Kanada. Begegnungen mit Waschbären und Weltstädten

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Im Kajak ist Abenteurer Thomas Bauer 400 Kilometer durch Ostkanada gepaddelt – Ottawa und Montreal inklusive.


Besorgt schaue ich an mir herab. Ich sitze bis zu den Knien im Wasser.Bei jedem Paddelschlag schmatzt mein T-Shirt vor Nässe, und nochimmer rollen Brecher heran. Der Wind bläst mir mit 30Stundenkilometern entgegen, als wolle er mich von meinem Vorhabenabbringen. Dabei bin ich noch nicht einmal in den Rideau-Kanaleingebogen.

Auf dem Rideau-Kanal nach Ottawa

Der wurde 1832 eröffnet und verbindet seither Ottawa und das schmucke Städtchen Kingston. Mit dem Kanal wollte man den Zugang zum Atlantik und zu den großen Seen gewährleisten. Die 200 Kilometer sind inzwischen UNESCO-Weltkulturerbe und Freizeitparadies.

Wenn nur der Wind nicht wäre! Acht Stunden lang bläst er mir an meinem ersten Paddeltag stramm entgegen. Mühsam kämpfe ich mich voran, halte mich nah am Ufer, bis ich einigermaßen entkräftet mein Zelt an einer Schleuse aufstelle. Kaum habe ich am folgenden Morgen die Augen geöffnet, höre ich die feixenden Stimmen von acht kräftigen Jungs, die ihre Kajaks zu Wasser lassen. Rasch packe ich meine Habseligkeiten, klettere in mein Gefährt und paddele los, um die acht einzuholen. Eine Viertelstunde später blicke ich in überraschte Gesichter.

„Wollt Ihr auch nach Ottawa?“ „Klar, in drei Tagen werden wir dort sein. Wir fahren 19 Stunden täglich, von fünf Uhr morgens bis Mitternacht. Vier Stunden schlafen wir. Die restliche Stunde verbringen wir damit, unsere Zelte auf- und abzubauen.“ „Klingt nach einer Menge Spaß.“

Von hier an wurde alles anders. Tagsüber scherzen und erzählen wir uns unsere Geschichten. In der Dämmerung bricht der Wind ein; das sind die schönsten Stunden meiner Reise. Um mich herum die Geräusche des Flusses und seiner Bewohner: darunter viele, die ich in Kanada nicht erwartet habe, Schlangen zum Beispiel und Schnappschildkröten. Das Mondlicht tanzt auf den Wellen. Ich schließe die Augen, konzentriere mich auf das Geräusch meines Paddels, wenn ich es ins Wasser tauche, leiser als ein Fingerschnipsen. Auf das Glucksen, das die Strudel hinter ihm erzeugen und auf das beruhigende Plätschern, wenn ich das Paddel durch die Luft nach vorne hole, um es kurz darauf erneut einzutauchen. Angekommen bin ich auf dem Rideau; alles ist leicht und friedlich geworden.

Kajakfahren gehört zu den natürlichsten Arten, sich fortzubewegen. Jahrtausendelang haben die First Nations die Ufer auf diese Weise erforscht. Die Kraft für den Vorwärtsschub holt man aus dem gesamten Körper: Nicht nur die Arme, auch Brust und Rücken sind gefordert; mit Bauch und Beinen hält man das Gleichgewicht. So kann ich tagelang fahren, ohne dass mein Körper allzu nachdrücklich dagegen rebelliert.





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