Gabriele Ejupi: Wovon die Erde spricht

Vorlesen
cms.xyvya LESERING

In Nächten glimmt der Wohlstand hell,
während Hunger leise schweigt.

Ein Mensch verschenkt in Überfluss,
der andre zählt, was übrig bleibt.

Die Märkte tanzen, Geld vergeht,
doch durstet fern ein dürres Land.
Trinkwasser fließt in goldnen Becken,
im anderen Land gibt es nur Sand.

Die Welt, sie dreht sich unentwegt,

doch Brücken bröckeln, reißen ein.

Ein Wort der Macht, ein Wort der Angst,
trennt Nachbarn durch unsichtbar’ Stein.

Die einen träumen frei zu reisen,

zu fliegen, wohin der Wind sie trägt,
während andre Grenzen spüren,

die sie zum Schattenwesen schlägt.

Vertrauen sinkt in kalte Schatten,
Regierungen verkünden Licht.

Doch wo sie Wasser predigend künden,
sagen ihre Lippen die Wahrheit nicht.


Die einen blicken voller Zweifel,

der andre gibt der Wut Geleit.

Wer hofft, wird müde, wer verzweifelt,
der ruft nach alter Sicherheit.

So füllen Angst und laute Worte,

in dunklen Gassen hallt es fort.
Was sich in Schriften niederschlägt,
ist Hass, der tiefe Gräben gräbt.

Doch leise wächst in uns ein Fragen,

in Herzen brennt es heiß und wild:

Wie kann der Mensch noch Mensch verbleiben,
wenn Hass die Welt in Dunkel hüllt?

Wie hält die Hand den andern fest,
wenn Mauern zwischen uns entstehn?
Wie heilen wir, was uns zerreißt,

und finden Mut, uns zu verstehn?

Nicht Wort, nicht Schrift, nicht leere Phrasen,
nur Hand in Hand, nur Blick in Blick,
nur Taten,
die aus Liebe wachsen,

sind unsere letzte Möglichkeit.

Gefällt mir
1
 

Weitere Freie Texte

LESERING
Freie Texte

Gabriele Ejupi: Die Zeit der Wunden

Gabriele Ejupi

Es reicht nicht aus, nur laut zu klagen, während Herzen müde ruhn. Es reicht nicht aus, sich abzuwenden, wenn Unrecht wächst in dunklen Tun. Der Wohlstand wächst an manchem Ort, die Erde klagt, doch hört sie wer? Die Menschen schweigen, blicken fort, wenn Gier zerstört, was fruchtbar wär'. Wie oft wurd' Mut schon totgeredet, wie oft das Herz in Angst erstickt? Wie oft hat Hoffnung sich verflüchtigt, wenn Zukunft unter Last erknickt? Doch dort, wo Hände Bäume pflanzen, wo Wasser nicht zur Ware ...
LESERING
Freie Texte

Gabriele Ejupi: Wovon die Erde spricht

Gabriele Ejupi

In Nächten glimmt der Wohlstand hell, während Hunger leise schweigt.
 Ein Mensch verschenkt in Überfluss, der andre zählt, was übrig bleibt. Die Märkte tanzen, Geld vergeht, doch durstet fern ein dürres Land. Trinkwasser fließt in goldnen Becken, im anderen Land gibt es nur Sand. Die Welt, sie dreht sich unentwegt,
 doch Brücken bröckeln, reißen ein. 
Ein Wort der Macht, ein Wort der Angst, trennt Nachbarn durch unsichtbar’ Stein. Die einen träumen frei zu reisen,
 zu fliegen, wohin der Wind sie ...
Freie Texte

Prokrastination ist keine Schwäche – sie ist ein Symptom

UpA

Inmitten einer Gesellschaft, die in Individualität, Selbstentfaltung und Selbstoptimierung schwelgt, macht sich eine stille, aber weit verbreitete Störung breit: die Prokrastination. Was gemeinhin als Aufschieberitis, Disziplinlosigkeit oder Faulheit abgetan wird, ist in Wahrheit mehr: ein kulturelles Symptom einer Gesellschaft, die sich in ihren eigenen Ansprüchen verliert – und sich gleichzeitig davor scheut, unbequeme Wahrheiten auszusprechen. Der vielzitierte „Leistungsträger“ wird zur ...

Aktuelles