„Übrigens“, Cocos Hundesitterin setzt sich unaufgefordert auf die Bank zu mir, „heute hat mir die Reinweiß eiskalt mitgeteilt, dass ich vorläufig“ - sie zeichnet Anführungszeichen in die Luft - „nicht mehr gebraucht werde. Ab morgen kommt jemand anders mit Coco hierher. Eine junge Ukrainerin. Die Reinweiß haben sie bei sich aufgenommen. Naja, Platz und Geld haben die ja mehr als genug. Aber wie sich die Reinweiß mit ihrer guten Tat brüstet - zum Kotzen ist das! Ich habe gehört, wie sie ins Handy geflötet hat: ‚Natürlich helfen wir, wann immer wir können. Und darum bieten wir dieser armen jungen Frau gerne ein vorläufiges Zuhause bei uns an.‘ Also ehrlich, bisher habe ich bei der Reinweiß keine Spur von Herzenswärme bemerkt. Geizig und ungut ist die! - Aber wie auch immer, heute Morgen habe ich der Ukrainerin die Umgebung gezeigt, auch die Hundezone hier. Sie ist nett, spricht perfektes Deutsch, hat es in ihrer Heimat als Zweitsprache gelernt. Und sie kommt sehr gut mit Coco zurecht.“
„Okay, alles klar“, sage ich knapp. Die Hundesitterin nervt mich. Textet mich da ungefragt mit Sachen zu, die mich null interessieren und mich nichts angehen. Außerdem ist mir völlig egal, wer mit Coco in die Hundezone kommt. Unsere Hunde spielen hier gerne miteinander, und ausschließlich darum geht es. Wobei unsere Hunde nicht richtig ist. Es sind nicht unsere Hunde. Coco gehört der Reinweiß, und Kiro wird immer Annas über alles geliebter Spaniel bleiben, auch wenn er seit drei Monaten und drei Tagen o`iziell mein Hund ist.
„Also dann“, nickt mir die Hundesitterin zu, ruft Coco, leint den weißen Pudel an. Und dann sagt sie, schon im Weggehen:
„Und nicht erschrecken morgen. Das Mädchen schaut Anna sehr ähnlich.“
Dieser unerwartete letzte Satz versetzt mir einen Stich in der Herzgegend. Es ist das erste Mal, dass die Hundesitterin Annas Namen ausspricht. Ich wusste nicht, dass sie ihn kennt.
„So was Dummes“, sage ich leise, als sie mit Coco schon um die Straßenecke verschwunden ist, „Niemand schaut Anna ähnlich“, und zwinkere wütend ein paar aufsteigende Tränen weg.
*
Tags darauf, als ich mit Kiro die Hundezone betrete, sehe ich sie sofort. Bei ihrem Anblick werden meine Knie weich, und mir bleibt kurz die Luft weg. Die Hundesitterin hatte recht. Das ukrainische Mädchen sieht Anna sehr ähnlich. Und zwar so sehr, dass ich für einen kurzen schönen Moment tatsächlich denke, es wäre Anna. Ich bin fassungslos. Zum Glück schaut das Mädchen aufmerksam auf die beiden Hunde, die sich stürmisch begrüßen, bemerkt darum nicht, dass ich es ungläubig anstarre: Dasselbe herzförmige