geschichten nebeneinander – Begehren und Bedrohung – und lässt die Leser zwischen ihnen pendeln, bis beide Bilder zueinander passen (oder eben nicht). Das macht den Reiz ihrer Thriller aus: Plot als Wahrnehmungsexperiment.
Kleinstadtkosmos & öffentliche Angst: Mordfälle in Serie erzeugen Gemeinsamkeitsdruck: Jeder kennt jemanden, der jemanden kennt – und plötzlich hat jeder ein Alibi zu verkaufen. Der Roman nutzt das Setting, um Gerüchte als zweite Ermittlungsakte zu inszenieren.
Stil & Sprache – Kurze Kapitel, harte Kanten, kalte Luft
McFadden bleibt ihrer Signatur treu: kurze Kapitel, pointierte Szenen, schnelles Cliffhanger-Timing. Dialoge sind knapp, innere Monologe unwiderstehlich misstrauisch – und doch glaubhaft, weil die Figuren an ihren Wünschen scheitern, nicht an Dummheit. Wer „Housemaid“ mochte, erkennt die Nervensehne wieder: nicht blutig, aber psychologisch eng; nicht literarisch verschnörkelt, sondern präzise getaktet. Das macht „Der Freund“ zum Pageturner, der zuverlässig „Nur noch ein Kapitel“-Nächte auslöst.
Vom Hausmädchen zur Datingfalle
Nach ihrer Erfolgsserie um The Housemaid (deutsch: Die Haushälterin u. a.) hat McFadden ein Publikum, das ihr über Genregrenzen folgt. „Der Freund“ schließt da an, wo ihre Bücher stark sind: Alltagsnahe Prämisse, hohe Identifikationsfläche, Twists mit „Hätte ich sehen können“-Qualität. Bemerkenswert: Der deutsche Start war so stark, dass der Titel sofort vorn in den Charts auftauchte – ein Hinweis, wie sehr die Dating-Gefahr-Thematik gerade resoniert.
Für wen eignet sich das Buch?
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Psychothriller-Fans, die Spannung lieber über Ungewissheit als über Splatter beziehen.
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Leser, die Online-Dating-Realität literarisch gespiegelt sehen wollen – inklusive der Mechanik, wie Manipulation funktioniert.
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Buchclubs, die Spaß an moralischen Graubereichen haben: Vertrauen, Bauchgefühl, Wahrnehmungsfehler.
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Alle, die McFaddens Twist-Ökonomie schätzen: schnörkellos, aber gemein effektiv.
Stärken & mögliche Schwächen
Stärken
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Tolle Prämisse, perfekt getimt: Dating-Angst als Thrillmotor funktioniert – universell nachvollziehbar.
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Twist-Handwerk: Hinweise sind gesetzt, Auflösungen fair; man fühlt sich ertappt, nicht betrogen.
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Taktung: Kapitelrhythmus erzeugt konstantes Lesetempo, ohne die Figuren zu opfern.
Schwächen/ Reibungen
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Genre-Formel sichtbar: Routiniert im besten Sinn, aber geübte Thrillerleser erkennen Set-ups früh.
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Zweite Ebene Geschmackssache: Die Rückblenden/Obsessions-Passagen triggern – gewollt, aber verstörend.
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Vergleichsdruck: Wer das emotionale Hoch von The Housemaid erwartet, findet hier weniger „sozialen Furor“, mehr klassische Suspense.
Red-Flag-Radar & Gesprächsanker
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Praktischer Blick: Achte beim Lesen auf die Mikro-Kontrollmuster (ständiges Checken, subtile Abwertungen, Information Horten). Das Buch eignet sich als Trainingsraum für’s eigene Bauchgefühl.
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Gesprächsleitfaden: Was ist für dich eine nicht verhandelbare Grenze beim Daten? Wo würdest du Freund:innen warnen?
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True-Crime-Vorsicht: Der Roman bedient nicht True-Crime-Voyeurismus, sondern zeigt Alltagsentscheidungen als Kippmomente – das macht ihn nüchterner als viele TV-Formate.
Über die Autorin – Freida McFadden
Freida McFadden ist US-Ärztin und Bestsellerautorin, international in über 40 Sprachen veröffentlicht. Ihr Markenzeichen: psychologische Spannung mit hohem Twist-Faktor – zugänglich, zügig, mit Alltagsszenarien als Brandbeschleuniger. In jüngeren Interviews sprach sie offen über den Spagat zwischen Medizin und Schreiben und darüber, warum sie bei Adaptionen (etwa The Housemaid, Filmstart Dezember 2025) mutige Änderungen durchaus schätzt. Kurz: Sie kennt das Nervensystem – medizinisch und literarisch.
Vertrauen ist gut, Misstrauen überlebenswichtig
Der Freund ist kein Splatterfest, sondern ein präziser Psychothriller über das Loch, in das wir fallen, wenn Wunschlauter ist als Warnung. McFadden hält die Spannung mit Kniff und Kante hoch, tarnt Spuren als Zufälle und zwingt ihre Heldin (und uns) dazu, Wahrnehmung zu prüfen. Perfekt für Leser, die modern erzählte Suspense mit Alltagsnähewollen – und für alle, die endlich wieder ein Buch suchen, das man zu spät in der Nacht weglegt.
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