Beauty and the Bachelor von Kelly Oram – Reality-TV, ein CEO mit Countdown und eine Stylistin, die nicht „die Rolle“ spielt

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Ein Milliardär, der binnen eines Jahres die Liebe finden muss – sonst verliert er sein Lebenswerk. Eine Stylistin, die hinter den Kulissen einer Dating-Show arbeitet – und plötzlich vor der Kamera landet. „Beauty and the Bachelor“ verlegt das Dornröschen-/„Beauty & the Beast“-Märchen in die Gegenwart: Sebastian Monroe, grimmig, kontrolliert, öffentlichkeitsmüde – Vivian Euling, kreativ, direkt, mit warmem Kompass. Das Setting ist die Reality-Show „Marry Me“; der Ton: Grumpy meets Sunshine, mit Marriage-of-Convenience-Vibes, Starkapital und Scheinwerferlicht.

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Handlung von „Beauty and the Bachelor“

Sebastian Monroe führt einen Konzern, der tausende Jobs trägt. Eine testamentarische Klausel (und das, was Investoren daraus lesen würden) setzt ihn unter Druck: ein Jahr bleibt, um eine Partnerin zu finden, die ihn wirklich liebt – andernfalls verliert er den Zugriff aufs Familienunternehmen. Öffentlichkeitsarbeit ist sein Alptraum; „Marry Me“ soll ausgerechnet das lösen. Sebastian will die Show kontrollieren, nicht sie ihn. Gefühle? Auf dem Papier keine gute Idee.

Vivian Euling wiederum ist im Team hinter den Kulissen zu Hause: Schnürsenkel, Kleider, Chaos-Management. Als zwei Kandidatinnen ausfallen, zwingt die Produktion sie ins Rampenlicht. Vivian will so schnell wie möglich rausfliegen– nicht, weil sie scheu wäre, sondern weil sie Instrumentalisierung riecht. Ihr Plan scheitert an Sebastians Blick und an der Chemie, die selbst das Dauergrinsen der Moderation nicht übertüncht.

Was folgt, ist mehr Backstage-Romance als Kussparade: Kameras, die falsche Geschichten schneiden; Verträge, die echte Nähe erschweren; ein Mann, der Verantwortung kaum delegieren kann; eine Frau, die Grenzen wahrt, statt „Teilnahmepaket Liebe“ zu akzeptieren. Die Konflikte wachsen nicht aus Missverständnissen, sondern aus interessengeleiteten Menschen: Produzenten wollen Quoten, Sebastian will Sicherheit, Vivian will Selbstbestimmung. Dass Figuren aus Cinder & Ella und Alice in La La Land vorbeischauen, streut Fanservice – der Plot trägt trotzdem allein.

Märchenmechanik im Medienzeitalter

1) Liebe vs. Storyline

Reality-TV liebt Narrative, keine Menschen. Der Roman zeigt, wie Schnitt, Musik und Vertrag Rollen erzeugen – „die Zicke“, „der Held“, „die Süße“ –, und wie schwer es ist, Authentizität gegen Produktionslogik zu behaupten. Vivians Weigerung, sich „spielbar“ zu machen, ist keine Pose, sondern Würdearbeit. (Man denke an die feinen Szenen, in denen sie Sätze nicht sagt, die das Publikum hören möchte.)

2) Klassencode & Symbolkapital

Sebastians Problem ist nicht nur Romantik – es ist Machtarchitektur: Ein CEO gilt als „verlässlich“, wenn er privat stabil erscheint. Die Show soll Vertrauen vermitteln wie ein Geschäftsbericht. Oram legt offen, wie Kapital und Intimität sich berühren: Ein Ring als PR, ein Antrag als Stakeholder-Kommunikation – und die Frage, was von „Liebe“ bleibt, wenn Mikrofone mitlauschen.

3) Grumpy/Sunshine mit Reibfläche

Sebastian ist grimmig, aber nicht arrogant; sein Schweigen ist Kontrolle gegen Kontrollverlust. Vivian ist sonnig, aber nicht naiv; ihr Humor ist Grenzsetzung mit Glitzer. Das Trope funktioniert, weil beide lernen: Er, Verantwortung zu teilen; sie, nicht jede Last zu tragen, nur weil sie kann.

4) Marriage of Convenience – modernisiert

Der „Deal“ ist hier nicht familiär arrangiert, sondern mediatisiert. Pseudoverlobungen, Verträge, Fristen – alles plausibel im Reality-Kosmos. Der Roman spielt das sauber durch: Gefühl entsteht nicht trotz, sondern durch die Konflikte, die vertragliche Nähe erzeugt.

5) Fairy-Tale-Echo

„Beauty & the Beast“ schwingt mit – nicht, weil Vivian „heilt“, sondern weil Sichtwechsel passiert: Die „Bestie“ ist eine Medienmaschine; die „Schönheit“ ist Handwerk unter Druck. Verwandlung heißt hier: aufhören, Rolle zu sein.

Was das Buch über uns (und unser Fernsehen) sagt

Das Casting-Format ist kein Gimmick, sondern Soziologie im Scheinwerferlicht. Wir leben in einer Kultur, in der Gefühle öffentlich verwertet werden – als Content, als Produkt, als PR. Beauty and the Bachelor führt vor, wie Formatlogik Menschen in verkäufliche Erzählungen presst. Die Lektüre lohnt, weil sie zwischen den Zeilen fragt: Wie sehr dürfen Verträge Intimität steuern? Und: Welche Verantwortung trägt ein Konzernchef gegenüber Belegschaften – und wie kollidiert das mit privater Autonomie? Dass der Roman trotz Glamour Arbeitsrealität zeigt (Styling-Schichten, Teamhierarchien, „Bitte noch ein Take“) ist seine leise politische Qualität. Die Verlagstexte listen die Tropes klar – Billionaire, Celebrities, Forced Proximity, Marriage of Convenience – doch der Text nutzt sie, um Machtmechaniken offen zu legen, nicht um sie zu kaschieren.

Sog durch Dialog, Tempo ohne Hektik

Oram schreibt nah an der Szene: kurze Kapitel, viel Dialogenergie, zielsichere Beat-Wechsel zwischen Backstage und Bühne. Die Perspektive bleibt figurenzentriert, Gefühle werden über Handlung gezeigt (Blicke, Ausweichbewegungen, Mikroentscheidungen), nicht über Bekenntnisreden. Wer Orams Pop-Romancen kennt, findet hier denselben Rhythmus: leichtfüßig, witzig, und doch mit Ankern dort, wo es wehtut. Dass das Buch im Kellywood/Cinder-&-Ella-Kosmosspielt, merkt man an der Cameo-Wärme – ohne dass Ton oder Plot zur reinen Fan-Ergänzung würden.

Für wen eignet sich der Roman?

  • Fans moderner Märchen-Retellings, die den Zauber ohne Kitsch wollen.

  • Reality-TV-Kenner, die Backstage-Realismus mögen – mit romantischem Kern statt Zynismus.

  • Lesekreise, die über Medienethik, Verträge & Intimität, Arbeit im Entertainment diskutieren möchten.

  • Weniger geeignet, wenn du ausschließlich Slow-Burn ohne Show-Druck suchst oder TV-Settings nicht ausstehen kannst.

Stärken & mögliche Schwächen

Stärken

  1. Backstage-Glaubwürdigkeit: Der Roman nutzt TV-Mechaniken als Konfliktmotor statt als Kulisse.

  2. Trope, aber mit Haltung: Grumpy/Sunshine, He-Falls-First & Co. wirken geerdet, weil beide Figuren arbeiten müssen – an sich und am Setting.

  3. Kosmos-Anbindung ohne Abhängigkeit: Cameos erfreuen, die Liebesgeschichte trägt allein.


Mögliche Schwächen

  1. Show-Dichte: Wer Reality-Formate meidet, fühlt sich anfangs überinszeniert.

  2. Konfliktstruktur: Einzelne Zuspitzungen sind formattypisch (Deadlines, Produzentendruck) – das gehört zur Prämisse, kann aber „gebaut“ wirken.

  3. Billionaire-Trope: Das Machtgefälle ist Thema, aber nicht jede Leserin mag es, wenn Kapital der Liebesökonomie so nah kommt.


Drei Linsen, mit denen der Roman intensiver wird

A) „Consent under contract“

Ein Show-Vertrag schafft Rahmen – keine Einwilligung für alles. Der Roman zeigt gut, wie gute Grenzen klingen: zeitlich befristete Zusagen, „Nein“ als ganzer Satz, klare Off-Camera-Zonen.

B) Medienkompetenz light

Schneidet die Serie Vivian als „Narrativ X“, während wir eine andere Person lesen? Dieses Auseinanderklaffen schärft den Blick fürs Produzierte: Wer erzählt wen?

C) „Enclothed cognition“

Kleidung verändert Auftreten und Wahrnehmung. In Styling-Szenen wird Mode zur Handlungsmacht – nicht zur Maske. Praktisch: Überlege beim Lesen, welches Outfit welche Szene „entscheidet“.

Über Kelly Oram

Kelly Oram schreibt seit der Jugend, wurde mit „Cinder & Ella“ international bekannt und hat ihren fiktionalen Hollywood-Kosmos („Kellywood“) über mehrere, locker verbundene Romane ausgebaut. Ihre Markenzeichen: dialogstarke Pop-Romance, herzlich-humorvolle Figuren, Cameos und Tropen, die sie spürbar mag, aber nicht unkritisch nutzt. Oram lebt in Arizona; auf Deutsch erscheinen ihre Titel u. a. bei ONE. „Beauty and the Bachelor“ ist im deutschsprachigen Handel als eigenständiger Band im Cinder-&-Ella-Universum positioniert. .

Ein modernes Märchen mit Medienverstand

„Beauty and the Bachelor“ ist Show und Substanz: Es liefert das Vergnügen eines Märchen-Retellings – „Grumpy trifft Sonne“, große Gesten, knisternde Dialoge – und nimmt gleichzeitig die Backstage-Mechanik ernst. Vivian und Sebastian sind ohne Heiligenschein sympathisch, weil sie arbeitende Liebende sind: Sie verhandeln Grenzen, Verantwortung und Öffentlichkeit – und gewinnen erst dadurch Nähe. Wer Pop-Romance mit Kamera-Schatten mag, bekommt hier genau das: ein Buch, das man leicht wegliest und später gern noch einmal durchdenkt. Empfehlung.

Reihen-Anschluss & Universum (fürs Weiterstöbern)

Das Buch gehört zum Cinder-&-Ella-Universum / „Kellywood“. Es ist standalone, streut aber Wiedersehen (z. B. Cinder & Ella, Alice in La La Land). Wer das Universum kennenlernen will, kann mit Cinder & Ella starten und danach nach Belieben weiterziehen – Beauty and the Bachelor funktioniert in jeder Reihenfolge.

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