Islamismus ist ein Begriff aus den Sozialwissenschaften, unter dem seit den 1970er Jahren verschiedene Ideologien und Bewegungen des fundamentalistischen, politischen Islam, genannt auch radikaler Islam, zusammengefasst werden. Allen Ausprägungen gemeinsam ist das Streben, im Namen des Islam eine allein religiös legitimierte Gesellschafts- und Staatsordnung zu errichten. Sie richten sich gegen die Grundsätze der Trennung von Staat und Religion, gegen die Prinzipien von Individualität, Pluralismus und Volkssouveränität, gegen Menschenrechte, die Gleichstellung der Geschlechter und die Religions- und Meinungsfreiheit und sind antisemitisch. Unterschieden wird zwischen Gruppierungen, die ihre Ziele mit friedlichen Mitteln durchsetzen wollen, und radikalen Strömungen, die die gewalttätigen Mittel des Terrorismus zur Durchsetzung ihrer Ziele propagieren und praktizieren.[1][2] Wie sich Islamismus von anderen Begrifflichkeiten des politisierten Islam wie „islamischem Fundamentalismus“ oder „politischem Islam“ unterscheidet, ist ebenso umstritten wie seine eigene Aussagekraft und die Frage, wann Islamismus als soziales Phänomen erstmals aufgetreten ist.

Französische Wissenschaftler und Journalisten sahen sich in den 1970er Jahren vor der Herausforderung, den politisch-fundamentalistischen und extremistischen Islam korrekt zu beschreiben und einzuordnen. Dieses Bestreben wurde maßgeblich ausgelöst durch die Anwesenheit und das Wirken des schiitischen Ajatollahs Ruhollah Chomeini in Paris sowie die in Ägypten und Algerien aufkeimenden Protestbewegungen, die sich auf ein fundamentalistisch ausgelegtes Islamverständnis, d. h. auf eine wörtliche Auslegung des Korans, bezogen. Der Begriff des Fondamentalisme traf jedoch in Frankreich aufgrund seines amerikanischen Ursprungs auf Ablehnung. Die Alternative Intégrisme schied ebenfalls aus, da sie zu stark mit christlich-katholischen Bezügen konnotiert war. Folglich setzte sich zunehmend der Begriff des Islamisme durch, wenn auch gegen anfängliche Widerstände. Der Orientalist und Historiker Maxime Rodinson sprach sich vehement gegen Islamisme bzw. Islamismus aus. Islamismus wurde in Frankreich, aber auch in Deutschland, tatsächlich noch bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts ohne Bezug zu Fundamentalismus und Extremismus synonym mit Islam verwendet. Rodinson gab zu bedenken, dass die Verwendung dieses Begriffs es den Rezipienten erschweren könne, fortan zwischen Extremisten und einfachen Gläubigen zu unterscheiden. Der Sozialwissenschaftler Gilles Kepel veröffentlichte 1983 in Frankreich das Buch Le Prophète et Pharaon. Les mouvements islamistes dans l’Égypte contemporaine (Der Prophet und der Pharao. Islamistische Bewegungen im heutigen Ägypten). Mit der Übersetzung des Buches ins Englische im Jahr 1984 begann sich der Begriff, nach anfänglicher Übertragung des französischen Islamiste als Islamicist, immer stärker durchzusetzen. In der Mitte der 1990er Jahre war der Begriff schließlich auch in der außerfranzösischen Forschung weit verbreitet.[3]

Quelle: Wikipedia

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